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15.12.16
17:31 Uhr
SSW

KORREKTUR Lars Harms: Der CDU-Plan würde die Windbranche bei uns im Land abwürgen

Presseinformation Kiel, den 15.12.2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 1+9+27 a) Aktuelle Stunde „Windenergie-Pläne der Landesregierung“ b) Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes c) Akzeptanz der Windenergie erhalten – Industriestandort Schleswig-Holstein stärken – Bürger von den Kosten nicht genutzten Stroms entlasten Drs. 18/4931, 18/4954

„Wir bringen mit unserer Planung die Energiewende voran, beteiligen die
Bürger breit, legen unsere Planungen transparent vor, sorgen für Klimaschutz
und wir unterstützen einen wichtigen Wirtschaftszweig bei uns im Land.
Besser geht’s nicht.“


Mit dem Urteil des OVG war klar, die Ausweisung von Windenergieflächen muss komplett auf
neue Füße gestellt werden. Damit wurde die Landesregierung – als oberste Planungsbehörde –
aufgefordert, tätig zu werden. Das hat sie gemacht. Sie hat in einem ersten Schritt das Gespräch 2
mit allen Beteiligten gesucht und die Situation erörtert. Klar war zu dem Zeitpunkt, dass die bis
Dato gültigen Teilfortschreibungen der Regionalpläne zu Windeignungsflächen quasi ihre
Rechtswirksamkeit verloren haben. Das hat bei den Anlagen- sowie den Netzbetreibern, den
Gemeinden, den Ämtern und Kreisen und letztendlich bei den Bürgern für Ungewissheit darüber
gesorgt, was das Urteil für die Zukunft bedeutet. Die Landesregierung hat seinerzeit das Heft in
die Hand genommen und einen Weg aufgezeigt, wie man gedenkt, aus der Klemme zu kommen.
Die Landesregierung hat Maßnahmen ergriffen, um dabei drei wichtige Ziele sicherzustellen:
Erstens, kein ungesteuerter Ausbau der Windenergienutzung in Schleswig-Holstein allein auf
Basis der Privilegierung nach Baugesetzbuch, zweitens, keine Übertragung der vollen
Planungsverantwortung auf die einzelnen Gemeinden, sondern weiterhin Steuerung der
Windenergienutzung durch Regionalpläne und drittens, kein Ausbaustopp für Windenergie in
Schleswig-Holstein während der Aufstellungsphase der neuen Pläne.
Es wurden Krücken geschaffen, die den Ausbau vorübergehend eingeschränkt, aber kontrolliert
ermöglichten, um die Windbranche nicht gänzlich zu gefährden. Parallel dazu hat die
Landesregierung daran gearbeitet, ein rechtssicheres und raumverträgliches
Planungsinstrument zu schaffen, das die Anforderungen des OVG erfüllt.
Und da stehen wir heute. Seit dem 6.Dezember wissen wir, wie die Entwürfe der Windenergie-
Regionalpläne für Schleswig-Holstein aussehen.
Ich stelle fest: Es wurden insgesamt 354 Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen. Das
entspricht einem Anteil von 1,98% der Landesfläche. Damit werden 98% von
Windenergieanlagen freigehalten. Also immer noch der weit überwiegende Teil des Landes. Von
einer Verspargelung kann man also nicht reden.
Ich stelle weiter fest: Diese Zahlen unterliegen keinem willkürlichen Findungsprozess. Sie
basieren auf objektiven Kriterien, die in einem ausführlichen Abwägungsprozess ermittelt
wurden. Sie sind sachlich und fachlich begründet. Das allein ist ausschlaggebend. 3
Bei der Neuaufstellung der Pläne wurde anhand der Kriterien auf das ganze Land geschaut.
Damit war die Landesplanungsbehörde auch rechtlich dazu verpflichtet, bei der Neuaufstellung
von Plänen landesweit einheitlich nach den raumverträglichsten Standorten zu suchen. Wobei
Altstandorte nicht ausgelassen werden dürfen. Soll heißen: Es wurden planerische Fehler der
Vergangenheit ausgeräumt oder die Weiterentwicklung der Technologie wurde berücksichtigt.
Das bedeutet, dass von den derzeit bestehenden 3060 Anlagen, heute rund 1300 Anlagen
außerhalb der Vorranggebiete liegen. Das heißt, dass diese Anlagen zwar einen Bestandsschutz
genießen, aber nur bis sie ihre technische Lebenserwartung erreicht haben. Danach müssen sie
abgebaut werden. Faktisch bedeutet das, dass es langfristig einen massiven Rückbau von
Anlagen geben wird. Das gilt insbesondere für bestehende siedlungsnahe Windkraftstandorte
oder Standorte die nicht mehr die Planungskriterien erfüllen. Das gehört auch dazu, denn auch
damit wird aufgeräumt.
Das Repowering ist durch die neuen Pläne klar geregelt. Dies darf künftig nur in den
Vorranggebieten durchgeführt werden und auch nur dann, wenn zwei Altanlagen im Gegenzug
verschwinden. Das soll dazu beitragen, dass unkontrollierter Windenergieausbau an bestimmten
Standorten wieder rückgebaut wird. Neben den Repowering-Anlagen wird es trotzdem auch
weiter möglich sein Windkraftanlagen zu bauen. Schließlich wollen wir auch künftig unseren
Beitrag zur Energiewende leisten. Nach derzeitigen Plänen soll die produzierte Strommenge aus
Windenergie von derzeit 6,5 Gigawatt auf insgesamt 10 Gigawatt steigen. Das bedeutet, bis 2025
wird es einen rechnerischen Zuwachs von rund 500 Windkraftanlagen geben.
Ich denke, dass dies eine gute Nachricht für die Windbranche ist. Denn sie ist ein erheblicher
wirtschaftlicher Faktor bei uns im Land, mit qualifizierten Arbeitsplätzen.



