In der Woche vor Weihnachten sollen die Corona-Einschränkungen in Schleswig-Holstein drastisch verschärft werden. Das hat Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Landtag verkündet – unabhängig von der bevorstehenden Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin. „Wenn wir uns die Zahlen angucken, müssen wir feststellen, dass sie sich rasant entwickeln“, sagte Günther: „Wir müssen jetzt schnell handeln.“ Im Parlament gab es breite Unterstützung für den Kurs der Landesregierung.
Konkret: Statt zehn Personen aus zwei Haushalten sollen ab der kommenden Woche maximal fünf Personen aus höchstens zwei Hausständen zusammenkommen dürfen. Ausgenommen sei nur die engste Familie, so der Ministerpräsident. Ab Montag wird es in den Schulen ab der 8. Klasse keinen Präsenzunterricht mehr geben. Für die Klassen 1 bis 7 gilt der Appell an die Eltern, zu prüfen, ob ihre Kinder zu Hause bleiben können. Günther appellierte zudem an die Eltern, ihre Kita-Kinder zu Hause zu betreuen, sofern dies möglich sei.
Opposition unterstützt die „Generallinie“
Die bereits zugesagte Möglichkeit, in schleswig-holsteinischen Hotels für Verwandtenbesuche über Weihnachten übernachten zu können, wird wieder kassiert. Erlaubt seien nur noch Hotelübernachtungen aus beruflichen Gründen oder für Trauerfeiern. Außerdem werden Ausschank und Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit untersagt. Die Maßnahmen gelten zunächst bis zum 10. Januar. Dem Land stünden „vier harte Wochen“ bevor, so Günther, und es gebe keine Garantie, dass nach vier Wochen „der Spuk vorbei ist“. Der Corona-Impfstoff mache aber auch Hoffnung für das kommende Jahr. „Gemeinsam werden wir das schaffen“, warb der Regierungschef für Solidarität und Akzeptanz der Einschränkungen.
„Wir unterstützen ausdrücklich die Generallinie der Landesregierung“, sagte SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD): „Die Experten haben uns eindringlich vorgerechnet, wie viele Leute in den kommenden Monaten sterben werden, wenn wir nicht konsequent handeln.“ Stegner forderte erneut eine „Inzidenzampel“ mit festgelegten Maßnahmen bei bestimmten Infektionszahlen. Zudem machte er sich für weitere Überbrückungshilfen für die Wirtschaft stark: „Der Bund wird sich noch einmal engagieren müssen.“ Es sei nicht die Politik, die sich jeden Tag etwas neues ausdenke, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch: „Es ist die Dynamik der Pandemie, die uns zum Handeln zwingt.“ Die Landesregierung habe stets „schnell und entschieden“ agiert, und dies erwarte er nun auch von den anderen Bundesländern, sagte Koch und nannte Berlin, Bayern, Sachsen und Thüringen als Negativbeispiele.
„Schleswig-Holstein war stets konsequent“
„Weil wir von Anfang an konsequent waren, haben wir noch freie Kapazitäten in den Kliniken“, unterstrich Eka von Kalben (Grüne). Es mache keinen Spaß, das Land runterzufahren, so die Grünen-Fraktionschefin: „Niemand will Menschen die Existenz nehmen.“ Aber die getroffenen Maßnahmen reichten nicht aus, und „wir müssen die Kontrolle wiedererlangen“. Christopher Vogt (FDP) verwies darauf, dass Schleswig-Holstein im Vergleich niedrige Inzidenzzahlen und zugleich die bundesweit höchste Zustimmung zur Arbeit der Landesregierung habe: „Wir haben es meistens konsequenter gemacht als die Bundesländer, die es besonders nötig hätten.“ Einen „Alleingang“, etwa bei der Schließung des Einzelhandels, komme für ihn nicht in Frage, so Vogt, allein schon wegen der engen Verwobenheit mit Hamburg.
„So langsam aber sicher rollt eine Katastrophe auf uns zu“, stellte Lars Harms (SSW) fest: „Mir soll keiner damit kommen, das sei nur eine Grippe.“ Harms hielt auch „stark abweichende Maßnahmen zu anderen Bundesländern“ für möglich, „wenn sie die Menschen schützen“. Er regte an, Schüler ab Klasse 8 ab dem 10. Januar in der ersten vollen Schulwoche nach den Ferien online zu unterrichten, damit sich eventuelle Ansteckungen auf Silvesterfeiern nicht weiterverbreiten. Jörg Nobis (AfD) forderte, die Maßnahmen „abgestimmt auf das konkrete lokale Infektionsgeschehen“ auszurichten und nicht die „Rasenmähermethode“ anzuwenden. Angesichts beständig niedriger Zahlen etwa in Nordfriesland, Schleswig-Flensburg oder Ostholstein seien „Maßnahmen mit Augenmaß“ gefragt.