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20.06.13
16:38 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zu Energiewende und Klimaschutz in SH

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort. Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 52 – Energiewende und Klimaschutz in SH Claudia Jacob Dazu sagt der energiepolitische Sprecher Landeshaus der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Detlef Matthiessen: Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 272.13 / 20.06.2013


Atomausstieg und Energiewende sind Themen, die wir nur alle zusammen stemmen können

Ich bedanke mich für den Bericht, Herr Minister und den MitarbeiterInnen Ihres Hauses.
Ich bedanke mich auch, für die kurzfristige Unterrichtung der Fraktionen über das gest- rige OVG-Urteil, mit dem das Schleswiger Gericht die Genehmigung für das atomare Zwischenlager beim stillzulegenden AKW-Standort Brunsbüttel versagte - eine Ent- scheidung von möglicherweise großer Tragweite, die uns alle aktuell bewegt.
Was sind die Folgen? Die FDP sieht sich in Ihrer Skepsis gegen den Endlagerkompro- miss bestätigt. Da besteht aber gar kein Zusammenhang, denn das Verbringen von Castoren nach Gorleben betrifft ein Zwischenlager, das wegen seines Alters tendenziell technisch eher schlechter geeignet ist als Brunsbüttel.
Ich möchte damit aber nicht ein kleinliches Parteiengezänk einläuten. Atomausstieg und Energiewende sind Themen, die wir nur alle zusammen stemmen können, als Par- teien, als Wirtschaft und als Bevölkerung in Deutschland.
Ich möchte aber doch für die Grüne Fraktion reklamieren, dass wir schon seit Langem und immer wieder in zahlreichen Anfragen, Landtagsdebatten und Stellungnahmen vor einer Unterschätzung der Terrorgefahr durch Einwirkung Dritter gewarnt haben. Inso- fern sehen wir uns durch das Urteil bestätigt. Anlass zur Freude kann das nicht sein, vielmehr wird immer deutlicher, dass die Hinterlassenschaften des Atomprogramms zu fast unlösbaren Problemen führen. Wir Grüne wollen uns dennoch der Verantwortung stellen. Seite 1 von 3 Welche Folgen das gestrige Urteil haben kann, ist noch nicht übersehbar, da andere Zwischenlager, z.B. Krümmel oder Brokdorf, wie Brunsbüttel selber nur für Atommüll aus der eigenen Produktion Erlaubnis haben. Also im Falle eines Falles, die Castoren schnell mal rüber schieben z.B. nach Brokdorf, trifft auf sehr hohe Hürden.
Es bedarf also ruhiger und gründlicher Beratung, wie mit dem Urteil aus Schleswig um- zugehen ist. Die Rechtskraft hängt vom Ausgang des sicher zu erwartenden Be- schwerdeverfahrens gegen den Revisionsausschluss ab. Ich denke, wir sollten uns alle die Worte meiner Fraktionsvorsitzenden, Eka von Kalben, zu Herzen nehmen: „Wir soll- ten darüber nachdenken, ob wir nicht sehr viel früher und vollständig aus dem Atom- programm aussteigen sollten. Das AKW Brokdorf darf nicht wie vorgesehen bis 2021 weiterlaufen. Jedes Kilogramm zusätzlicher Atommüll ist zu viel.“
Ein anderer Punkt, der aktuell von Bedeutung ist, betrifft die Gefährdung der Genehmi- gung von Windparks in Ostholstein und anderswo durch UKW-Drehfunkfeuer-Anlagen. Das sind Anlagen der Flugsicherheit. Sie dienen der Funkleitortung der Flugzeuge. Diese Technik ist abgängig und wird zunehmend durch GPS und später durch GALILEO verdrängt und wird meistens nicht mehr gebraucht.
