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Martin Habersaat zu Top 35: Zahlen lügen nicht
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 12.Dezember 2025Martin Habersaat Zahlen lügen nicht TOP 35: Gemeinsame Beratung: a) Entwicklung der Quote der Schülerinnen und Schüler ohne Ersten Allgemeinen Schulabschluss (ESA) in Schleswig-Holstein b) Bericht über die Unterrichtssituation 2024/25 (Drs. 20/2651,20/3752,20/3753)In der Weihnachtszeit auf der Waage und angesichts dieser beiden Berichte der Landesregierung lässt sich eine Wahrheit nicht wegnuscheln: Zahlen lügen nicht! Wer diese Berichte liest und danach behauptet, die Lage an unseren Schulen sei in Ordnung, der will die Realität nicht sehen. Denn Ihre eigenen Zahlen sprechen eine deutliche, eine erschütternde Sprache. 1. Eine:r von zehn ohne ESA In Schleswig-Holstein verlässt jede*r Zehnte die Schule ohne Ersten Allgemeinbildenden Schulabschluss. Ja, sagt die Landesregierung – aber man müsse doch differenzieren nach sonderpädagogischen Abschlüssen und Schülerinnen und Schülern ganz ohne Abschluss. Das können wir gerne tun. Es sieht in Schleswig-Holstein dann aber immer noch finster aus. Aber, ergänzt die Landesregierung, man kann in Schleswig-Holstein doch an den berufsbildenden Schulen einen Schulabschluss nachholen. Auch das ist richtig. Aber erstens ist dieser Übergangsbereich an den berufsbildenden Schulen besonders heftig von Ihren Stellenstreichungen betroffen. Und zweitens gibt es diese Möglichkeit in allen anderen Bundesländern auch. Schleswig-Holstein steht im bundesweiten Vergleich schlecht da. Und es ist schlechter geworden, seit die CDU für das Bildungsministerium verantwortlich ist. Besonders dramatisch ist die Lage für Jugendliche ohne deutsche Staatsangehörigkeit: 28,3 Prozent verlassen unsere Schulen ohne ESA. Mehr als jede*r Vierte. Und die Günther- Regierung kürzt im DaZ-Bereich und bläst sogar die als Trostpflaster versprochene Evaluation ab. Das ist keine Strategie. Das ist Sabotage am eigenen Anspruch. Und während Hamburg längst bewiesen hat, dass frühe Diagnostik und frühe Förderung wirken, 1 verschläft Schleswig-Holstein genau diese Phase und will dies erst ab 2028/29 flächendeckend einführen. 2. Lehrkräftemangel Sie reden von Stabilität, Sie liefern Prekarität. Schauen wir in den Bericht zur Unterrichtssituation: Die Zahl der Schüler:innen ist gestiegen. Das heißt: Mehr Kinder, mehr Bedarf, mehr Verantwortung. Und die Antwort der Landesregierung? Von 3.773 neuen Lehrkräften sind 81 Prozent befristet beschäftigt. Sie machen den Lehrerberuf zur Drehtür der Unsicherheit. Und während wir über Fachkräftemangel reden, unterrichten in Schleswig-Holstein:17,3 Prozent der Grundschullehrkräfte ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung, 12,8 Prozent an Förderzentren, 11,3 Prozent an Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe. Das sind Ihre Zahlen, nicht unsere. 3. Unterrichtsausfall Ein strukturelles Problem, das Sie kleinreden. Die Unterrichtsversorgung senken Sie aktiv: allgemeinbildende Schulen auf 101 Prozent, berufliche Schulen auf 100 Prozent. Theoretisch! Denn zu dieser Versorgung tragen ja auch Stellen bei, die nicht besetzt sind, deren Inhaber:innen in Elternzeit, im Sabbatjahr oder dauerhaft erkrankt sind. Die Folge: 11,5 Prozent Unterrichtsausfall an allgemeinbildenden Schulen, 13,4 Prozent an berufsbildenden Schulen, selbst an Grundschulen, an denen per Definition keine Stunde ausfallen darf, fast 10 Prozent. Das heißt übersetzt: Jede zehnte Stunde findet nicht plangemäß statt. Und es mehren sich die Hinweise von Eltern im Land, die selbst dieser niederschmetternden Statistik nicht trauen. Zu oft ersetzt „EVA“ (eigenverantwortliches Arbeiten) die Lücke, die fehlende Lehrkräfte hinterlassen. 4. Inklusion Sie führen Schleswig-Holstein zurück ins letzte Jahrzehnt. Der Anteil inklusiv beschulter Kinder mit Förderbedarf: • 2017/18: 70,2 Prozent • heute: 65 Prozent Das ist kein Betriebsunfall. Das ist das Ergebnis einer Regierung, die Inklusion nicht gestaltet, sondern verwaltet – und zwar nach unten. Wir nähern uns dem Stand von 2014/15. Neun Jahre Fortschritt – rückabgewickelt. Und während überall im Land Schulen sagen: „Wir brauchen Ausstattung, Fortbildung, multiprofessionelle Teams, Unterstützung!“ … antwortet die Landesregierung: Wir prüfen. In Sachen Schulbegleitung und Campusklassen so lange, das die am Ausgang der Prüfung erhobenen Daten heute nicht mehr aktuell sind und vor der weiteren Prüfung erneu erhoben werden müssen. Noch einmal: All das, was ich hier vortrage, stammt nicht von der Opposition. Es sind Ihre eigenen Zahlen, Ihre eigenen Berichte, Ihre eigenen Befunde. Und sie zeigen: • Wir verlieren zu viele junge Menschen ohne Schulabschluss. • Wir verlieren Lehrkräfte an Überlastung und an schlechte Arbeitsbedingungen. • Wir verlieren Unterricht, weil das System ächzt. 2 • Wir verlieren inklusive Bildung, weil Sie die Strukturen dafür nicht stärken.Schleswig-Holstein verliert – und die Günther-Regierung redet sich die Lage schön. 3