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18.11.99
15:21 Uhr
CDU

Ursula Röper: Kürzungen des Bundes sind nicht akzeptabel

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG TOP 15 und 31 Ursula Röper: Kürzungen des Bundes sind nicht akzeptabel
Wie in der Vergangenheit legt die Landesregierung laut Auftrag des Schleswig- Holsteinischen Landtages auch am Ende dieser 14. Legislaturperiode den nunmehr vierten Minderheitenbericht vor, der die Entwicklungen, Fortschritte und auch Schwierigkeiten der letzten Jahre aufzeigt und der zugleich ein wichtiges Instrument ist, um Mehrheitsbevölkerung und Minderheiten zu informieren, Tendenzen zu verdeutlichen und möglicherweise auch Wissenslücken zu schließen.
Denn immerhin leben in unserem Land 3 nationale Minderheiten: die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe sowie die Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit. Kein anderes Bundesland in Deutschland hat diese kulturelle Vielfalt zu bieten, eine Vielfalt, die natürlich auch mit besonderen finanziellen Anstrengungen verbunden ist. Hinzu kommt die deutsche Volksgruppe in Nordschleswig, die im Rahmen des guten nachbarschaftlichen Miteinanders viele Impulse gibt und ebenfalls auf unsere Unterstützung und Hilfe angewiesen ist, nicht nur im finanziellen Bereich.
Minderheiten wird es immer geben aufgrund ethnischer, sprachlicher oder religiöser Gegebenheiten. Daher ist für jedes Land der Umgang mit seinen Minderheiten und Volksgruppen ein Zeugnis demokratischer Reife und Toleranz.
Und deshalb ist es sehr erfreulich, dass auch dieser Bericht ausdrücklich vermerkt, dass die Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein fraktionsübergreifend und konsensorientiert ist und in fast allen Entscheidungen von allen Fraktionen getragen wird. Nachdem der letzte Minderheitenbericht erstmalig die besondere Situation und Entwicklung der Roma und Sinti beschrieben hatte, werden in diesem Bericht unter anderem zwei Institutionen besonders dargestellt, die auf gesamteuropäischer Ebene Minderheitenfragen und Probleme aufgreifen und die in Flensburg beheimatet sind.
Zum einen ist es das European Centre for Minority Issues (ECMI), das 1996 als Europäisches Minderheitenzentrum eröffnet wurde. Im Vorfeld gab es langwierige Diskussionen um den Standort, bis sich die drei Regierungen in Kopenhagen, Bonn und Kiel, die auch die Finanzierung tragen, auf Flensburg einigten.
Als Rechtsform wurde eine Stiftung gewählt, weil diese auch die Annahme von Spenden ermöglicht. Das Minderheitenzentrum will ein Messinstrument für ethnische Konflikte in ganz Europa sein und will zugleich auch zwischen den Krisenregionen vermitteln. So lautete zumindest die Zielsetzung des damaligen Direktors, Dr. Stefan Troebst, der jedoch nach zwei Jahren das Zentrum wieder verließ. Seit dem Herbst des vergangenen Jahres gibt es einen kommissarischen Direktor; ich meine, hier müsste bald eine dauerhafte Entscheidung getroffen werden.
Laut Satzung hat diese europäische Einrichtung das Ziel, „sich in europäischer Perspektive durch Forschung, Information und Beratung mit Fragen von Minderheiten und Mehrheiten und den daraus entstehenden Problemen zu befassen“. Das bedeutet zugleich, dass die Arbeit und Ergebnisse dieses Zentrums allen europäischen Ländern zugute kommen, dass seine Forschungsarbeiten allen Interessierten zur Verfügung stehen und die Mithilfe bei der Entschärfung von Konflikten von vielen genutzt werden kann. Von daher war nach einer Anschubfinanzierung eine institutionelle europäische Mitfinanzierung eingeplant, jedoch gibt es bis heute noch keine eingeworbenen europäischen Mittel. Mich würden die Hindernisgründe bzw. Schwierigkeiten interessieren, die dieses Vorhaben bisher nicht haben zustande kommen lassen.
Ich hoffe auch sehr, dass das ECMI nach zahlreichen Turbulenzen auch im Vorstand und im Amt des Vorsitzenden jetzt mit seinem neuen Vorsitzenden, Peter Dyvig, in ruhigeres Fahrwasser kommt und effektiv und erfolgreich arbeiten kann. Für 2002 ist eine erstmalige Evaluierung der Arbeit und Effizienz vorgesehen.
