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23. September 2021 – September-Plenum

Ab 2023 alle Behörden-Gänge per Mausklick? – SPD hat Zweifel

Die Landesregierung stellt den rechtlichen Rahmen für automatisierte Dienstleistungen mit einem neuen Digitalisierungsgesetz vor. Heftige Kritik am Zeitplan und Zweifel am Finanzrahmen erhebt die Opposition.

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Stephan Holowaty (FDP): Offene Daten sind „das Gold, das Öl des 21. Jahrhunderts“. Foto: Michael August

Landesregierung und Jamaika-Koalition wollen einen Meilenstein in der Digitalisierung setzen und eine transparente und elektronische Verwaltung sowie mehr Künstliche Intelligenz (KI) im Land aufbauen. Dafür soll es rechtliche Anpassungen mit einem neuen Digitalisierungsgesetz geben. Digitalisierungsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) sprach in Erster Lesung von einem „gewaltigen Schub digitaler Möglichkeiten in Schleswig-Holstein“. Die Opposition zeigte sich zurückhaltend bis ablehnend.

Bundes- und Landespolitik hätten bisher zu wenig für eine aktive und proaktive Digitalisierung getan, gestand Jan Philipp Albrecht bei der Vorstellung des Entwurfes der Landesregierung ein. Noch immer sei für die Bürger oft der sprichwörtliche „Gang aufs Amt“ nötig. Das solle sich nun ändern. Das Gesetz sei zum einen ein „Verwaltungsvereinfachungsgesetz“, das das aus preußischen Zeiten stammende Verwaltungsrecht an das 21. Jahrhundert anpasse. Zum anderen sei es auch „ein offenes Datenermöglichungsgesetz“, das einen Mehrwert durch offene Daten biete, so der Minister. Und: „Es ist ein Künstliches-Intelligenz-Möglichkeitsgesetz“, erklärte Albrecht.

SPD kritisiert langsame Umsetzung

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Kai Dolgner (SPD) bietet Wette an, dass der Zeitrahmen nicht gehalten wird. Foto: Michael August

Schleswig-Holstein sei damit für vielfältige Einsatzmöglichkeiten von KI gerüstet. „Wir heben Schätze, die die Digitalisierung uns vor die Füße legt“, sagte Albrecht, der das Land bei dem Thema als Vorreiter in Europa sieht. Die Wohnadresse ändern, den Führerschein verlängern oder Gebühren bezahlen: Eines der zentralen Ziele des Digitalisierungsgesetzes ist es, dass alle Schleswig-Holsteiner ab Januar 2023 ihre Behördengänge vollständig online abwickeln können.

Die Opposition bezweifelte eine pünktliche Umsetzung. Kai Dolgner (SPD) sprach von „Etikettenschwindel“. Der Bund habe die Landesregierung treiben müssen. Zudem fehle eine vernünftige Finanzierung. „Sie haben die Digitalisierung schlicht verschlafen und müssen die Gesetzgebung nun im Schneckentempo anpassen“, ereiferte sich Dolgner. Jette Waldinger Thiering (SSW) nahm die Risiken, die „nicht mit einem Federstrich zu beseitigen sind“, in den Fokus. Sie forderte sowohl eine mündliche wie schriftliche Anhörung in den Ausschüssen.

Grüne: Wichtigste Digitalinitiative der Legislaturperiode

Ole-Christopher Plambeck (CDU) erklärte hingegen, das Land gehe einen „weiteren revolutionären Weg“, und das nicht nur mit einem, sondern „mit drei Schritten“. Ab 2023 seien trotz eines „riesen Kraftakts“ alle Verwaltungsleistungen digital umgesetzt. Ähnlich äußerte sich Joschka Knuth (Grüne). Das Gesetz sei „die wichtigste Digitalinitiative der Legislaturperiode“.  Die Jamaika-Koalition stelle „das Futter für die digitalisierte Gesellschaft“ zur Verfügung.

