Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
16.11.16
16:32 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zur Aktuellen Stunde

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 1 Zustimmung des Innenministers Studt zu Plänen Düsternbrooker Weg 70 der SPD-Innenministerkonferenz u.a. zur Ausweitung 24105 Kiel von Überwachungsmaßnahmen Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt der innenpolitische Sprecher Mobil: 0172 / 541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Burkhard Peters: Nr. 487.16 / 16.11.2016


Licht und Schatten
Weil die Piraten nicht im Bundestag sitzen, versuchen sie krampfhaft in ihrer mutmaßlichen Restlaufzeit Themen in den Landtag zu ziehen, für die wir überhaupt nicht zuständig sind. Immer in der Hoffnung dabei etwas zu finden, um Differenzen innerhalb der Küstenkoalition zu schüren und sich selbst als die einzigen Gralshüter der Freiheitsrechte aufspielen zu können. Glauben Sie uns - das bringt uns nicht vom Kurs ab!
Viele Vorschläge aus den Erklärungen „Sicherheit stärken - Freiheit bewahren“ und „Be- kämpfung von Wohnungseinbruchdiebstahl“ gefallen uns gut. Das betrifft zum Beispiel:
- Mehr Prävention und Beratung im Bereich Rechtsextremismus und religiös motivier- tem Extremismus. Der Ansatz, in Schulen, anderen Bildungseinrichtungen, Vereinen und Verbänden die Aufklärungsarbeit gegen Extremismus zu intensivieren, ist voll zu unterstüt- zen;
- Personelle Stärkung und moderne Ausstattung der Polizeikräfte, auch zusätzliches Fachpersonal wie IT-Expert*innen, finden wir richtig ;
- Bei der Bekämpfung der Wohnungseinbruchskriminalität ist eine stärkere Polizeiprä- senz, Präventionsberatung und grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizeibehör- den gegen Wohnungseinbruchsdiebstahl sehr sinnvoll. Der verbesserte Austausch über Ergebnisse der Spurensicherung und –analyse ist ok, meinetwegen auch eine datenschutz- freundliche predictive-policing-Software. Die Erfolge der SoKo „castle“ in Hamburg weisen den Weg.
- Beim Thema ‚Gewalt gegen Einsatzkräfte‘ halten wir verbesserte Ausbildung und Training der Polizeikräfte im Bereich deeskalierender Kommunikationsstrategien und eine bundesweite Imagekampagne für die Arbeit von Polizei und anderen Einsatzkräften für ge- nau die richtigen Maßnahmen. Seite 1 von 2 Anderen Vorschläge in den beiden Erklärungen hört man nach meiner Überzeugung den Wahlkampf etwas zu deutlich an. Angesichts des unverhohlenen Machtanspruchs der CDU/CSU, nur sie könne authentisch Sicherheit und Ordnung, tendiert sozialdemokratische Sicherheitspolitik gelegentlich zur Überkompensation. Vor allem in Wahlkampfzeiten, in de- nen die CDU das Thema Innere Sicherheit ganz nach oben setzt.
Das erklärt die Dissonanz im „strukturellen Dreiklang aus Repression, Prävention und Aus- stiegshilfe“. Um in diesem Bild aus der Welt der Musik zu bleiben: Die harmonische Terz von Prävention und Ausstiegshilfe gefällt uns gut – der darauf gesetzte, schrille Tritonus der Repressionsmaßnahmen schmerzt uns jedoch in den Ohren:
- Die Strafverschärfung für Angriffe auf Polizei- und Einsatzkräfte haben wir im Land- tag schon zweimal intensiv beraten. Bis auf die CDU waren wir uns fraktionsübergreifend einig, dass diese Maßnahme aus der Mottenkiste des „reflexhaften gesetzgeberischen Ak- tionismus“ kommt. Während die Norderstedter Erklärungen einerseits den Slogan ausgibt, derartigen Aktionismus abzulehnen, tappt sie ein paar Absätze weiter doch in die Falle. Und das obwohl explizit festgestellt wird, dass die letzte Strafmaßerhöhung in § 113 StGB kei- nerlei Wirkung hatte. Über diese vermeintliche Logik kann ich nur den Kopf schütteln. Aber bitte, prüfen kann man vieles. Ich bin gespannt, was uns die GroKo nach ihren jüngsten Er- klärungen dazu auf den Tisch legen wird.
- Die Vorschläge zur Ausweitung der Telefonüberwachung bei Wohnungseinbruchs- kriminalität gehören meines Erachtens nach auch schnell wieder eingemottet. Telefon- überwachung bereits bei bloßen „Anhaltspunkten“ auf eine Bande, statt bei ‚verdachtsbe- gründenen konkreten Tatsachen‘ (§ 100a Abs. 1 StPO) öffnet Tür und Tor für weitere Auf- weichungen des Kommunikationsgeheimnisses.
- Wie ein Untoter wird auch wieder die Quellen-TKÜ ins Spiel gebracht. Dabei ist bis heute nicht klar, wie ein solcher „Staatstrojaner“ grundrechtsgemäß in Gesetzesform ge- gossen werden kann. Gleiches gilt für die geforderten Zugriffe auf Clouds. Die Aussage, dass für die „Online-Welt“ keine anderen Gesetze gelten dürften als für die „Offline-Welt“, halte ich für hochgefährlich. Dank der technischen Entwicklung findet berufliche, private und intime Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern heute in einem zunehmen- den Ausmaß über das Internet statt. Das eröffnet staatliche Überwachungsmöglichkeiten, von denen die Macher unserer StPO noch nicht einmal geträumt haben.
Mein Resümee: Die Norderstedter Erklärungen enthalten Licht, aber auch Schatten. Die Forderung nach mehr Überwachung und Bestrafung aus den Reihen von CDU und CSU bedient bewusst Sicherheitsängste. Nicht immer ist deren Wirksamkeit bewiesen oder die Notwendigkeit begründet. Mehr Sicherheit durch eine besser ausgestattete Polizei - vor al- lem auch mehr Personal: Immer gerne. Reflexhafter gesetzgeberischer Aktionismus - Nein danke.

***



2