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21.11.25 , 13:23 Uhr
B 90/Grüne

Catharina Nies zu Maßnahmen gegen weibliche Genitalverstümmelung

Presseinformation Nr. 25.330 21.11.2025
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 30 – Mündlicher Bericht zu Maßnahmen der Landesregierung gegen weibliche Genitalverstümmelung Dazu sagt die frauenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Catharina Nies:
Wir werden die Anlaufstelle TABU für Betroffene von weiblicher Genitalverstümmelung als Land fördern Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich bei der Sozialministerin Aminata Touré für den Bericht und bei Kollegin Annabell Krämer dafür, dass Sie das Thema weibliche Genitalverstümmelung heute nochmal auf die Tagesordnung gesetzt haben, denn die letzte Debatte hierzu ist knapp zwei Jahre her.
Laut EU waren bereits 2023 etwa 190.000 Mädchen in 17 europäischen Ländern von Genitalverstümmelung bedroht und circa 600.000 Frauen in Europa leben tagtäglich mit den gravierenden physischen und psychischen Folgen dessen, was ihnen als Mädchen angetan wurde.
Im Jahr 2024 lebten in Deutschland 100.000 betroffene Frauen und 17.000 gefährdete Mädchen laut „Terre des Femmes“. Weltweit reden wir von mehreren Millionen Betroffenen. Und trotzdem ist weibliche Genitalverstümmelung weiterhin ein Tabu- Thema. Umso wichtiger ist es, dass wir hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag darüber sprechen und diese Gewaltform sichtbar machen.
Bei dem „Eingriff“ werden die weiblichen äußeren Geschlechtsorgane verstümmelt bis hin zur vollständigen Amputation. Nach der Verstümmelung werden die Hautreste zusammengenäht. Es bleibt ein kleines Loch zum Urinieren. In vielen Fällen erfolgt die „OP“ weder in einem sterilen OP-Raum noch unter Narkose.
Faduma Korn sagte in der Anhörung im Bundestag 2024: „Stellen Sie sich vor, man schneidet die empfindlichste Stelle einer Frau einfach ab. Das kann sich keiner vorstellen. Meine Seele wurde auch herausgeschnitten. Ich habe mich zurück gekämpft.“ Sie gründete den Verein NALA e.V. Wie ist das, wenn die, die dich beschützen sollen, deine Familie, dich am meisten verletzen? Ich weiß, die Bilder im Kopf sind hart. Aber wenn die Bilder im Kopf kaum auszuhalten sind, wie sollen die Mädchen und Frauen es aushalten, die das erleben? Diesen Angriff auf ihre körperliche Unversehrtheit.
Diese Gewalt wird an kleinen Mädchen verübt. Ihnen wird erklärt wird, dass es ihrer Reinheit dient. Mädchen werden mit dieser frauenverachtenden Gewalt sozialisiert. Und Jungen auch.
Es geht darum, heranwachsende Frauen davon abzuhalten ein selbstbestimmtes Sexualleben auszuleben und Empfindungen zu haben, die von Männern nicht kontrolliert werden können. Weibliche Genitalverstümmelung ist eine Menschenrechtsverletzung und gehört zu den schlimmsten Formen der geschlechtsspezifischen Gewalt. Die Folgen sind starke Schmerzen beim Gang auf die Toilette und beim Geschlechtsverkehr, Geruchsbildung, Scham, Vernarbungen, die Bildung von Geschwülsten.
Hinzu kommen das schwere seelische Trauma und alle möglichen Folgen, die sich damit verbinden. Und deshalb brauchen wir mehr medizinische Kompetenzen im Gesundheitswesen im Umgang mit Betroffenen: um die Symptome von weiblicher Genitalverstümmelungzu erkennen, um vaginale Entbindung für schwangere zu ermöglichen anstatt Kaiserschnitt und bei dem Thema Rekonstruktion.
Ich bin froh, dass die Weiterbildungsverordnung der Ärztekammer diese Punkte aufgegriffen hat und, dass das Thema weibliche Genitalverstümmelung auch Teil des Hebammen-Studiums ist.
Aber ich glaube auch, dass das nicht ausreicht: wir brauchen mehr Gynäkolog*innen und Chirurg*innen, die sich das erforderliche Wissen und die notwendige Erfahrung aneignen. Betroffene Frauen dürfen medizinisch nicht zurückgewiesen werden.
Das erlebte in Worte zu fassen ist, ist für viele nicht möglich. Den Rechtsweg zu beschreiten und gegen die eigene Familie auszusagen, erscheint den allermeisten Frauen unvorstellbar. Deshalb bringen sie den Aspekt im Asylverfahren auch nicht aktiv vor, obwohl es ein Asylgrund wäre.
Damit Frauen Mut fassen aus dem Gewaltkreislauf auszubrechen, brauchen wir eine Anlaufstelle für Betroffene und bedrohte Frauen und Mädchen. Und deshalb wollen wir „TABU“ in Kiel, die Stelle, die sich in den letzten Jahren umfassende Erfahrung und Expertise angeeignet hat, ab 2026 als landesweite Fachstelle vom Land aus mit 100.000 Euro fördern.
Den entsprechenden Haushaltsantrag werden wir Mitte nächster Woche dem Finanzausschuss vorlegen und ich freue mich, wenn Sie ihn breit mittragen. Ich glaube, das wäre ein gutes Zeichen an alle betroffenen Mädchen und Frauen in Schleswig- Holstein.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
*** Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
T 0431 988 1503 M 0172 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de sh-gruene-fraktion.de

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