Die andere vorgestellte Institution ist die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV), die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiern konnte, die als unabhängiger Dachverband von Organisationen europäischer Minderheiten und Volksgruppen arbeitet und in der zur Zeit 73 Mitgliedsorganisationen aus 29 Staaten zusammengeschlossen sind. Auch 3 Vereine aus Schleswig-Holstein sind Mitglied, ebenso der Bund Deutscher Nordschleswiger, dessen Vorsitzender, Hans Heinrich Hansen, zur Zeit Vizepräsident dieser Organisation ist und von daher viele Anregungen und Erfahrungen aus der deutsch-dänischen Minderheitenarbeit auf europäischer Ebene mit einbringen kann. Auch internationale Institutionen nutzen zunehmend die FUEV als kompetenten Gesprächspartner, sie ist beim Europarat, bei den Vereinten Nationen sowie bei OSZE-Konferenzen vertreten, wenn über Minderheitenfragen beraten wird. Ich möchte an dieser Stelle dem ausgeschiedenen langjährigen Generalsekretär der FUEV, Armin Nickelsen, für seine engagierte und wegweisende Arbeit ein herzliches Dankeschön sagen und freue mich, dass es gelungen ist, die Arbeit in Flensburg weiter fortzuführen.
Seit dem 01.01.1999 ist für Deutschland die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen in Kraft. In Schleswig-Holstein sind demnach Dänisch, Friesisch und Niederdeutsch nach Teil III der Charta aufgenommen, Romanes ist nach Teil II geschützt. Die Verhandlungen hierüber waren ein langer Prozess. Nun gilt es, konkrete Vorschläge auszuarbeiten, die den Schutz und die Förderung dieser Sprachen gewährleisten sowie die Verwendung in der Öffentlichkeit befördern. Aber darüber werden wir ja noch an anderer Stelle diskutieren.
In diesem Zusammenhang möchte ich zum SSW-Antrag (Drs. 14/2507) bezüglich der Förderung der Regional- bzw. Minderheitensprachen in den Medien anmerken, dass wir für das Anliegen großes Verständnis haben, diese Sprachen vermehrt im Rundfunk zu hören. Ich hatte darauf zum Teil bereits in meiner Rede zum Minderheitenbericht 1996 hingewiesen. Wir müssen den Antrag jedoch ausführlich im Bildungsausschuss diskutieren, weil auch rechtliche Fragen berührt sind. Eine verbesserte Medienpräsenz ist auf jeden Fall wünschenswert.
Sehr begrüßenswert ist das Projekt für die EXPO 2000 „Kulturen, Sprachen, Minderheiten: Die dänisch-deutsche Grenzregion – Beispiel einer Konfliktlösung“, das unter der Trägerschaft des ECMI, des Sønderjyllands Erhverscentre Apenrade sowie der Minderheiten durchgeführt wird. Hierdurch ergibt sich eine gute Chance, der Weltöffentlichkeit das Zusammenleben in unserer nördlichen Region vorzuführen und damit für friedliche Minderheitenpolitik zu werben.
In dem Bericht werden unsere Minderheiten und Volksgruppen ausführlich in den verschiedenen Arbeitsfeldern dargestellt und ihre Dienste gewürdigt. Leider kann ich aus Zeitgründen auf viele Aspekte nicht näher eingehen. Dabei zeigen die Entwicklungen auch auf, dass manches erreicht wurde, was vor Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Das ist positiv zu vermerken und macht zugleich deutlich, dass ein kontinuierlicher und lebendiger Prozess in Gange ist im Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen in unserem Land.
Ganz besonders freuen wir uns natürlich auch darüber, dass es aufgrund unserer Initiative gelungen ist, gemeinsam die Verbeamtung der Lehrkräfte in Nordschleswig auf den Weg zu bringen.
Ich möchte auf diesem Wege zwei Persönlichkeiten danken, die sich ganz besondere Verdienste um die Minderheitenarbeit erworben haben. Ein Dank geht an Siegfried Matlok, den Leiter des Sekretariats der Deutschen Volksgruppe in Kopenhagen, der viele Impulse gibt, Kontakte knüpft und Informationsstränge herstellt. In seiner quirligen Art ist er Motor und Ideengeber für viele Aktivitäten. Der zweite Dank gilt Kurt Schulz, der sich seit vielen Jahren beratend, vermittelnd und koordinierend für die Minderheiten und Grenzverbände engagiert eingesetzt hat und immer da war, wenn er gebraucht wurde. Kurt Schulz scheidet mit Ablauf dieser Legislaturperiode aus Altersgründen aus seinem Amt aus, wir wünschen ihm für seinen verdienten Ruhestand alles Gute.
