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13.11.02
17:46 Uhr
CDU

Manfred Ritzek: Immer mehr Jugendliche in der Schuldenfalle

LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 482/02 vom 13. November 2002

Sozialpolitik TOP 26 Manfred Ritzek: Immer mehr Jugendliche in der Schuldenfalle
Mitte nächsten Jahres startet das UMTS-Handynetz. Dann können Sie auf dem Mikro- Handyschirm – bei geeigneten Geräten – Straßenkarten, Bilder von der Freundin, Videofilme abrufen. Und UMTS ist 100 mal schneller als das gegenwärtige GSM (Global System for Mobile Communication). Und mindestens 50 Euro pro Monat erwarten die Anbieter für dieses wie auch immer bedeutende Info-System. Hoffentlich verstärkt das nicht ein Problem, über das heute gesprochen wird.
Erstmals gibt es einen Bericht der Landesregierung zum Thema "Schutz junger Menschen vor fortschreitender Verschuldung". Es ist ein erster Versuch, inhaltlich noch herantastend. Differenziertere Aussagen über Verhaltensweisen zur Verschuldung müssen noch erarbeitet werden. Es ist nicht nur die Ausweitung ökonomischer und sozialer Notlagen, die zur Verschuldung führen.
Immer mehr Jugendliche werden in Deutschland zu Schuldnern. Das Münchener Institut für Jugendforschung ( IJF) hat aus Befragungen für die rund 19 Millionen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen Schuldenberg von fas 3,6 Milliarden Euro ermittelt. Nach Angaben der Inkasso-Branche stehen junge Menschen bis zu 25 Jahren sogar mit über 5,1 Milliarden Euro in der Kreide.
Schon 6 % der 6-12-Jährigen geben nach Angaben des IJF zu, Schulden zu haben, zumeist zusammengepumpt von Freunden und Eltern. Jeder 13-17-Jährige sei mit ca. 82 Euro verschuldet. Bei den 18-20-jährigen sitzt schon jeder Sechste in der Schuldenfalle mit einer durchschnittlichen Verschuldung von knapp 800 Euro. Bei den 21-25-Jährigen steige laut der Angaben des Instituts für Jugendforschung die Verschuldung auf mehr als das Vierfache, also auf mehr als 3.000 Euro. Ein Fünftel dieser Altersgruppe drücke diese Schuldenlast.
Kinder und Jugendliche können heute so viel Geld ausgeben wie keine Generation vor ihnen und sie sind eine umworbene Konsumentengruppe, deren Kaufkraft auf über 10 Milliarden Euro geschätzt wurde.
"Kaufe jetzt - zahle später", ist nicht nur ein beliebter Slogan, mit dem Versandhäuser Kunden ködern, sondern offenbar der Wahlspruch vieler Jugendlicher. Vor allem die Nutzung neuer Medien und dabei ganz besonders die Kosten für die Mobiltelefone sind der Hauptgrund für Schulden bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Gut die Hälfte aller 12- bis 19-jährigen besitzen ein Handy.
In einer etwas älteren dpa-Meldung vom Juni 2000 heißt es, dass mehr als 1,5 Millionen Handynutzer dieses vermeintliche Statussymbol besitzen, ohne es sich leisten zu können. Forderungen in Höhe von fast 400 Millionen Euro mussten die Mobilfunkunternehmen im Jahre 2000 abschreiben. Das waren etwa 3,5 % des gesamten Umsatzes.
Aber nicht nur das Handy ist Schuldenverursacher. Dazu gehören auch andere Geräte, die „in“ sind.
Auch ein paar Tage Dauersurfen im Internet führt schnell zu wachsenden finanziellen Problemen.
Auch "Online-Shopping" birgt gewisse Verlockungen. Es verleitet zum Einkaufen, da durch die indirekte Zahlungsform die Hemmschwelle, über seine Verhältnisse zu leben, deutlich herabgesetzt wird. Durch die Nutzung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs besteht die Gefahr, dass die Jugendlichen sich an ein ganz anderes Konsumverhalten gewöhnen als wenn sie nur über das wirkliche Haben von Bargeld verfügen könnten.
Mal ist es Kaufsucht, mal sind es Statussymbolkäufe, mal Frustkäufe, die Jugendliche in die Schuldenfalle treiben. Meist aber können sie den Verlockungen der Konsumgesellschaft nicht widerstehen. Verstärkt wird das Verhalten der Jugendlichen auch durch eine ständig steigende "Konsum Mentalität", die sich in den Familien breit gemacht hat.
Mit großer Sorge wird festgestellt, dass die jungen Leute immer weniger Hemmungen haben, sich zu verschulden, so die Aussagen der Inkasso-Branche. Eine Pilotstudie des Oldenburger Haushaltswissenschaftlers Armin Lewald belegt das auf dramatische Weise. Sein Fazit lautet: Für über 50 % der mehr als 1000 befragten Schülerinnen und Schüler ist die Finanzierung von Käufen durch geliehenes Geld "ein Akt selbstverständlicher Alltagsbewältigung". Die Bereitschaft zum Verzicht aus Geldmangel kennt nur etwa ein Drittel der Schüler, je älter umso weniger sind die Gewissensbisse bei der Verschuldung ausgeprägt. Die Einhaltung von Zahlungsverpflichtungen wird "lax" gehandhabt, "Verzug" wird als nicht sonderlich problemhaft" angesehen.
Schülerinnen und Schüler haben Erfahrung im Umgang mit "Leihen und Verleihen" mit "Kredit und Schulden". Jugendliche sind nicht auf die Kreditgesellschaft vorbereitet, Sie wissen nicht oder verdrängen die Forderung, dass Kredite, Gebühren, Mieten, Leasingraten am Einkommen zu orientieren sind. Das Nichtbezahlen von Rechnungen mit daraus folgendem Wechsel zu anderen Lieferanten, oder schlimmer noch zur Beschaffungskriminalität werden zu Scheinlösung des Problems .
Die Konsumgesellschaft gibt es schon lange. Aber die ständig steigende Verschuldung junger Menschen ist ein neues Phänomen der letzten 5 Jahre. Diese Entwicklung droht sich zu verstätigen, so dass "Überschuldung" zu einem ernst zu nehmenden Zukunftsproblem werden kann. Das Nachdenken über die Entwicklung sowie über Präventionsmaßnahmen ist deshalb dringend geboten.
Ich bitte um Zustimmung zum Bericht der Landesregierung.