Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

18. März 2019 – Untersuchungsausschuss

Staatsanwalt sagt aus

Für den seinerzeit für die Soko Rocker zuständigen Staatsanwalt war das „Subway-Verfahren“ von „begrenzter Bedeutung“. Keinesfalls habe die Messerstecherei in Neumünster auf spätere Verbotsverfahren von Rockerclubs Einfluss gehabt.

Kurz vor Beginn des Untersuchungsausschusses werden die im halbrund sitzenden Abgeordneten gefilmt und fotografiert.
Der Untersuchungsausschuss im Kieler Landtag kurz vor Sitzungsbeginn. Foto: Landtag

Ein Oberstaatsanwalt hat heute im Untersuchungsausschuss eingeräumt, dass es bei den Ermittlungen gegen Rocker in früheren Jahren zu Fehlern gekommen sein kann. Die Rockerkriminalität sei in der Zeit des Überfalls von Mitgliedern der „Bandidos“ auf Rocker der „Red Devils“ in einem Schnellrestaurant in Neumünster im Jahr 2010, dem Ausgangspunkt des sogenannten Subway-Verfahrens, immens gewesen, sagte der 61-Jährige heute Vormittag. „Seinerzeit war es kaum möglich, Luft zu holen“, eine vollkommen fehlerfreie Bearbeitung der Fälle „war ausgeschlossen“, führte er aus. Auf keinen Fall sei aber bewusst gegen Normen verstoßen worden.

Erinnerungen an „das Subway-Verfahren“ vor neun Jahren habe er kaum, weil die Bedeutung der Messerstecherei bei den seinerzeit „üblichen Auseinandersetzungen“ im Rockermilieu „am unteren Ende des oberen Drittels“ einzuordnen war, so der Staatsanwalt, der als Zeuge den Abgeordneten im Ausschuss Rede und Antwort stand. Insofern war dieser Vorfall allein auch „völlig bedeutungslos“ für die kurze Zeit später einsetzenden Verbotsverfahren von Rockergruppen im Land.

Diskussion um Zitat

Trotz intensiver Nachfragen von Abgeordneten, insbesondere des Ausschuss-Vorsitzenden Claus Christian Claussen und des SPD-Obmannes Kai Dolgner, konnte sich der Staatsanwalt nicht an ein internes Gespräch mit dem Landeskriminalamt und dem Ministerium über einen Vermerk erinnern. Demnach soll er im Mai 2011 die Weisung von Vorgesetzten an zwei Ermittler, einen entlastenden Hinweis einer vertraulichen Quelle nicht zu verschriftlichen, scharf kritisiert haben. Unterlagen zufolge, aus denen Dolgner zitierte, soll er damals von einem „Führungsverhalten aus den 20er Jahren“ gesprochen haben.

„Da ist wahrscheinlich irgendetwas in den falschen Hals gekommen“, sagte er heute. Er sei damals „echt verärgert“ über die Ablösung der beiden Ermittler gewesen, aber nur wegen des die Ermittlungsarbeit „störenden“ Zeitpunkts. Dass einer der Kripo-Beamten einen eigenen Vermerk angelegt hatte, habe er „angesichts der Gesamtsituation kritisch gesehen“, sagte der Jurist. Er habe Anlass gesehen, den zuständigen V-Mann-Führer zu bitten, ebenfalls einen Vermerk zu fertigen. Dieser war von den Ermittlern kritisiert und als unrichtig bezeichnet worden, weil der Inhalt nicht der Ermittlungsarbeit entsprachen haben soll. Während der Staatsanwalt heute im Ausschuss die Polizeiführung weitgehend in Schutz nahm, warf er einem der beiden mit den Subway-Ermittlungen betrauten Soko-Beamten vor, zeitweise zu ungenau und unpräzise gearbeitet zu haben. Nach deren Ablösung habe er beobachtet, dass das Arbeitsklima dort besser geworden sei.

Hintergrund des Untersuchungsauftrages

Der Ausschuss will mögliche Missstände in der Polizei im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Rockerkriminalität in früheren Jahren aufklären. Es geht um Vorwürfe der Aktenmanipulation, der Unterdrückung von Beweismitteln, Druck „von oben“ und Mobbing. Ausgangspunkt war die polizeiliche Aufarbeitung des sogenannten Subway-Verfahrens 2010. Damals hatten Mitglieder der „Bandidos“ Rocker der „Red Devils“ angegriffen und zwei Männer schwer verletzt. Später erlangte ein VP-Führer von einem Informanten den entlastenden Hinweis zu einem damals in Untersuchungshaft sitzenden Rocker.

Zwei der damaligen Kripo-Beamten im „Subway“-Ermittlerteam, die Ende Januar und Anfang Februar im Ausschuss ausgesagt hatten, wurden ihren Angaben zufolge von Vorgesetzten massiv bedrängt. Sie seien zu unkorrekter Arbeit gedrängt und schließlich versetzt worden, nachdem sie ihren Aussagen zufolge unter anderem Vorgaben von Vorgesetzten zu Aktenvermerken nicht akzeptieren wollten. Sie hatten im Ausschuss von einem „Lügenvermerk“ sowie von mangelnder Führung und weiteren Merkwürdigkeiten bei den Ermittlungen berichtet.

Nächste Sitzung am 1. April

Der Untersuchungsausschuss war im Februar vergangenen Jahres vom Parlament eingesetzt worden. Es ist der 28. derartige Sonderausschuss seit 1946. Neben der Aufklärung zu den Vorgängen um die Rocker soll der Ausschuss insbesondere auf Betreiben der Sozialdemokraten publik gewordene Negativschlagzeilen an der Polizeischule Eutin beleuchten; hier standen mehrmals Verdachtsfälle von Sexismus und Fremdenfeindlichkeit im Raum.

Wie der Ausschuss am Abend mitteilte wird die Zeugenvernehmung am 1. April fortgesetzt. Nach gegewärtigem Stand sollen gleich vier Auskunftspersonen dem Ausschuss Rede und Antwort geben, ein Ministerialbeamter sowie drei Polizeibeamte.

Mehr Informationen:
Zeugenvernehmung am 11. März
Zeugenvernehmung am 25. Februar
Zeugenvernehmung am 4. Februar
Zeugenvernehmung am 28. Januar
Auftrag und Einsetzung des Ausschusses (23. Februar 2018)
Der Erste Parlamentarische Untersuchungsausschuss (in der 19. Wahlperiode)