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21.11.25 , 10:46 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 33: Nach der Stadtbild-Diskussion: Mehr Zusammenhalt, weniger Spaltung

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 20.November 2025
Serpil Midyatli Nach der Stadtbild-Diskussion: Mehr Zusammenhalt, weniger Spaltung TOP 33: Nach der Stadtbild-Diskussion: Es braucht geeignete Lösungen (Drs. 20/3789)
vom Stadtbild zum Weltbild! Der Bundeskanzler tritt in einen Fettnapf nach dem anderen. Und eigentlich ist das noch zu harmlos ausgedrückt, denn er verletzt Menschen. Letzte Woche noch 25 Millionen Menschen in Deutschland. Diese Woche ein ganzes Land. Das entspricht nicht meiner Erwartung an einen Bundeskanzler.
Ich bleibe dabei: Die Äußerungen des Bundeskanzlers zum „Stadtbild“ waren für viele Menschen in unserer Gesellschaft verletzend und diskriminierend.
Es braucht eine sachliche Debatte. Was ich aber von Migrations-Debatten wahrnehme, ist eine Diskrepanz zwischen gefühlter Wahrnehmung und Faktenlage. Mehr noch: Eine gefühlte Wahrnehmung verstärkt Vorurteile. Vorurteile, die eben nicht durch belastbare Fakten gedeckt sind. Studien zeigen, dass Integration und soziale Stabilität durch konkrete Maßnahmen gestärkt werden – nicht durch pauschale Zuschreibungen. Eine Kommunikation á la Trump sollten wir uns nicht zu eigen machen. Friedrich Merz ist Bundeskanzler von mehr als 83 Millionen Menschen. Was ich von der Kommunikation eines Bundeskanzlers in jedem Fall – und gerade in dieser Zeit – erwarte:
Sie darf unsere Gesellschaft nicht weiter spalten, sondern sie muss zusammenführen. Das ist die Aufgabe eines Bundeskanzlers.
die Soziologin Nina Perkowski hat es unter anderem für die „tagesschau“ analysiert: Merz habe ein unklares Gefühl der Fremdartigkeit und der Angst aufgegriffen – allerdings ohne genau zu beschreiben, was damit gemeint sei.



1 Der Begriff Stadtbild fungiere als beschönigender Code für „die sichtbare Anwesenheit von Menschen, die als nicht-deutsch oder nicht-weiß geboren wahrgenommen werden, und zwar unabhängig von ihrer tatsächlichen Staatsbürgerschaft".
Damit werde „ein kollektives Gefühl des Unwohlseins" konstruiert, nur weil Unterschiede sichtbar werden, und so würden Maßnahmen wie Abschiebungen als notwendige Reaktion auf eine vermeintlich „gestörte Ordnung" legitimiert. „Das erzeugt ein Klima, das rassistische Anfeindungen und Übergriffe befördert."
Ich bin froh, dass es Widerspruch gegeben hat. Es muss ein Ende haben, dass Probleme immer auf Migrantinnen und Migranten abgewälzt werden. Geflüchtete – besonders verletzliche Menschen – und Menschen mit Migrationshintergrund sind es leid, als Sündenböcke für verschiedenste gesellschaftliche Probleme herhalten zu müssen.
Und am Ende profitiert nur der Rechtspopulismus. Das müssen wir gemeinsam verhindern.
Nun liegt uns ein Antrag vor, der die Debatte versachlichen soll.
Lieber Christopher Vogt,
ich bin sehr an einer sachlichen Debatte interessiert und wir als SPD-Fraktion wollen einen Beitrag dazu leisten, die Probleme mit Versachlichung anzugehen! Da frage ich Sie, was hat beispielsweise ein möglicher Sozialmissbrauch mit dem „Stadtbild“ zu tun? Wo ist der sachliche Zusammenhang? Ich will auch den Kampf gegen Steuerbetrug verschärfen, aber glaube nicht, dass Steuerbetrüger im Stadtbild erkennbar sind. Ich fürchte, dass dieser Teil des Antrags besonders gut zeigt, dass er eine emotionale Debatte weiter angeheizt.
Ich möchte der FDP aber auch zu Gute halten, dass es auch konkrete Vorschläge im Antrag gibt: Die Integration darf nicht an den entsprechenden Angeboten scheitern. Die Landesregierung muss integrierende Maßnahmen fördern. Dafür gibt es viele Ansatzpunkte, zum Beispiel bei der Bildung.
Der Bildungsabbau, Senkung von Unterrichtversorgung und Stellenabbau der Lehrkräfte, die Kürzungen bei denjenigen, für die Deutsch eine Zweitsprache ist – diese Politik der Günther-Regierung ist kontraproduktiv und muss deshalb schleunigst korrigiert werden. Das verhindert Integration und verringert Teilhabe.



