Nach zwei Jahren Pandemie sei Schleswig-Holstein an einem „Wendepunkt“ angekommen und könne in den kommenden Wochen „drei klare Schritte Richtung Normalität“ machen. Das betonte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in einer Regierungserklärung und skizzierte den Fahrplan für die Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen. In einem ersten Schritt hat die Landesregierung Mitte Februar viele Auflagen für Geimpfte und Genesene aufgehoben. Ab 3. März soll dann 3G in Freizeit, Kultur, Sport, Gastronomie und Hotels gelten, und ab 20. März soll auch dies entfallen. Lediglich die Maskenpflicht soll in einigen Bereichen erhalten bleiben. „Mit Dem Frühjahrsbeginn kehrt spürbar mehr Leben ins Land zurück“, so Günther.
„Jetzt sind wir erfreulicherweise an einem Punkt, wo die sehr strikten Maßnahmen nicht mehr nötig sind“, merkte der Regierungschef an. Gradmesser sei die Stabilität der Gesundheitsversorgung und der Schutz der vulnerablen Gruppen. Der Scheitelpunkt der Omikron-Welle sei überwunden, und Schleswig-Holstein weise „in allen Altersgruppen“ Spitzenplätze bei der Impfung auf. „Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem eigenverantwortliches Handeln zum Maß der Dinge wird“, so Günther, der erneut an Ungeimpfte appellierte: „Helfen Sie mit, die Impflücke zu schließen.“
SDP warnt vor dem Herbst
Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) warnte hingegen davor, „jetzt die falschen Schlüsse zu ziehen“ und „in Partystimmung zu verfallen“. Es bestehe die Gefahr, im Herbst wieder von der nächsten Corona-Welle „überrollt“ zu werden. Die Corona-Warnampel müsse auch wieder auf gelb oder rot geschaltet werden, „wenn die Lage es erfordert“. Sie forderte, weiter in Innenräumen FFP2-Masken zu tragen, und machte sich für eine allgemeine Impfpflicht stark – nicht mehr gegen Omikron, sondern gegen eine mögliche spätere Notlage: „Eine Feuerwehr kann man nicht erst dann einrichten, wenn es brennt“, so Midyatli.
CDU-Fraktionschef Tobias Koch warf den Sozialdemokraten „Fundamentalopposition“ vor und rief sie auf, „in Krisenzeiten mehr Gemeinsamkeit“ an den Tag zu legen. „Schleswig-Holstein ist besser als alle anderen Bundesländer durch die fünfte Welle gekommen“, so Koch. Es gebe jetzt „Hoffnung für alle diejenigen, die in den letzten zwei Jahren unter der Pandemie gelitten haben“, schloss die Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben (Grüne) an. Dies gelte insbesondere für Kinder und Jugendliche und alleinerziehende Eltern. Um sich auf den Herbst vorzubereiten, forderte sie noch mehr Impfungen, mehr Personal in Kitas und Schulen sowie mehr psychotherapeutische Angebote.
Christopher Vogt, Fraktionschef der Liberalen, sah „Anlass zu großer Freude“. Es sei „kein Gnadenakt oder Geschenk der Regierung“, wenn jetzt die Maßnahmen zurückgeschraubt würden. Dies sei vielmehr „rechtlich geboten“, so Vogt: „Wir dürfen uns nicht an diesen Ausnahmezustand gewöhnen.“
SSW blickt nach Dänemark
„Ich hätte mir schnellere Öffnungen gewünscht“, sagte Lars Harms (SSW) – etwa die 3G-Regel schon ab dem 19. Februar. Dies wäre mit Blick auf die Lage in Dänemark vertretbar gewesen, so Harms. Dort sei alles „durchdigitalisiert“, und es habe eine viel bessere Datenlage gegeben. Er forderte, das Gesundheitswesen stärker zu digitalisieren: „Es kann doch nicht wahr sein, dass wir als eines der reichsten Länder der Welt nicht in der Lage sind, tagesaktuelle Daten vorzulegen.“
Der Abgeordnete vom Zusammenschluss der AfD im Landtag, Jörg Nobis, sprach von einem „kläglichen Versuch“ des Ministerpräsidenten, kurz vor der Wahl am 8. Mai Wählerstimmen zu gewinnen. Die Zeit für Lockerungen sei schon längst da gewesen, und die Bürger hätten „die Nase gestrichen voll“ von der Corona-Politik der Landesregierung, sagte er.
Am Ende der fast zweistündigen Debatte beschloss der Landtag mit großer Mehrheit einen Jamaika-Antrag, der die Linie der Landesregierung unterstützt. Lediglich der AfD-Zusammenschluss votierte dagegen.