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09.07.10
14:14 Uhr
SPD

Jürgen Weber zu TOP 29: Forderung des Antrages ist in der Praxis nicht umsetzbar

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 09.07.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 29, Transparenz bei der Aufarbeitung der Krise der HSH Nordbank AG (Drucksache 17/685)

Jürgen Weber:

Forderung des Antrages ist in der Praxis nicht umsetzbar

Mit dem vorliegenden Antrag soll die HSH Nordbank durch die Landesregierung aufge- fordert werden, Aufsichtsrats- und Risikoausschussprotokolle, Teile des KPMG- Berichtes sowie das Freshfields-Gutachten zur Frage möglicher Pflichtverletzungen von Aufsichtsratsmitgliedern selbst „unter Wahrung der Geschäftsgeheimnisse Dritter, eigener Kalkulationsgrundlagen sowie unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte betrof- fener Vorstandsmitglieder“ zu veröffentlichen.

Bei aller Sympathie für mehr Öffentlichkeit in diesem Verfahren: Wenn man die Inhalte dieser Akten kennt, und das setze ich bei den Kollegen Fürter und Schippels einfach mal voraus, frage ich mich ernsthaft, wie das in der Praxis umgesetzt werden soll?

Wie wollen Sie z.B. das noch gar nicht vorliegende Gutachten der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer zur Frage möglicher Pflichtverletzungen von Auf- sichtsratsmitgliedern der Bank unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte von denen veröffentlichen, die möglicherweise belastet werden? Zwar sieht Ihr Antrag nur den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Vorstandsmitglieder vor, was ist aber mit den Aufsichtsräten? Haben die keine?



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Zudem ist dieser Bericht, auch wenn er von einer angesehenen Kanzlei verfasst und durch ein Zweitgutachten überprüft wird, letztlich kein rechtskräftiges Urteil, in dem Schuld oder Unschuld einer Person in einem rechtsstaatlichen Verfahren festgestellt wird.

Da Ihnen, Herr Fürter, als Richter vermutlich die Rechtsprechung zur Frage von Amtspflichtverletzungen im Zusammenhang mit Eingriffen in Grundrechte durch Veröffentlichungen staatlicher Stellen bekannt ist, beantragen Sie listigerweise ja auch, dass nicht der Landtag oder die Landesregierung, sondern die HSH Nordbank selbst diese Unterlagen veröffentlichen soll. Damit wären wir aus dem Schneider und die Verantwortung für entsprechenden Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen wollen Sie bei der HSH Nordbank abladen. Und die Kleine Anfrage des Abgeordneten Thorsten Fürter zu diesem Thema sehe ich im Geiste auch schon vor mir liegen. Ich glaube, wir haben doch unterschiedliche Vor- stellungen darüber, wie ein Rechtsstaat funktioniert.

Sie wissen sicherlich auch, dass die Mitglieder des Vorstandes sich nach dem StGB und Aktiengesetz zudem strafbar machen können, wenn sie ein Betriebs- oder Ge- schäftsgeheimnis unbefugt offenbaren. Würde der Vorstand dem Begehren dieses An- trages nachkommen, würden dessen Mitglieder allein das Risiko tragen, rechtswidrig ein Geschäftsgeheimnis veröffentlicht zu haben. Zwar werden solche Taten i.d.R. nur auf Antrag verfolgt und wären selbst dann nur strafbar, wenn die Täter vorsätzlich handeln würden. Der Image-Schaden für die Bank wäre jedoch erheblich, wenn sich betroffene Dritte über die Offenbarung vertraulicher Informationen beschweren oder dieses zivilrechtlich verfolgen würden. Und das kann die Bank gerade jetzt besonders gut gebrauchen!

Und haben Sie vorher eigentlich einmal nachgeprüft, ob die Bank überhaupt berechtigt ist, Fremdgutachten und Informationen über Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder -3-



oder Dritte zu veröffentlichen, oder ob Urheberrechte, Vertragsklauseln, Schutz und Nebenpflichten aus Verträgen oder auch Gesetze genau das verbieten, was ja nicht ganz unüblich wäre?

Es ist zudem kaum vorstellbar, wie der Inhalt der benannten Unterlagen so aufbereitet werden kann, dass die Öffentlichkeit ohne sinnentstellende Kürzungen zutreffend über den Sachverhalt informiert wird.

Die Bank wird daher gar nicht anders handeln können, als Ihr Ansinnen wegen des er- heblichen straf- und zivilrechtlichen Risikos abzulehnen. Sie wird sich dann vermutlich von Ihnen den Vorwurf des Verheimlichens und Vertuschens anhören müssen, was möglicherweise ja auch beabsichtigt ist.

Auch wir würden die Öffentlichkeit gern umfassender über das unterrichten, was wir in den Akten bisher gesehen haben. Auch wir kritisieren die schleppende Herausgabe von Unterlagen und die mangelnde Bereitschaft vieler Vorstandsmitglieder, vor dem Ausschuss Rede und Antwort zu stehen. Auch wir würden gern sehen, wie weit die Durchsetzungskraft des Herrn Ministerpräsidenten gegenüber der HSH Nordbank reicht. Wir haben deshalb keinen Grund, die Bank und die Verantwortlichen in den Re- gierungen zu schonen und der Öffentlichkeit Informationen vorzuenthalten.

Aber einen Antrag, dessen Anliegen der Adressat aus den dargestellten Gründen gar nicht erfüllen kann, dessen Ausführung praktisch unmöglich ist, halten wir nicht für ein geeignetes Mittel, sich mit den Vorgängen um die HSH Nordbank auseinanderzu- setzen. Daher werden wir ihn ablehnen.