Der Bericht erscheint zu einem Zeitpunkt, der Anlass zur Sorge gibt hinsichtlich der Ausgewogenheit im deutsch-dänischen Grenzland. Die geplanten Kürzungen der Bundesregierung für die deutsche Minderheit in Nordschleswig um 1,3 Mio. DM sind ein herber Einschnitt in die Arbeit der deutschen Minderheit und bringe die finanziellen Anteile von Deutschland und Dänemark in eine Schieflage, die nicht akzeptiert werden kann. Mittlerweile zahlt Dänemark einen erheblich größeren Anteil für die deutsche Volksgruppe als Deutschland. Es kann nicht sein, dass sich der Bund immer mehr aus der finanziellen Förderung der deutschen Volksgruppe zurückzieht. Hier sind alle aufgefordert, ihren Einfluss geltend zu machen, um diese Unausgewogenheit zu beseitigen.
Die zweite Sorge gilt der geplanten Schließung des Deutschen Generalkonsulats in Apenrade. Dazu wird im Bericht zu Recht ausgeführt, dass diese Schließung kontraproduktiv wäre in Bezug auf unsere Minderheitenpolitik und zu einer bedauerlichen Schwächung der Region führen würde. Die angedachte Lösung mit einem Honorarkonsul ist kein Ersatz – auch hier geht der Appell an alle Entscheidungsträger, nachzuverhandeln und eine akzeptable Lösung zu finden.
Ein drittes Problemfeld sind die Schülerbeförderungskosten der dänischen Minderheit. Auch hier muss ein Zeit- und Stufenplan entwickelt werden, der langfristig zu zufriedenstellenden Lösungen führt und nicht nur die Nordkreise belastet.
Der dritte Abschnitt des Berichtes beschäftigt sich mit der Arbeit der Grenzverbände: Der Arbeitsgemeinschaft Deutsches Schleswig, dem Deutschen Grenzverein, dem Grenzfriedensbund und dem Schleswig-Holsteinischen Heimatbund.
Ausgeführt wird, dass die Landesregierung der Auffassung ist, dass zu einem erfolgversprechenden und gedeihlichen Nebeneinander der dänischen und der deutschen Kultur auch im Verhältnis zur internationalen Kultur das Fortbestehen und die Weiterentwicklung deutscher Kultur- und Sozialarbeit unverzichtbar ist. Seit Beginn der 90er Jahre mussten die Grenzverbände erhebliche Kürzungen ihrer Mittel verkraften. Das hat in Teilbereichen bedauerlicherweise zu einer Angebotsverringerung geführt. Weitere finanzielle Reduzierungen wären nicht mehr aufzufangen, zumal die jährlichen Personal- und Sachkostensteigerungen zusätzlich zu erwirtschaften waren.
Der Deutsche Grenzverein hat mit seiner Umstrukturierung und der Gründung der Europäischen Akademie Schleswig-Holstein in Sankelmark darüber hinaus neue Strukturen geschaffen, die in die Zukunft weisen. Zudem beteiligte er sich mit seinen Bildungsstätten an dem neuen Förderkonzept der Landesregierung für die vom Land geförderten Bildungsstätten. Wenn jedoch das ausgehandelte Förderkonzept im Haushalt 2000 in seinem Globaltitel wiederum um 114.000 DM gekürzt werden soll, dann ist das ganze Konzept nicht durchzuführen, hier muss dringend nachgebessert werden.
Wenn die Grenzverbände ihre vielfältigen Aufgaben weiter erfolgreich wahrnehmen sollen, dann brauchen sie verlässliche Rahmenbedingungen. Dies sollte uns allen ein besonderes Anliegen sein.
Minderheiten- und Grenzraumpolitik erfordern ständige Weiterentwicklung und sensible Begleitung, aber auch verlässliche Strukturen und ein offenes Ohr für notwendige Lösungsansätze. Dass alle Beteiligten dieses offene Ohr haben, das wünsche ich mir für die nächsten Jahre. Mit Offenheit, Toleranz und gegenseitigem Respekt werden wir sicher auch die Entwicklungen der nächsten Jahre konstruktiv begleiten können.