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25. Februar 2019 – Untersuchungsausschuss

Ermittler verteidigt Kriminalarbeit

Der Untersuchungsausschuss zur sogenannten Rocker-Affäre setzt die Zeugenvernehmung fort. Ein leitender Kripo-Beamter verteidigt die sachgerechte Durchsuchung eines Rockerheims.

Kurz vor Beginn des Untersuchungsausschusses werden die im halbrund sitzenden Abgeordneten gefilmt und fotografiert.
Der Untersuchungsausschuss im Kieler Landtag kurz vor Sitzungsbeginn. Foto: Landtag

Der 52-jährige LKA-Beamte hatte im Januar 2010 eine Durchsuchung eines Clubhauses der Rocker nach der Messerstecherei in einem Schnellrestaurant in Neumünster (das sogenannte Subway-Verfahren) geleitet. Für ihn verlief die Durchsuchung reibungslos, das Tatmesser sowie Rocker-Kutten seien nicht gefunden worden. Vorwürfe von Ermittler-Kollegen, die sich im Ausschuss vor einigen Wochen bei ihren Vernehmungen jeweils über eine sehr kurze Durchsuchungszeit und fehlendes Fotomaterial gewundert hatten, wies der heute Vormittag vernommene Beamte zurück. Ein Ermittler hatte dies Anfang Februar ausdrücklich als „ungewöhnlich“ bezeichnet. Auch nach der Befragung eines weiteren Polizisten am Nachmittag bleiben Fragen offen. 

Der am heutigen Vormittag vernommene Beamte sagte, er habe als Leiter der Durchsuchung keine Zweifel an der Professionalität und den Negativ-Meldungen von Polizeikollegen gehabt, die den Angaben zufolge 30 Räume des Rocker-Heims in rund 45 Minuten durchsucht hatten. Dies wiederholte er mehrmals, nachdem mehrere Abgeordnete nachgefragt hatten. Es blieb offen, wieviel Beamte tatsächlich über den gesamten Zeitraum im Haus waren – im Verlauf der Durchsuchung sollen mindestens acht Kräfte dazu gekommen sein. Ein Fotografie-Verbot habe er persönlich angeordnet, da dies in Privaträumen bei erfolglosen Durchsuchungen rechtlich bedenklich sei, sagte der Kriminalhauptkommissar. Eine exakte Quelle, worauf dies basiert, konnte er auf Nachfragen der Abgeordneten nicht nennen. Dies, so seine mehrmalige Antwort, habe er im Laufe seiner Berufstätigkeit bei der Kripo gelernt.

Auch Herkunft eines internen Papiers unklar

Weiterhin blieb in der Vernehmung am Vormittag unklar, wie ein polizeiinterner Auszug zur kriminellen Vergangenheit einer Person in die Hände von Rockern gelangt ist. Das achtseitige Papier war bei der Durchsuchung des Autos eines Tatverdächtigen im Nachgang der Messerstecherei gefunden worden. Der Ermittler des Landeskriminalamts konnte darauf dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss keine Antwort geben. „Ich kann an der Stelle nicht spekulieren“, sagte er. Er selbst habe den Auszug im Zuge von Ermittlungen zu einer Rocker-Auseinandersetzung vor dem Kieler Amtsgericht 2008 erstellt, ihn später in der Seitentasche der Akte aufbewahrt.

Möglicherweise sei der Auszug im Rahmen der Akteneinsicht weitergegeben worden, sagte der Beamte. An Gespräche über ein mögliches Leck in der Sonderkommission Rocker erinnere er sich nicht. Dagegen hatte ein anderer Polizist im Ausschuss gesagt, er habe den Durchsuchungsleiter auf den brisanten Fund angesprochen, es habe jedoch kein Interesse daran gegeben. „Nichts ist schlimmer, als wenn man in den eigenen Reihen ein Leck hat“, hatte der Ermittler Ende Januar ausgesagt.

Sachgebietsleiter stellt sich hinter Ermittler

Auch ein am Nachmittag angehörter Zeuge, der damals Sachgebietsleiter in der Soko Rocker war, wehrte sich gegen den Eindruck, es könne bei den Ermittlungen gegen Rocker ab 2008 im Landeskriminalamt ein Leck gegeben haben. Die Polizisten hätten damals diverse Einsätze gehabt im Zusammenhang mit Rockern, sagte der 61-Jährige. Der engere Apparat sei „absolut frei von jedem Leck“ gewesen.

Über einen der beiden vor Wochen angehörten Beamten, den damaligen Ermittlungsleiter des Subway-Verfahrens, sagte der Sachgebietsleiter: Die Versetzung des Beamten sei für die Soko ein „schwerer Schlag“ gewesen. Er habe die rechtlichen Bedenken des Ermittlers geteilt, der gegen den Willen der Vorgesetzten einen Vermerk mit dem entlastenden Hinweis eines V-Mann-Führers zu einem damals in Untersuchungshaft sitzenden Tatverdächtigen der Messerstecherei mit zu den Akten geben wollte. „Ich habe ihm in diesem Punkt Recht gegeben“, sagte der Zeuge. Der Tipp soll von einer vertraulichen Quelle gekommen sein, die nicht in den Akten auftauchen sollte.

Druck „von oben“ und Mobbing

Der Untersuchungsausschuss will mögliche Missstände im Zusammenhang mit den „Subway“-Ermittlungen in der Polizeiführung aufklären. In der Öffentlichkeit wird von der „Rocker-Affäre“ gesprochen. Es geht um Vorwürfe der Aktenmanipulation, der Unterdrückung von Beweismitteln, Druck „von oben“ und Mobbing. Die beiden Kripo-Beamten im Subway-Ermittlerteam, die Ende Januar und Anfang Februar im Ausschuss ausgesagt hatten, wurden ihren Angaben zufolge von Vorgesetzten massiv bedrängt, zu unkorrekter Arbeit gedrängt und schließlich versetzt, nachdem sie bei der polizeilichen Aufarbeitung Vorgaben von Vorgesetzten zu Aktenvermerken nicht akzeptieren wollten. Sie hatten im Ausschuss von einem „Lügenvermerk“ sowie von mangelnder Führung und weiteren Merkwürdigkeiten bei den Ermittlungen berichtet.

Der Untersuchungsausschuss war im Februar vergangenen Jahres vom Parlament eingesetzt worden. Es ist der 28. derartige Sonderausschuss seit 1946. Neben der Aufklärung zu den Vorgängen um die Rocker soll der Ausschuss insbesondere auf Betreiben der Sozialdemokraten publik gewordene Negativschlagzeilen an der Polizeischule Eutin beleuchten; hier standen mehrmals Verdachtsfälle von Sexismus und Fremdenfeindlichkeit im Raum.

Mehr Informationen:
Zeugenvernehmung am 28. Januar
Zeugenvernehmung am 4. Februar
Auftrag und Einsetzung des Ausschusses (23. Februar 2018)
Der Erste Parlamentarische Untersuchungsausschuss (in der 19. Wahlperiode)