Der SSW ist mit seiner Forderung, einen Runden Tisch als Konsequenz aus den Ergebnissen einer Großen Anfrage zur „Aufarbeitung der Europäischen und Deutschen Kolonialgeschichte in Schleswig-Holstein“ einzurichten, auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während SPD, Grüne und FDP Sympathien zeigten, äußerten sich CDU und AfD kritisch. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage war vor gut einem Jahr im Plenum debattiert worden.
„Wir dürfen uns nicht mit der Auseinandersetzung mit unserem kolonialen Erbe scheuen“, begründete Jette Waldinger-Thiering (SSW) den jetzt vorgelegten Antrag. Nach mehr als zwei Jahren gemeinsamer Auseinandersetzung sei die Zeit für ein Konzept gekommen. „Besonderen Wert legen wir auf die Stärkung des zivilgesellschaftlichen Beteiligungsprozesses. Und deswegen denken wir, dass ein Runder Tisch an dieser Stelle der richtige Weg ist“, sagte sie.
Rassismus besser begreifen
Inhaltlich gehe es dem SSW darum, von Seiten des Landes einen Raum zu schaffen, in dem die Auseinandersetzung zwischen zivilgesellschaftlichen Initiativen und Wissenschaft, Verwaltung und Politik sowie interessierten Bürgern stattfinden kann. An dem Runden Tisch sollten „die Auswirkungen und Folgen imperialistischer Kolonialpolitik Europas und die Berührungspunkte Schleswig-Holsteins diskutiert werden“, so Waldinger-Thiering.
Martin Habersaat (SPD) unterstützte das SSW-Begehren. Gedenkkultur von früher könne nicht die Gedenkkultur von heute bleiben. Geschichte ehre man, indem man sich kritisch mit ihr auseinandersetze, erklärte er. Ähnlich äußerte sich auch Aminata Touré (Grüne). Sie erinnerte daran, dass Straßennamen und Denkmäler „immer einen Menschen ehren“, auch dann, wenn man ein Schild als Erklärung danebenhänge. Wichtig bei der Aufarbeitung von Kolonialismus sei es, „Rassismus besser zu begreifen“. Jan Marcus Rossa (FDP) lobte, Schleswig-Holstein habe eine „Aufarbeitungskultur erarbeitet, die ihresgleichen sucht“. Es gelte aber die Frage zu klären, wie es möglich war, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen.
Verantwortung übernehmen
Tobias von der Heide (CDU) hingegen warnte davor, dass mit „dem Vertilgen“ von Straßen- und Platznamen oder Denkmälern ein „schwieriger Teil der Geschichte“ aus der Öffentlichkeit verdrängt werde. „Es geht darum, als Staat für die Vergangenheit auch klar und eindeutig Verantwortung zu übernehmen.“ Von der Heide zeigte sich skeptisch, ob ein runder Tisch die richtige Art sei, „das vielschichtige und breite Thema zu bearbeiten“. Volker Schnurrbusch (AfD) lehnte einen Runden Tisch ab. „Den Mehrwert sehen wir ebenso wenig wie eine Beteiligung der Landesregierung“, sagte er.
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hob die „Vorreiterrolle“ Schleswig-Holsteins bei der Aufarbeitung des Kolonialismus‘ hervor: „Wir sind auf einem guten Weg.“ Die Museen im Land seien federführend in der Aufarbeitung in Deutschland. Auch Kommunen und Hochschulen beteiligten sich. Dennoch gebe es noch viel zu tun, so Prien. Denn: „Wir wissen, dass fehlende Aufarbeitung sich in gesellschaftlicher Spannung entlädt.“ Die Ministerin verwies in dem Zusammenhang auf das Aussöhnungsabkommen mit Namibia, das in Kürze unterzeichnet werden soll.
Der Bildungsausschuss berät den SSW-Antrag weiter.