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02.12.16
11:30 Uhr
SPD

Martin Habersaat: Inklusive Bildung: Schleswig-Holstein im Ländervergleich

Kiel, 2. Dezember 2016 Nr. 285 /2016


Martin Habersaat:
Inklusive Bildung: Schleswig-Holstein im Ländervergleich Zum Erscheinen des 12. Teils des Ländervergleichs der Friedrich-Ebert-Stiftung, „Inklusive Bildung in Schleswig-Holstein“, sagt Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD- Landtagsfraktion:
Der Band „Inklusive Bildung in Schleswig-Holstein“ ist eingebettet in eine 16teilige Reihe der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Inklusion. Im Vorwort bringt Marei John-Ohnesorg viele Diskussionen auf den Punkt: „Inklusion: eine verheißungsvolle Chance auf Teilhabe, aber auch mit Ängsten besetzt. Ein Recht für alle, das für manche eine gefühlte Bedrohung darstellt. Mit gemeinsamer pädagogischer Kraft erreichbar, aber mit finanziellen Auswirkungen verbunden. Die Situation in den Ländern und Kommunen ist komplex, die Lage widersprüchlich.“ (S.5)
Schleswig-Holstein hatte sich lange vor der UN-Behindertenrechtskonvention, die 2006 von der UN-Vollversammlung verabschiedet und 2009 von Deutschland ratifiziert wurde, auf den Weg gemacht. Das Ziel dieses Weges heißt heute „Inklusion“. Bereits seit 1990 haben Eltern hier ein Wahlrecht, ob sie ihr Kind mit Förderbedarf an einer allgemeinbildenden Schule unterrichten lassen wollen. Und jedes Jahr haben sich mehr Eltern für diesen Weg entschieden (zum Elternwahlrecht: S. 25f.). 2009 war die Ausgangslage im Vergleich zu anderen Ländern also gut, die positive Entwicklung ging seitdem aber weiter (S.16).
Seit der UN-Konvention greift auch der konservative „Ideologievorwurf“ nicht mehr – Menschenrecht ist Menschrecht. Dieses betrifft nicht nur das Bildungssystem, aber eben auch, weil eine Gesellschaft hier am besten die Weichen für ihre Zukunft stellen kann. Und immerhin: Der Begriff der „inklusiven Beschulung“ fand 2011 zu Zeiten der schwarz-gelben Regierung den Weg ins Schulgesetz.
Anders als CDU und FDP in der letzten Legislaturperiode (S.24) haben wir nie bestritten, dass Inklusion zusätzliche Ressourcen erforderlich machen wird. Gleich nach dem Regierungswechsel 2012 haben wir die Inklusion mit 300 zusätzlichen Lehrerstellen gestärkt – allein 180 Stellen dienten der Wiederaufstockung der Differenzierungsstunden an unseren Gemeinschaftsschulen. 2



Die rot-grün-blaue Landesregierung hat im September 2014 ein Konzept vorgelegt, um die Schulen noch stärker auf ihrem Weg zu unterstützen. Die wesentlichen Teile dieses Konzepts – mehr Schulsozialarbeit, Einführung der Schulassistenz, Verdopplung der Stellen im schulpsychologischen Dienst, Lehrkräftebildungsgesetz mit verbindlichen inklusionspädagogischen Inhalten für alle angehenden Lehrerinnen und Lehrer (S.26) wie von der KMK vorgeschrieben – sind umgesetzt. Auch das Gutachten von Prof. Klemm 2016 dient diesem Zweck und brachte Klarheit: 500 zusätzliche Stellen sind noch nötig. Diese wollen wir innerhalb der kommenden Legislaturperiode bereitstellen.
Unabhängig vom Förderstatus ihrer Kinder beurteilt die Mehrzahl der Eltern in repräsentativen Umfragen inklusive Schulen und die an diesen unterrichtenden Lehrkräfte positiver als nicht inklusive Schulen. Der Erfolg inklusiver Bildung ist nachweisbar (S.8). Es ist richtig, dass wir den Fokus in Schleswig-Holstein nicht mehr auf die Steigerung des Inklusionsanteils legen, sondern auf die Qualität (vgl. Britta Ernst, S.39).
Als gute Beispiele werden die Geschwister-Prenski-Schule in Lübeck (S.29) und das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig (S.30) besonders hervorgehoben. Davon gibt es in Schleswig-Holstein noch viele mehr und den engagierten Pädagoginnen und Pädagogen ist für ihren Einsatz zu danken.
Das Ziel ist klar: Langfristig sollen alle Schulen mit multiprofessionellen Teams und einer sonderpädagogischen Grundversorgung ausgestattet sein. Auch an den Schulgebäuden gibt es noch viel zu tun (S.22). Dann erreichen wir den Paradigmenwechsel: Es müsste nicht mehr erst ein „Mangel“ bei einem Kind festgestellt werden, um die erforderlichen Ressourcen zu erhalten. Jedes Kind bekäme die optimale individuelle Förderung, weil inklusive Bildung als Konzept verstanden wird, das sich an alle Schülerinnen und Schüler richtet (vgl. S.10). Noch ist das Ziel fern, aber der Weg dorthin soll transparent gestaltet, mit allen Beteiligten erarbeitet und systematisch gesteuert werden.
Und die Ländervergleiche der Friedrich-Ebert-Stiftung machen Mut: Was an einem Ort für unmöglich gehalten wird, ist an einem anderen längst Realität.
Link zu den Ländervergleichen der Friedrich-Ebert-Stiftung:
https://www.fes.de/de/gute-gesellschaft-soziale-demokratie-2017plus/gute-arbeit-und-sozialer- fortschritt/projekte/inklusive-bildung-im-laendervergleich/