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09.09.10
18:11 Uhr
SPD

Jürgen Weber zu TOP 15: Pflicht zur Archivierung muss erfüllt werden!

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 09 September 2010



TOP 15, Große Anfrage Archivwesen (Drucksache 17/616) Jürgen Weber:
Pflicht zur Archivierung muss erfüllt werden! Vor nunmehr 18 Jahren hat der Landtag das Landesarchivgesetz verabschiedet. Es sollte zum einen die Benutzerfreundlichkeit der Archive erhöhen – das ist in weitem Umfang gelungen. Es hat zum zweiten die Archivierung zur Pflichtaufgabe der Kreise und Kommunen gemacht und ihnen dabei freigestellt, eigene Archive zu unterhalten oder mit anderen kommunalen Gliederungen Gemeinschaftsarchive zu bilden. Das ist leider alles andere als zufriedenstellend gelungen.
18 Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes und 10 Jahre nach dem verbindlichen Inkrafttreten des Kommunalparagraphen 15 des Landesarchivgesetzes stellt die Landesregierung fest, dass nach wie vor drei Kreise, neun Städte, vierunddreißig Ämter und zehn amtsfreie Gemeinden ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Archivierung nicht nachkommen. D.h. ein Drittel der Kommunen ist ohne Archivlösung - ein ziemlich einmaliger Zustand, dass ein Gesetz derart schlicht und einfach ignoriert wird.
Der Gesetzgeber hatte seinerzeit bewusst darauf verzichtet, die Sanktionskeule zu schwingen, sondern auf Kooperationen gesetzt, bei der dem Landesarchiv eine wichtige Funktion als Beratungs- und Serviceeinrichtung zukommen sollte. Denn die Bedeutung von Archiven liegt ja nicht nur darin, Dorfchronisten und künftigen Historikern Quellenmaterial zu sichern. Mindestens genauso wichtig ist der Grundsatz, dass das Handeln der Verwaltung und der Selbstverwaltungsorgane auf örtlicher, auf Kreis- und auf Landesebene auch langfristig nachvollziehbar und rekonstruierbar bleiben muss, weil nur so Rechtssicherheit zu erreichen ist.
Diese Rechtssicherheit ist aber ganz gewiss nicht gewährleistet, wenn man in der Verwaltung zwar grundsätzlich weiß, dass Unterlagen zu einem Bebauungsplan aus den 50er Jahren irgendwo noch vorhanden sein müssen, dass aber die letzten Mitarbeiter der Verwaltung, die sie



1 jemals gesehen haben, schon seit 30 Jahren im Ruhestand sind und dass niemand mehr weiß, wo die Akten genau liegen. Und wenn man sie dann endlich wiedergefunden hat, muss man feststellen, dass der letzte Wasserrohrbruch im Keller des Kreisamtes die Sache erledigt hat. Damit ist die schönste Prozesslawine eröffnet, die für die Verwaltung viel aufwändiger und teurer werden könnte, als wenn sie ihre Altakten vernünftig verarbeitet hätte.
Natürlich ist jedem von uns bewusst, dass die finanzielle Situation des Landes, aber auch der Kommunen, im Jahre 2010 sehr viel unerfreulicher ist als 1992. Das kann aber keine Rechtfertigung dafür sein, dass die meisten Kreise und Kommunen sich rechtstreu verhalten haben und diejenigen, die diese gesetzliche Verpflichtung schlicht und einfach in den Wind geschlagen haben, nun dafür belohnt werden, indem wir sie von der Einhaltung des Gesetzes dispensieren. Das Ergebnis ist unbefriedigend und kann so nicht akzeptiert werden.
Dabei ist das zusätzliche Problem archivwürdigen Schriftguts nichtstaatlicher Herkunft noch nicht einmal berücksichtigt.
Die Kleinteiligkeit der Verwaltung im Land zeigt ein weiteres Mal ihre Rückständigkeit mit allen negativen Konsequenzen.
Es bleibt erheblicher Handlungsbedarf. Die Landesregierung formuliert in ihrer Antwort den durchaus unterstützenswerten Gedanken, die kleineren Kommunen durch die Einrichtung einer zentralen Archivberatungsstelle und den Ausbau der Kreisarchive zu regionalen Kompetenzzentren zu unterstützen.
Ich darf dazu die Stellungnahme des Verbandes der Kommunalarchivarinnen und -archivare zitieren, der formuliert: „Das muss keine Utopie bleiben. Es gilt, kreativ Finanzierungsmöglichkeiten aus einem Mix von Umlagen, Finanzausgleich, Sponsoren und öffentlichen Geldern zu entwickeln.“ Dem kann ich nur zustimmen.
Wir sollten die säumigen kommunalen Gebietskörperschaften nicht aus der Verantwortung entlassen. Schon gar nicht die drei Kreise Segeberg, Rendsburg-Eckernförde und Ostholstein.
Ich beantrage, die Antwort auf die Große Anfrage in den Bildungsausschuss, mitberatend in den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.



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