Stephan Holowaty (FDP) betonte, offene Daten seien „das Gold, das Öl des 21. Jahrhunderts“, und mit KI-Anwendungen könnten Verwaltungen „Lösungen erarbeiten, die es so heute noch nicht gibt“. Er könne sich sogar noch mehr, etwa „digitale Freihand-Zonen“, vorstellen, so Holowaty. Nötig seien hierfür Ideen der kommunalen Spitzenverbände und der Digitalwirtschaft ebenso wie ein vernünftiges Glasfasernetz.

Der Gesetzentwurf wurde federführend an den Digitalisierungsausschuss (jüngst bei bei Umwelt und Agrar angesiedelt) sowie mitberatend an den Finanz- und den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen.

Mit einer transparenten und elektronischen Verwaltung sowie mit mehr Künstlicher Intelligenz will die Landesregierung den Alltag noch digitaler machen. Digitalisierungsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) stellt dafür im Plenum ein Digitalisierungsgesetz vor, das die schleswig-holsteinische Verwaltung umfassend auf elektronische Beine stellt und neu regelt. Die Eckpunkte des Gesetzentwurfs waren bereits im April vergangenen Jahres vom Landeskabinett gebilligt worden.

Bis Ende 2022 sollen alle Behörden in Schleswig-Holstein ihre Leistungen auch digital anbieten, die Kommunikation zwischen Bürger und Amt soll automatisiert werden. Laut Entwurf wird es ein Portal geben, über das alle Leistungen abgerufen werden können. „Chat-Bots“ bieten Bürgern online Hilfestellung, bei Bedarf sollen aber weiter auch Verwaltungsmitarbeiter ansprechbar sein.

Investitionen im dreistelligen Millionenbereich

Das Gesetz ermöglicht den Planungen zufolge zudem den Einsatz von künstlicher Intelligenz, beispielsweise für voll automatisierte Steuer- oder Versicherungsbescheide. Schleswig-Holstein nehme dabei eine Vorreiterrolle ein, heißt es in dem 158 Seiten starken Papier. Die Landesregierung investiert dafür nach eigenen Angaben jährlich bereits 270 Millionen Euro in die Digitalisierung. Künftig seien Investitionen in ähnlicher Höhe nötig, heißt es im Gesetzentwurf. Ein Stellenabbau ist nicht vorgesehen.

Die Wohnadresse ändern, den Führerschein verlängern oder Gebühren bezahlen: Eines der zentralen Ziele des Digitalisierungsgesetzes ist es, dass alle Schleswig-Holsteiner künftig ihre Behördengänge vollständig online abwickeln können – ganz unabhängig von Öffnungszeiten. Schon heute können die Bürger etwa unter serviceportal.schleswig-holstein.de beispielsweise Fördermittel oder ein Gewerbe online beantragen, in einigen Pilotkommunen wie Kiel oder Lübeck sogar Wohngeld.

„KI-Rüge“ bei digitalem Irrtum

Zukünftig sollen zudem grundsätzlich alle Informationen der Landesverwaltung maschinenlesbar über das Open-Data-Portal des Landes veröffentlicht werden. Schon jetzt ist es das umfangreichste in ganz Deutschland: Mehr als 17.000 Datensätze, beispielsweise zur Badegewässerqualität, stehen für Unternehmen, Bürger oder Behörden frei zur Verfügung.

Und: Erstmals setzt ein Gesetz einen rechtlichen Rahmen für den Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Verwaltung. So erhalten die Schleswig-Holsteiner einen Rechtsanspruch darauf, eine durch KI getroffene Entscheidung auf Wunsch von einem Menschen überprüfen zu lassen. Durch dieses Prinzip der „KI-Rüge“ wäre der beanstandete Verwaltungsakt nicht wirksam, bevor er nicht durch einen Mitarbeiter der entsprechenden Behörde geprüft wird.

(Stand: 20. September 2021)

Vorherige Debatten / Meldung zum Thema:
August 2021 (Anbindung an Ausschuss / ohne Aussprache)
Januar 2021
August 2020 (Online-Zugangsgesetz)

Erste Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Digitalisierung und Bereitstellung von offenen Daten und zur Ermöglichung des Einsatzes von datengetrieben Informationstechnologien in der Verwaltung (Digitalisierungsgesetz)
Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 19/3267
(Federführend ist das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung)