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26. August 2021 – August-Plenum

Energiedebatte: Stromtrasse und Wasserstoffstrategie

Der Landtag debattiert über eine Stromtrasse und die Umsetzung der Wasserstoffstrategie im Land. Was auf den ersten Blick nicht zueinanderpasst, hat einen gemeinsamen Nenner – das wird im Beitrag des Umweltministers deutlich.

Helgoland AquaVentus Wasserstoff Ilustration
Visualisierung von Gebäuden des Wasserstoff-Projektes „Aquaventus“ auf der Nordseeinsel Helgoland: Zur Produktion von grünem Wasserstoff sollen in der Nordsee bis 2035 zehn Gigawatt Offshore-Windanlagen entstehen. Foto: AquaVentus Förderverein 12/2020/dpa

Bei einer Energiedebatte im Kieler Landtag setzen die Fraktionen unterschiedliche Schwerpunkte. Der Zusammenschluss der AfD moniert mangelnde Bürgerbeteiligung beim Ausbau einer Stromtrasse im Kreis Ostholstein durch den Netzbetreiber TenneT. Die übrigen Fraktionen legen ihr Augenmerk vor allem auf die Förderung von Großprojekten zum klimaneutralen Energieträger Wasserstoff durch den Bund. Angenommen wurden zwei Anträge aus der Feder der Jamaikaner: Ein Alternativantrag zum AfD-Vorstoß, in dem gefordert wird, dass im Planfeststellungsverfahren für die strittige Stromtrasse raumordnerische Belange berücksichtigt werden, sowie ein Antrag, der sich für klimaneutrale Wasserstofftechnologie stark macht.

„Energiewende ja, 380-kV-Leitung nein“, zitierte der Abgeordnete Volker Schnurrbusch vom Zusammenschluss der AfD einen Slogan, der aktuell auf Plakaten verärgerter Bürger in Ostholstein zu lesen ist. „TenneT hat den Trassenverlauf ohne Abstimmung geändert“, so Schnurrbusch. Dies habe zu „erheblicher Missstimmung“ geführt. Das Vorgehen des Netzbetreibers kritisierte auch Oliver Kumbartzky (FDP). Die Änderung im laufenden Verfahren habe „Vertrauen gekostet“, sagte der Liberale. Akzeptanz für die Energiewende aber werde „durch Bürgerbeteiligung und Transparenz erreicht“. „Das ist auch der Schlüssel für mehr Rechtssicherheit“, so Kumbartzky. Beide sprachen sich für ein neues Raumordnungsverfahren aus.

SPD kritisiert „Wasserstoffjubelantrag“

Der Abgeordnete Andreas Hein (CDU) lobte die Umsetzung der Wasserstoffstrategie durch die Landesregierung. Eines der ersten Projekte, das nun umgesetzt werden solle, sei das Reallabor Westküste100 mit einem 30 Megawatt Elektrolyseur – laut Hein eine der größten Anlagen in Europa. Bereits zum Jahr 2028 solle die Leistung der Anlage auf mehr als 2000 Megawatt im Jahr anwachsen. „Das ist dann nicht nur Champions League, sondern absolute Weltklasse made in Schleswig-Holstein“, so der Christdemokrat. Nun gehe es darum, die Sektorenkopplung technologieoffen weiter vorantreiben, um „bei uns nachhaltige gute Arbeitsplätze und damit Zukunft zu schaffen“, sagte Hein.

„Hat Jamaika nicht mehr zu bieten, als sich gefühlt zum 100. Mal zu den Pariser Klimazielen zu bekennen?“, fragte Thomas Hölck (SPD) ins Plenum. Er nannte den Antrag der Koalition, den er als „Wasserstoffjubelantrag“ bezeichnete, „substanzlos“. Zudem seien von den knapp zehn Millionen Euro, die im Zusammenhang mit der Wasserstoffstrategie aus Mitteln des Konjunkturprogramms zur Verfügung gestellt worden sind, bisher nur etwa 270.000 Euro abgerufen worden, monierte der Sozialdemokrat.

Umweltminister: Stromtrasse unabdingbar für Energiewende

Mit Blick auf die noch nicht abgerufenen Mittel sagte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne), dass ich noch viele Anträge in Bearbeitung befänden. Dennoch: Die Umsetzung der Wasserstoffstrategie trage bereits Früchte. „Wir sind dabei, ein neues Kapitel aufzuschlagen“, so Albrecht. Grüner Wasserstoff könne nur mit grünem Strom erzeugt werden. Und dafür brauche es eine starke Infrastruktur – etwa die umstrittene Stromtrasse in Ostholstein.