2 in diesem Sinne gäbe es einige politische Vorhaben mehr, die wirklich zu einer Verbesserung des Zusammenlebens führen würden. Maßnahmen, über die wir hier sprechen könnten.
Auch in meinem Wahlkreis auf dem Kieler Ostufer ist das selbstverständlich ein Thema. Aber ich hoffe, niemand in diesem Hause glaubt, dass dies an einer einzigen Ursache liegt.
Es gibt mehrere Ursachen: Armut, Bildungsungleichheit, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Verwahrlosung, fehlende soziale Infrastruktur, mangelnde Prävention und soziale Teilhabe. Und diese ernsthaften Ursachen können nicht auf Asyl, Flucht und Migration verengt werden. Diese Herausforderungen lassen sich nicht durch Ausgrenzung bewältigen, sondern durch eine soziale Politik. Als SPD bekennen wir uns dazu: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Und ich bin stolz darauf: Unsere Städte sind sichere Häfen für Schutzsuchende. Wer bei uns lebt, teilnimmt und sich engagiert ist ein wunderbarer Teil unseres gemeinsamen Stadtbildes.
Gerade Innenstädte sind für unsere Gesellschaft nach wie vor wichtige Lebensräume und im Idealfall Orte der Begegnung.
ich möchte ein paar ergänzende Anregungen in die Debatte einbringen. Punkte, von denen ich meine, dass sie es wert sind, bei einer - sachlichen - Debatte über das Stadtbild Gegenstand zu sein:
1. Für mehr Sicherheit und Ordnung braucht es verlässliche Strukturen und Prävention. Über viele Punkte lohnt es sich zu sprechen: aufsuchende Sozialarbeit, einen starken öffentlichen Gesundheitsdienst mit stationären und mobilen Angeboten, ausreichende Beleuchtung, Notrufsysteme, sichere Wegekonzepte, Polizeipräsenz, kommunale Ordnungsdienste, Sicherheitskräfte der Bahn an Bahnhöfen. Auch eine Städteplanung, die Problembereiche und Angsträume gar nicht erst entstehen lässt. Ich könnte die Aufzählung fortsetzen. Aber eine Grundvoraus¬setzung ist die Finanzierung und die – darüber haben wir ja am Mittwoch bereits gesprochen – Ausstattung von Polizei und Justiz.
2. Bezahlbarer Wohnraum ist auch für das Stadtbild eine soziale Schlüsselfrage. Wo heute Leerstand herrscht wollen wir Wohnen, Co-Working-Spaces, Pflege- und Gesundheitszentren sowie kurze Wegen zwischen Arbeit, Freizeit und Alltag.



3 Darauf müssen unsere Förderprogramme angepasst und die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden: Bodenpolitik, Zweckentfremdungsverbote, kommunale Vorkaufsrechte. Aber auch hier gibt es wieder Themengebiete, über die der Bundes-kanzler leider nicht gesprochen hat: Obdachlosigkeit. Housing First, präventive Sozialarbeit und Unter¬stützung beim Übergang in regulären Wohnraum. Es gibt kommunale Wohnungs-baugesellschaften wie die KiWoG, die hier viel leisten. Auch dabei könnte man unterstützen. Und: Natürlich muss das Wohnraum¬schutzgesetz jetzt auch angewandt werden. Kiel hat damit intensiv begonnen. Wir müssen Eigentümer in die Pflicht nehmen und die Handlungsfähigkeit der Ordnungsbehörden stärken. Der Kampf gegen sogenannte „Schrottimmobilien“ gehört zur Stadtbildpflege.
3. Wir brauchen Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Wir dürfen sie nicht aus dem öffentlichen Raum verdrängen. Wir müssen sie an der Entwicklung der Stadt, den Gemeinden und Wohnquartieren systematisch beteiligen. So erleben sie auch Selbstwirksamkeit und Anerkennung. Junge Menschen sind in unserer älter werdenden Gesellschaft eine Minderheit geworden, die nicht unter die Räder kommen darf. Die junge Generation braucht eine Perspektive, gleiche Bildungschancen, strukturierte Bildungs- und Förderangebote, berufliche Orientierung, Freiräume mit Treffpunkten auch für eigene Projekte, Jugendzentren, soziale Infrastruktur, Freizeitangebote. Und das alles bezahlbar und erreichbar.
4. Was braucht es eigentlich wirklich zum Schutz von uns Frauen? Frauenhäuser, Prävention und Maßnahmen gegen und im schlimmsten Fall auch bei häuslicher Gewalt. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer Frau in unserer Gesellschaft etwas passiert, ist im eigenen Heim immer noch deutlich höher als am Bahnhof. Allein 2023 sind 909 Frauen in Deutschland Opfer eines versuchten oder vollendeten Tötungsdelikts geworden. Die Gewalt an Frauen nimmt immer weiter zu, im Netz, auf der Straße, aber insbesondere zu Hause. Es braucht einen besseren strafrechtlichen Schutz für Frauen, die elektronische Fußfessel im Gewaltschutzgesetz einzuführen. Das Gewalthilfegesetz soll ab 2032 kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung garantieren. Strafen gegen sogenanntes Catcalling können eben auch mehr Sicherheit für Frauen im öffentlichen Raum schaffen. Hass, Hetze und Sexismus müssen auch im Netz bekämpft werden.
Das alles wären konkrete Beispiele.


4 Und als Voraussetzung für diese und andere Maßnahmen müssen die Finanzen der Kommunen stimmen. Deshalb braucht es mehr Landesmittel in der Städtebauförderung. Die Günther-Regierung zwingt die Kommunen aktuell eher zu kleinteiliger als ganzheitlicher Planung.
Vor allem: Der Rückzug des Landes aus der Finanzierung muss rückgängig gemacht werden. Das wäre schon einmal ein erster wichtiger Schritt, um Stadtentwicklung wieder zur gemeinsamen Aufgabe zu machen. Damit könnte die Günther-Regierung zeigen, dass sie die Debatte ernst nimmt und wieder Verantwortung übernehmen will.
das alles wären Ansatzpunkte, wenn man wirklich im Stadtbild etwas verbessern will.
Als SPD stehen wir für Innenstädte, die halten, was sie versprechen: ein lebendiges Miteinander. Unser Stadtbild ist geprägt von einem sozialen und damit auch sicheren Miteinander. Dafür gibt es konkrete Maßnahmen. Für mich gilt deshalb nach der Stadtbild-Diskussion vor allem: Mehr Zusammenhalt, weniger Spaltung.



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