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9. Dezember 2020 – Dezember-Plenum

Lockdown wird strenger: Alkohol­ausschank vor dem Aus

Ein „harter Lockdown“ ist auch im Norden wahrscheinlich. Das betont Ministerpräsident Günther, der sich auch mit Kritik an seinem Kommunikationsstil auseinandersetzen muss.

Ralf Stegner SPD
Ein bundesweiter Lockdown sei „nur die zweitbeste Lösung“, sagt SPD-Fraktionschef Stegner in der Debatte. Seine Fraktion hatte die Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzt. Foto: Michael August

Schleswig-Holstein steuert auf einen „harten Lockdown“ zu. Das kündigte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Landtag an. In den Vortagen waren die Infektionszahlen auch in Schleswig-Holstein gestiegen. „Die Situation ist dramatisch“, sagte der Regierungschef: „Deswegen müssen wir handeln.“ Konkrete Maßnahmen soll eine neue Landesverordnung enthalten, die dem Vernehmen nach am morgigen Donnerstag auf den Weg gebracht werden soll. Ein Punkt: Es werde keinen Alkoholausschank in der Öffentlichkeit mehr geben, so Günther. Dies sei die Konsequenz aus einer wachsenden „Sorglosigkeit“ in der Bevölkerung. Der Ministerpräsident sprach sich aber gegen die Forderung aus, die Schulen bereits ab Anfang kommender Woche zu schließen. Dies gehe zu weit.

Im Landtag gab es breiten Zuspruch für härtere Maßnahmen. „Mit einem bundesweiten, harten Lockdown“ gebe es die Chance, aus der momentan schwierigen Situation herauszukommen, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Auch Eka von Kalben (Grüne) machte sich für einen „klaren Lockdown“ stark, der „spätestens nach Weihnachten“ bundesweit gelten solle. „Die Lage ist sehr ernst, und der Winter hat noch gar nicht richtig angefangen“, merkte Christopher Vogt (FDP) an. Der derzeitige Teil-Lockdown sei „keine überzeugende Dauerlösung“.

SPD: Regierung hat am Parlament vorbei agiert

„Wir würden auch einen bundesweiten Lockdown mittragen“, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Dies sei aber „nur die zweitbeste Lösung“. Besser, so Stegner, wäre eine „konsequente und verbindliche Corona-Inzidenzampel“ mit abgestuften Schritten, je nach Infektionslage. Grüne und FDP bekundeten Sympathie für das Ampel-Modell. Lars Harms (SSW) befürchtete hingegen Grenzschließungen und weitere Schäden für die Wirtschaft bei einem harten Lockdown, und Claus Schaffer (AfD) warnte vor weiteren Grundrechtseinschränkungen.

Anlass der Aktuelle Stunde im Landtag war die Video-Konferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Vorwoche. Dort waren die Corona-Einschränkungen bis zum 10. Januar verlängert worden. Zuvor war der 20. Dezember vereinbart. Die Verlängerung sei ohne Rücksprache beschlossen worden, monierte SPD-Oppositionsführer Stegner. Er sprach von einer „Überrumpelung von Parlament und Öffentlichkeit“.

Kritik auch aus den Reihen der Koalition

Kritik an der „Nachgipfelkommunikation“ der Landesregierung kam auch von Grünen, FDP, SSW und AfD. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende von Kalben rief den Ministerpräsidenten auf, stattdessen die „Vorgipfelkommunikation“ auszubauen und das Parlament im Vorwege einzubinden. „Wir könnten die parlamentarische Beteiligung ausweiten“, so von Kalben, und es liege nicht an ihrer Fraktion, dass dies nicht geschehe. „Es wirkt nicht besonders souverän und überzeugend, wenn bundesweite Vereinbarungen im Tages- und Stundentakt wieder verändert werden“, kritisierte FDP-Mann Vogt den Bund-Länder-Gipfel. Auch er rief die Regierungen auf, sich vorher bei den Parlamenten die Zustimmung zu holen.

Es gebe „genügend Möglichleiten“, die Abgeordneten zu informieren, betonte Lars Harms vom SSW – etwa in den Ausschüssen oder „per SMS an den Fraktionsvorsitzenden“. Er forderte „Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit“ bei der Kommunikation und bei den Maßnahmen. Claus Schaffer (AfD) hielt die „Entrüstung“ der anderen Parteien hingegen für „wenig glaubwürdig“. Die Parlamentsmehrheit habe der Landesregierung Ende November einen „Persilschein“ ausgestellt. „Wer sich parlamentarisch derart bereitwillig auf den Rücken legt“, der dürfe sich hinterher nicht beschweren.