Kaum eine Diskussion wird derzeit landauf landab so emotional geführt wie die um die
Ausgestaltung der Windenergie bei uns im Land. Dazu muss ich sagen, der Prozess ist nicht
abgeschlossen. Ab jetzt und noch die nächsten Monate sind wir in der Anhörungsphase. 4
Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, sich am laufenden raumordnerischen Verfahren zu
beteiligen. Sie können sich die Flächen ansehen und flurstückscharf ein Bild davon machen
welche Gebiete künftig für den Ausbau der Windenergie vorgesehen sind und welche nicht.
Voraussichtlich ab dem 27. Dezember können die Bürger Stellungnahmen zu jeder einzelnen für
Windkraft berücksichtigten und nicht berücksichtigten Fläche im Rahmen der Regionalpläne
abgeben. Ob für oder wider – alle Argumente und Stellungnahmen werden gewissenhaft geprüft
und im Rahmen der Planung abgewägt. Ich möchte deutlich sagen, das ist das größte
Beteiligungsverfahren das es in Schleswig-Holstein gegeben hat. Der Bürger bekommt die
Möglichkeit, sich zu jeder Fläche zu äußern. Sie muss nicht einmal in seiner unmittelbaren
Umgebung liegen. Von mangelnder Bürgerbeteiligung kann man hier also überhaupt nicht
reden!