Warum 1998 ein Windpark im 3000 Meter-Radius genehmigt und nicht vom Bundes- aufsichtsamt beanstandet wurde und heute plötzlich 15.000 Meter Abstand erforderlich sein soll, erschließt sich mir nicht, zumal der Nachweis möglicher Störungen über Simu- lationen und nicht über Messungen erfolgt. Es werden Richtungsabweichungen von mehr als 3,5º auch ohne Windmühlen festgestellt. Das ist rechtlich und technisch eine komplexe Materie, die wir im Ausschuss – es hilft ja nichts – vertiefen müssen. Auch hier mein Dank an die Landesregierung über den Bericht zu diesem Thema. Es geht um Investitionen in vielfacher dreistelliger Millionen Höhe, da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Der Energiewende- und Klimaschutzbericht ist eine schleswig-holsteinische Erfolgssto- ry. Wir schaffen es, den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen zu senken. Wir ersetzen fossilatomare Stromerzeugung zunehmend durch Erneuerbare Energie.
Ich war in der vergangenen Woche auf einer Konferenz in Toronto, auf der 8. World Hydrail. Da konnte ich berichten, dass es auch in Schleswig-Holstein eine Arbeitsgrup- pe aus Unis und Wirtschaft gibt, die sich unter Führung der WTSH mit oberleitungsun- abhängigem elektrischem Bahnantrieb befasst. An dieser Stelle auch insbesondere Anerkennung und Dankeschön an Herrn Staatssekretär Nägele.
Wenn man dort in seiner Rede so beiläufig berichtet „we cover 60 percent of our elektricity consumption by renewables“ als sei das selbstverständlich, in die Gesichter schaut, dann wird man doch ein bisschen stolz auf unser kleines Schleswig-Holstein.
Erfolg kommt nicht von allein. Erfolg hat gewöhnlich viele Väter. Und das ist in Schles- wig-Holstein auch so. Wir können feststellen, dass die Vorgängerregierungen den Kurs in Richtung Erneuerbare eingeschlagen und gehalten haben.
Wir können feststellen, dass es bei den Themen Atomausstieg und 100-Prozent-Ziel, Einigkeit bei den Parteien besteht. Das war in der heutigen gefestigten Form nicht im- mer so. Ich glaube, die Grünen waren und sind dabei eine treibende Kraft.
Ich weiß, für manche war der Weg länger. Aber diese Einigkeit ist auch eine Besonder-
2 heit hier in unserem Land. Dieser Weg geht von einer starken Anti-AKW-Bewegung aus, von tüchtigen UnternehmerInnen, die Windmühlen und Solaranlagen betreiben, von einer Politik, die diese Entwicklung vorangebracht hat.
In der Umsetzung gibt es Viele, die mitgewirkt haben. Dazu gehört bis 1993 der Ener- gieminister Günther Jansen mit dem ersten Förderprogramm überhaupt in Deutsch- land, beim ersten Stromeinspeisegesetz Peter Harry Carstensen als schleswig- holsteinische Bundestagsabgeordneter, Willi Voigt als Staatsekretär in emsiger, akribi- scher, sachkundiger Arbeit, in der Regierung Simonis oder unsere Vorgängerregierung mit Minister de Jager und Staatssekretärin Zieschang. Daher ist es auch richtig, dass der Bericht darauf Bezug nimmt, dass sich Robert Habeck in diese Tradition stellt.
Wir haben mit den anstehenden Genehmigungen, mit der Beendigung des Atompro- gramms, mit dem Ausbau der Stromnetze viele Aufgaben und Schwierigkeiten vor uns. Darüber lasst uns streiten. Das können wir als Politiker gut. Mir lag daran, auch auf die Gemeinsamkeiten hinzuweisen und auf den gesellschaftlichen Konsens, den wir für die Mammutaufgabe Energiewende brauchen.
Ich freue mich daher auf die weitere Beratung des Berichts im Ausschuss, der uns eine hervorragende Grundlage und Begleitung für die weitere Arbeit liefert.
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