Günther: „Planungssicherheit“

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verteidigte sein Vorgehen. Er habe bereits im November angekündigt, dass es über Weihnachten und Neujahr keine Lockerungen geben werde, so Günther. Insofern habe „Planungssicherheit“ geherrscht. CDU-Fraktionschef Koch lobte den Ministerpräsidenten: „Wenn eine Entscheidung in der Sache richtig ist, dann ist es ein Gebot von Transparenz und Ehrlichkeit, das auch auszusprechen.“

Am Donnerstag (3.12.) wurden viele Menschen von der Meldung überrascht, dass sich Bund und Länder einen Tag zuvor darauf verständigt haben, die Zeitspanne für den neuen Teil-Lockdown mit geschlossenen Restaurants, Museen, Theatern und Freizeiteinrichtungen bis zum 10. Januar zu verlängern. Ursprünglich war der 20. Dezember festgesetzt. Nicht nur Oppositionsführer Ralf Stegner, dessen SPD-Fraktion eine Aktuelle Stunde zu dem Thema beantragt hat, kritisierte das Vorgehen als „Überrumpelungstaktik“ von Bürgern und Parlamenten. Auch die in Schleswig-Holstein mitregierenden Liberalen zeigten sich überrascht.

„Die geringe Halbwertzeit der Vereinbarungen der Ministerpräsidentenkonferenz ist wirklich problematisch“, meinte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Es habe seit dem Mittwoch des großen Gipfels in der Woche zuvor (25.11.) keine neuen Erkenntnisse gegeben, die eine neue Terminplanung erforderlich gemacht hätten. Stegner kritisierte insbesondere die Übergehung der Parlamente: „Auch wenn ich die Gründe für die Verlängerung in der Sache nachvollziehen kann, kann ich absolut keinen Grund erkennen, warum man eine Entscheidung, die ursprünglich für den 15. Dezember angekündigt war, überraschend und ohne jegliche Absprache mit den Parlamenten am 2. Dezember verkündet“, erklärte er.

Günther: Für Klarheit gesorgt

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verteidigte die jüngsten Corona-Vereinbarungen von Bund und Ländern gegen die Kritik. Die Konferenz letzten Mittwoch habe Klarheit geschaffen, sagte er. Die Verständigung der vorangegangenen Runde darauf, dass die Regelungen aller Voraussicht nach am 20. Dezember bis Anfang Januar verlängert werden, habe die Frage ausgelöst, was Anfang Januar heiße. „Deswegen ist es gut, dass wir uns darauf verständigt haben, dass die nächste Verordnung einen Regelungsrahmen bis zum 10. Januar hat – das gibt Planungssicherheit.“

Der SPD reicht diese Aussage nicht, sie will das Thema auf parlamentarischer Bühne weiterdiskutieren. Der Titel des eingereichten Antrags auf die Aktuelle Stunde lautet: „Akzeptanz in der Bevölkerung und Gemeinsamkeit im Parlament nicht gefährden: Nachgipfelkommunikation zum Corona-Management von Bund und Ländern muss besser werden!“

Aktuell: Auch Schleswig-Holstein Risikogebiet

Schleswig-Holstein startete als Corona-Risikogebiet in diese Plenar-Woche. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete Stand Montag 0.00 Uhr 51,7 Infektionen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Damit überschritt das Bundesland als letztes in Deutschland den wichtigen Warnwert von 50,1. Seit dem 17. November hatte der Norden darunter gelegen.

Schleswig-Holstein hat aber immer noch aktuell die zweitniedrigste Inzidenz im Vergleich der 16 Bundesländer. In Mecklenburg-Vorpommern wurde ein Wert von 50,5 angegeben. Für Niedersachsen meldete das RKI einen Wert von 76,2. Alle anderen Bundesländer lagen über der Marke von 100.

Vorherige Debatte zum Thema:
Sondersitzung November 2020

(Stand: 8. Dezember 2020)

Aktuelle Stunde

„Akzeptanz in der Bevölkerung und Gemeinsamkeit im Parlament nicht gefährden: Nachgipfelkommunikation zum Corona-Management von Bund und Ländern muss besser werden!“
Beantragt von der Fraktion der SPD
Bekanntmachung des Landtagspräsidenten – Drucksache 19/2639

Stichwort: Aktuelle Stunde

Über eine bestimmte Frage von allgemeinem Interesse kann eine Aktuelle Stunde von einer Fraktion oder von mindestens fünf Abgeordneten beantragt werden. Der Antrag muss spätestens zwei Tage vor Sitzungsbeginn gestellt werden.

Bei einer Aktuellen Stunde beraten die Abgeordneten ohne feste Rednerliste über einen landespolitischen Gegenstand von aktueller Bedeutung. Die Redezeit ist auf fünf Minuten pro Beitrag begrenzt. Die Reden sollen frei gehalten werden. Die Gesamtredezeit der Abgeordneten darf 60 Minuten nicht überschreiten; hinzu kommt das Zeitkonto der Landesregierung von maximal 30 Minuten. Werden zwei Anträge ein einer Aktuellen Stunde behandelt, ist die Dauer auf eineinhalb Stunden beschränkt.

Mit einer Aktuellen Stunde wird kein konkreter Beschluss herbeigeführt; sie dient vorrangig dem Meinungsaustausch und der Darstellung der unterschiedlichen Standpunkte gegenüber der Öffentlichkeit.