Mit der Neuausrichtung der Windplanung schaffen wir neue Rechtssicherheit, nicht nur für
Investoren und Antragsteller, sondern auch für die betroffenen Gemeinden und Bürger. Darauf
kommt es an.
Die Kampagne der CDU gegen die Pläne der Landesregierung, ist reine Angstmache. Sie ist weder
von Fachlichkeit noch von Sachverstand geprägt. Anders kann ich mir die Diskussion nicht
erklären. Denn wie wollen sie die Energiewende schaffen, wenn sie fordern, die Abstände zu
Einzelhäusern und Splittersiedlungen im Außenbereich im Regelfall auf 500 Meter und zum
Innenbereich sowie zu Siedlungsbereichen mit Wohn- und Erholungsfunktion im Regelfall auf
1.200 Meter zu erhöhen. Was bedeutet hier überhaupt Regelfall? Wo wollen sie Ausnahmen
zulassen? Mit ihrem Antrag streuen sie den Menschen nur Sand in die Augen.
Die von der Landesplanungsbehörde gewählten Mindestabstände zur Wohnbebauung zum
Schutz der Bevölkerung sind die Tabukriterien mit der größten Flächenwirksamkeit. Das heißt,
das harte Tabukriterium Wohnbebauung hat eine Tabuzone von rund 46,7% der Landesfläche.
Das Tabukriterium Siedlungsabstände hat in der Überlagerung eine Tabuzone von rund 31%. In 5
der Summe machen Wohnbebauungs- und Siedlungsabstände rund 78% aus. Zurückzuführen ist
dies auf die starke Zersiedlung der schleswig-holsteinischen Landschaft.
Würde man jedoch der Abstandsregelung der CDU folgen, würde dies faktisch bedeuten, dass ab
sofort keine Windkraftanlagen mehr gebaut werden dürfen. Weite Teile der Bestandsanlagen
hätten nur noch Bestandsschutz und müssten sukzessive abgebaut werden. Ist es das, was die
CDU will? Oder will die CDU auf andere Kriterien verzichten, die jetzt Anwendung finden?
Wenn ja, auf was soll verzichtet werden? Wollen sie auf die Umzingelungsregel verzichten? Oder
sollen Belange des Denkmal-, Landschafts- oder Naturschutzes keine Rolle spielen?
Lauter Fragen auf die die CDU keine Antworten gibt. Für uns sind auch diese Punkte Ehrensache.
Es sind keine unrelevanten Kriterien, denn wir wollen nicht, dass unser heimatliches
Landschaftsbild zerstört wird. Deshalb sind Gebiete, die von Windenergie freigehalten werden,
genauso wichtig, wie Abstände zu den wichtigsten Naturschutzräumen oder Denkmälern.
Diese Bestätigung haben wir beispielsweise von der IG Baupflege aus
Nordfriesland/Dithmarschen erfahren, die die Windkraftregelung für Eiderstedt begrüßt, eben
weil wir das Landschaftsbild sowie Denkmale schützen.



Wir stehen zur Energiewende und den Ausbau der Windenergie. Denn das trägt maßgeblich zur
Wertschöpfung bei und es werden weitere hochqualifizierte Arbeitsplätze und Einkommen
geschaffen. Das prägt unser verantwortungsvolles Handeln. Wer die Energiewende nicht haben
will, soll dies dann bitte schön auch klar sagen. Oder er soll sagen, nach welchen Kriterien der
Ausbau der Windenergie von statten gehen soll. Ich kann nur feststellen, dass das was die CDU
hier vorgelegt hat, die Windbranche bei uns im Land abwürgt. Das ist wirtschaftsfeindliche
Politik, die den großen Energiekonzernen in die Karten spielt.
Damit wären wir dann auch schon bei dem Punkt der Netzkapazitäten. Immer wieder wird in
dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Netzkapazitäten nicht ausreichen und der
Ausbau der Netze mit dem Ausbau der Energieproduktion besser verzahnt werden müsse. Dazu 6
kann ich nur sagen, die Netzkapazitäten reichen nicht aus, weil sie voll sind mit Strom aus
fossilen Kraftwerken und weil nicht alle Länder den Ausbau der Netze mit gleichem Elan voran
gebracht haben – im Gegenteil, der Ausbau wurde teilweise sogar blockiert.
Statt also von Wegwerfstrom zu sprechen, weil Windkraftanalgen abgeregelt werden, sollte
stärker das Abregeln von Atom-, Gas-, Öl- und Kohlekraftwerken in den Focus gerückt werden.
Das ist nämlich der wahre Wegwerfstrom. Wir bringen mit unserer Planung die Energiewende
voran, beteiligen die Bürger breit, legen unsere Planungen transparent vor, sorgen für
Klimaschutz und wir unterstützen einen wichtigen Wirtschaftszweig bei uns im Land. Besser
geht’s nicht.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html