Lars Harms: Datensicherheit und Wahlmöglichkeit statt Zwangsausstattung mit eCall
Presseinformation Kiel, den 14.05.2014Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 26 Antrag zum Stopp der Zwangsausstattung von Fahrzeugen mit elektronischem Ortungssystem eCall Drs. 18/1857 „Wenn die Datensicherheit auf dem neuesten technischen Stand ist und die Nutzer selbst entscheiden können, ob sie das System nutzen wollen oder nicht, kann man ernsthaft über die Einführung reden.“2.500 Verkehrstote weniger soll das neue eCall-System bringen, wenn es denn flächendeckendin die Autos eingebaut worden ist. Jeder Neuwagen soll nach dem Willen des EU-Parlaments ab2015 seine Standortdaten via SIM-Karte im Falle eines Unfalls senden können. Dafür sollhöchstwahrscheinlich in Deutschland das bestehende 112-Notruf-Netz genutzt werden.ECall hat allerdings auch Nachteile, weil es Daten erzeugt, die abgefangen und gespeichertwerden können. So wie die Mautdaten der LKW inzwischen von der Polizei genutzt werden,obwohl das so eigentlich nie vorgesehen war, könnte das auch bei den eCall-Daten sein. Das istkeine gute Vorstellung und hat überhaupt nichts mit Hysterie zu tun. Wenn Daten erzeugtwerden, dann werden sie auch weiterverarbeitet, von Dritten genutzt und gespeichert. Daszeigen uns alle Erfahrungen in vielen Bereichen. Darum hat das EU-Parlament denKommissionsentwurf entscheidend nachgebessert. Eine dauerhafte elektronische Verfolgungdes Fahrers ist danach ausdrücklich ausgeschlossen. Die Kommission hatte lediglich eine Formulierung gewählt, wonach die Nachverfolgung im Normalbetrieb auszuschließen sei.Doch die hat das Parlament einkassiert.In Brüssel hat man also durchaus die europaweiten Bedenken gegen eCall registriert undentsprechend reagiert. Die Änderungen im Gesetzestext sind bürgerfreundlicher als derKommissionsentwurf und versuchen ein Höchstmaß an Datenschutz zu gewährleisten. Das istwiederum nötig, um die obligatorische Ausstattung mit eCall zu rechtfertigen. Dieeuropäischen Autofahrerinnen und Autofahrer wird nämlich die Möglichkeit genommen, ihrenAufenthaltsort zu verbergen. Das ist künftig nur möglich, wenn man mit einem Taxi fährt oderweiter mit seiner alten Gurke unterwegs ist. Einen Neuwagen ohne eCall wird es ab 2015 inEuropa nicht geben.Das System büßt nämlich seine Vorteile ein, wenn es nicht flächendeckend zum Einsatzkommt. Es geht um die Autos, die beispielsweise ungebremst in einen Stau hineinfahren. Denndurch den raschen Notruf kann auch früher die Warnung vor dem Unfall an andere Autofahrerrausgehen. Das wiederum soll Unfälle verhindern.Die Sicherheit, die von dem neuen System ausgeht, bewertete das Parlament höher alsDatenschutzgesichtspunkte. Da haben die EU-Parlamentarier aber die Rechnung ohne dieNutzer gemacht. Von Ihnen haben manche eben doch große Bedenken, selbst wenn ein solchesSystem gut gemeint ist. Im Internet werden inzwischen schon Möglichkeiten diskutiert, dasSystem einfach zu zerstören. Die Wogen gehen also hoch.Ich bin davon überzeugt, dass mandie Bedenken ernst nehmen sollte. Es geht nicht darum, dass ein Autofahrer nichts zuverbergen habe. Jedermann kann ruhig wissen können, wo ich hinfahre und muss es sogarwissen, wenn ich aufgrund eines Unfalls nicht mehr in der Lage bin, meinen Standort derRettungsleitstelle mitzuteilen. Aber ich möchte schon selbst die Wahl haben, ob ich dieseInformationen weitergeben möchte oder nicht. Der Staat sollte niemals leichtfertig seine Bürgerinnen und Bürger verpflichten. Wenn er esdennoch tut, ergibt sich für den Staat eine besondere Sorgfaltspflicht. Das Spannungsfeldzwischen Datenschutz und Fahrsicherheit, zwischen Bevormundung und Schutz bei Unfällenist ja nicht neu. Als am 1. Januar 1976 in Deutschland die Gurtpflicht eingeführt wurde, kam esebenfalls zu einer breiten Debatte. Viele Autofahrer fühlten sich bevormundet und an ihr Autogefesselt. Sie sahen nicht ein, dass der Staat ihnen vorschrieb, wie sie ihr Leben schützensollten. Inzwischen ist der Griff zum Sicherheitsgurt eine Routine, den kaum noch jemandnachfragt. Allerdings muss man aber auch sagen, dass sich seitdem technisch Einiges getanhat. Unter den modernen Dreipunktgurten kann man nicht mehr durchrutschen und dieGurtstraffer haben das Risiko von Verletzungen des Gurts erheblich verringert.So eine Entwicklung wünsche ich mir auch für eCall-Systeme. Dass nämlich die Datensicherheitauf dem neuesten technischen Stand ist.Wenn dies der Fall ist und die Nutzer selbst entscheiden können, ob sie das System nutzenwollen oder nicht, kann man ernsthaft über die Einführung reden.