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7. August 2018 – Fragen an Abgeordnete

Sommerzeit ist kein Ruhekissen für Parlamentarier

Für viele Abgeordnete hieß es nach der letzten Sitzung im Juli erst einmal: ab in den Urlaub. Was aber tun sie, wenn sie wieder im Land sind? Wie arbeitet es sich als Landtags­abgeordneter im Sommerloch?

Zwei Hände halten einen Papierbogen mit Loch in der Mitte gegen die Sonne.
Viele Journalisten plagt derzeit das Sommerloch – geht es den Politikern genauso? Foto: Landtag, Yvonne Windel

Die Sonne scheint. Das Parlament hat seit Anfang Juli Pause. Es ist die Zeit des berüchtigten Sommerlochs, unter dem bekanntlich der eine oder andere Journalist leidet. Woher die politischen Nachrichten nehmen, wenn gerade keine produziert werden?

Umgekehrt bringt die knapp zweimonatige Pause natürlich auch einen anderen Alltag für die Landtagsabgeordneten mit sich. Erleben die Parlamentarier diese Zeit auch als Sommerloch? Wie sehen sie dieses Phänomen? Wie gehen sie damit um? Und hat sich da im Laufe der letzten Jahre etwas verändert?

„Ständig neue Nachrichten“

Auf jeden Fall, findet Peter Lehnert (CDU). „Ich würde die Behauptung wagen, dass das Sommerloch auf Dauer wegfallen wird.“ Warum? Früher habe ein Politiker mit einer Aussage eine Debatte anstoßen können, zu der dann 14 Tage lang alle möglichen Leute befragt worden seien. Heute sei das Sommerloch „zum täglichen Geschäft“ geworden, da es ständig neue Nachrichten gebe, die sich dann häufig als Fake-News entpuppten.

In dieselbe Richtung argumentiert auch sein Fraktionskollege Werner Kalinka, der den Landtag als Abgeordneter erstmals 1977 betrat. In der Vergangenheit sei es noch möglich gewesen, Themen zu setzen. Im Zeitalter von Facebook und Co. riskiere man, „dass andere es vorher machen und die Geschichte weg ist“.

Konzentration auf den Wahlkreis

Lars Harms (SSW) hat in der Sommerloch-Politik eine weitere Veränderung beobachtet. Es seien nicht mehr die „Leute aus der zweiten und dritten Reihe“, die in der Parlamentspause in die Medien drängen würden, sondern „die Großen“.

Was den Abgeordneten gemein ist, dass sie die sitzungsfreie Zeit nutzen, bestimmte politische Themen auf die Agenda zu setzen. „Es ist schon spannend, dann Dinge zu platzieren, weil sie anders gelesen werden. Man ist da nicht so im Tagesgeschäft drin“, sagt Sandra Redmann (SPD). Das könnte etwa ein Thema sein, das auf den ersten Blick „nicht so heiß“ sei, wie beispielsweise Biodiversität. Grundsätzlich konzentriere sie sich im Sommer aber stärker auf den Wahlkreis.

„Sommerloch gibt es gar nicht“

„Das Sommerloch gibt es gar nicht“, sagt Bernd Voss (Grüne). Er nutze die Zeit für Grundlagenarbeit und Kontaktpflege. Ausgehend von der Fraktion gebe es zudem die „Ausschwärmtage“, bei denen ein bestimmtes Thema wie beispielsweise die Altenpflege in den Mittelpunkt gestellt werde. 

Für Volker Schnurrbusch (AfD) geht die Arbeit hinter den Kulissen weiter. Die Politiker würden ihre Wirkungsstätte nur verlegen und ihre freie Zeit für Vor-Ort-Termine und Sommerinterviews nutzen. Er selbst reise für Parteiveranstaltungen „quer durch Deutschland“.

Keine steilen Thesen

„Keine Fraktionssitzungen, keine Ausschüsse, keine Arbeitskreise – das ist schon anders in der Sommerpause“, meint Oliver Kumbartzky (FDP). Das Gefühl, sich in einem Sommerloch zu bewegen, stellt sich dennoch nicht bei ihm ein. Er habe „das Ohr an der Bevölkerung“. So erhalte er manchmal Hinweise, was man gesetzgeberisch ändern sollte.

Das Sommerloch mit steilen Thesen zu füllen – wie es in der Vergangenheit von dem einen oder anderen Politiker getan wurde – davon hält Kumbartzky nicht viel. „Wenn die Leute sagen, guck mal, der nutzt das Sommerloch, schadet das nur.“

„Sommerloch-Geschichte muss nützen“

Wenn der Aussage die Qualität fehle, schade das der Politik allgemein, meint der CDU-Abgeordnete Lehnert. Die Sozialdemokratin Redmann macht klar, dass es allein um mediale Aufmerksamkeit nicht gehen dürfe. „Eine Sommerloch-Geschichte muss nützen.“ 

Im Sommer werden gerne alte Hüte rausgezaubert, meint SSW-Mann Harms. Wenn das Dinge seien, die an die Seele der Partei gehen, lasse sich damit gut Presse machen. Ein Beispiel, wann es einem einfachen Landtagsabgeordnete in der Vergangenheit gelang, mit einem Vorschlag in der Sommerpause bundesweit für Aufregung zu sorgen, erinnert er aber genauso wenig wie seine Kollegen.

Der einzige Schleswig-Holsteiner, der zuletzt mit einer umstrittenen These das Sommerloch füllte, war Ex-Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Er hatte gefordert, dass seine Partei angesichts schlechter Umfragewerte auf einen eigenen Kanzlerkandidaten verzichten sollte…