Weitere Redner:
Bernd Voß (Grüne), Lars Harms (SSW)

Die geplante 380-kV-Ostküstenleitung ist eines der zentralen Stromnetzausbauprojekte in Schleswig-Holstein, um insbesondere Wind- und Solarstrom besser in den Süden ableiten zu können. Die Trasse soll über rund 130 Kilometer vom nördlichen Ostholstein über Lübeck bis in den Kreis Segeberg nördlich von Hamburg führen. Der AfD-Zusammenschluss fordert jetzt, ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, „damit überörtliche Planungsgesichtspunkte bereits im Vorfeld eines Planfeststellungverfahrens berücksichtigt werden können. Dabei sei „die raumverträglichste Trassenführung zu ermitteln und aktuell offene Fragen der Bedarfsprognose zu klären“.

In der Antragsbegründung verweisen die AfD-Politiker darauf, dass eine Ende 2019 geänderte Trassenführung bei Bürgern und Politik in Ostholstein für Verärgerung gesorgt habe. Insbesondere die Freileitung zwischen Lübeck und Göhl führe zu massiven Umweltbelastungen, „da trotz größerer Umwege bebaute Wohngebiete berührt werden“. Die oppositionelle Gruppe im Landtag sieht zudem Chancen für eine stärkere Verlegung der Kabel unter die Erde. „Wegen seines fachübergreifenden Charakters ist ein Raumordnungsverfahren im vorliegenden Fall besonders geeignet, unterschiedliche Planungsinteressen miteinander in Einklang zu bringen“, heißt es weiter in dem Antrag.

Bekenntnis zum grünen Wasserstoff

In einem Antrag der Koalitionsfraktionen werden die Bemühungen der hiesigen Unternehmen gerühmt, „die frühzeitig die Erzeugung und Verwertung von grünem Wasserstoff entwickelt und umgesetzt haben“. Als Erfolg werten es CDU, Grüne und FDP, dass unter den 62 vom Bund ausgewählten deutschen Projekten einer europäischen Wasserstoff-Allianz drei aus Schleswig-Holstein stammen. Auf der Liste stehen die Wasserstoff-Projekte „Hyscale100“, „Aquaventus“ und „Hyperlink“. „Die Vorhabenträger sind nun aufgefordert, Projektanträge einzureichen, um der Europäischen Kommission zur Notifizierung vorgeschlagen werden zu können“, heißt es in dem vorliegenden Papier.

Geplant ist auf EU-Ebene ein sogenanntes IPCEI-Projekt („Important Projects of Common European Interest“). Ein solches gibt es etwa bereits zum Aufbau einer Batteriezellenfertigung. Die deutschen Projekte, darunter die drei aus Schleswig-Holstein, werden an die EU gemeldet. Ziel ist es laut Bundesministerien, dass die Projekte noch in diesem Jahr von der EU-Kommission beihilferechtlich genehmigt werden können. Insgesamt geht es nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bei den 62 bundesdeutschen Projekten um Investitionen von 33 Milliarden Euro, davon mehr als 20 Milliarden Euro von privaten Investoren.

Bitte um Rückendeckung für Strategie

Zudem wird in dem Landtagsantrag dazu aufgerufen, unter anderem mit dem Bekenntnis zur Wasserstoffstrategie des Landes „den so erfolgreich eingeschlagenen Weg erfolgreich fortführen zu können“. Mit der im Herbst 2020 ausgerufenen und in großen Teilen vom Landtag unterstützten Strategie bekennt sich die Landesregierung zu grünem Wasserstoff als Energieträger der Zukunft. Dafür sind Fördermittel in Höhe von 30 Millionen Euro bis 2023 eingeplant. Das Geld ist unter anderem vorgesehen für Maßnahmen zur Wasserstofferzeugung, Forschung, Infrastrukturentwicklung und Machbarkeitsstudien.

(Stand: 23. August 2021)

Vorherige Debatten zum Thema:
Juni 2021
Oktober 2020 (Wasserstoffstrategie)

Anträge

Planungstransparenz für Bürger und Kommunen sicherstellen - Raumordnungsverfahren für 380-kV-Ausbau in Ostholstein durchführen
Antrag des Zusammenschlusses der Abgeordneten der AfD – Drucksache 19/3193
Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP – Drucksache 19/3246

Klimaneutrale Wasserstofftechnologie braucht klaren Kurs
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP – Drucksache 19/3214
Alternativantrag der Fraktion der SPD – Drucksache 19/3241