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16.12.16
11:25 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur doppelten Staatsbürgerschaft

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 27A – Dringlichkeitsantrag zur Doppelten Pressesprecherin Staatsbürgerschaft Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die migrationspolitische Sprecherin und Vor- Düsternbrooker Weg 70 sitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grü- 24105 Kiel nen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Eka von Kalben: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 540.16 / 16.12.2016 Die CDU auf Stimmenfang
„Manch einer mag in Frage stellen, warum wir einen Antrag zu einem Thema stellen, dass zurzeit in der großen Koalition im Bund geregelt ist.
Nun, die Ankündigung von Herrn Günther das Thema der doppelten Staatsbürger- schaft wieder zum Wahlkampfthema zu machen, muss uns alle im Land hochgradig besorgen. Straßenstände, bei denen die BürgerInnen wie damals in Hessen fragen, wo sie gegen Ausländer unterschreiben können, möchte ich hier nicht. Auch nicht wenn es nachher „nur“ die Jugendorganisationen übernehmen, die radikalen Positi- onen zu bewerben.
Daniel Günther kann an ein und demselben Tag den Beschluss zur Wiedereinfüh- rung des Optionszwangs verteidigen und gleichzeitig erklären, die CDU rücke nicht nach rechts. Dabei ist es ja nur zu offensichtlich, was sie mit diesem Thema bezwe- cken. Mit dem Beschluss zur Wiedereinführung des Optionszwangs macht die CDU im Zeitalter der Integration den Rollback ins Mittelalter. Den gesellschaftlichen Zu- sammenhalt stärken? Nicht Ihr Ding.
Mit dem Beschluss greift die CDU auch die Kanzlerin frontal an. Da macht Daniel Günther gerne mit. Mit Angriffen gegen Vorsitzende kennen Sie sich ja aus. Loyalität scheint für viele in Ihrer Partei ein Fremdwort.
Wir können uns auch direkt auf einen schmutzigen Wahlkampf einstellen. Die USA haben vorgemacht, wie es geht. Aus meiner Sicht: Wie es nicht geht. Mit dem Be- schluss zur Optionspflicht fährt die CDU einen Frontalangriff auch gegen den Koaliti- onspartner im Bund. Ich weiß, warum ich mich für die Fortsetzung unserer Küsten- koalition ausspreche.
Aber damit nicht genug. Sie fahren auch einen massiven Angriff auf das Selbstbild derjenigen, die lange bei uns leben und deren Kinder hier aufwachsen, zur Schule gehen und längst dazugehören. Ohne Not und sachlichen Grund verkünden Sie: Eu-
Seite 1 von 3 re Kinder gehören nicht dazu. Ihr gehört nicht dazu. Damit verunsichern Sie nicht nur die von der Optionspflicht betroffenen. Sie verunsichern alle Bürgerinnen und Bür- ger im Land. Sie gaukeln ihnen vor, dass wir ein relevantes Problem mit den Kindern der Eingewanderten haben.
Haben Sie Erfahrungen, Erkenntnisse, dass die Doppelte Staatsbürgerschaft seit ih- rer Einführung zu Problemen geführt hat? Haben Sie nicht, wollen Sie auch gar nicht haben. Denn erneut lautet bei Ihnen die Parole, dass man gar keine sachliche Rele- vanz braucht, um populistische Politik zu machen. Das war beim Burkaverbot, der Schweinefleischpflicht in „deutschen“ Kantinen oder der deutschen Mimikerziehung im Kindergarten nicht anders.
Oder stören Sie sich am Wahlverhalten der türkischen MitbewohnerInnen? Ich würde mir auch eine andere Haltung zu Erdogan wünschen, aber in der Demokratie wird Menschen doch nicht wegen ihres Wahlverhaltens der Pass entzogen. Kenne nie- mand der das für AfD oder gar NPD WählerInnen fordert.
Das Staatsangehörigkeitsrecht ist kein Experimentierfeld, auf dem Sie auf Stimmen- fang gehen können. Das können Sie nicht je nach Tageslaune ändern, wie es Ihnen passt. Die CDU stand wenigstens mal für die Beständigkeit von Werten - nicht ein- mal damit scheint es noch weit her zu sein.
Stattdessen mal wieder der Versuch am Stammtisch zu punkten. Geflüchtete, Mus- liminnen und Muslime, Eingewanderte, Loyalitätskonflikt - Irgendwas wird schon hängen bleiben. Sie schüren Ressentiments anstatt unsere Gesellschaft zu befrie- den. Alles in einen Topf werfen, einmal durch den Fleischwolf drehen, nicht schön, was dabei rauskommt.
Nach dem letzten Zensus 2011 leben in Deutschland 35.562 Menschen aus Eng- land, 69.287 Menschen aus den USA mit doppelter Staatsbürgerschaft. Sogar 567.477 aus Russland und ganze 687.813 Menschen aus Polen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Daran hat niemand bislang Anstoß genommen, auch sind un- überwindliche Loyalitätskonflikte nicht bekannt geworden. Ihnen geht es gar nicht ernsthaft um die Mehrstaatigkeit.
Es gibt auch gar kein Problem mit der Mehrstaatigkeit. Die geschätzt fast 4-5 Millio- nen von MehrstaatlerInnen in Deutschland sind Ihnen nahezu gleichgültig. Sie neh- men die türkischen Kinder, die hier geboren werden, ganz bewusst vors Korn. Sie nutzen auf billigste Art und Weise Stimmungen und Einstellungen für Ihre Politik und fordern nur von diesem kleinen Kreis ein Loyalitätsbekenntnis. Die damit verbunde- nen Unterstellungen sind unerträglich.
Einladungen nur an Männer verschicken, erfolgreiche weibliche Abgeordnete nicht mehr aufstellen, am Präsidium sägen. Daniel Günther verteidigt den Murks nicht nur. Im Gegenteil, er ist Rädelsführer. Sie machen die CDU nicht urbaner, weiblicher und moderner. Sie führen die CDU zurück in das finstere Mittelalter, zurück in das Patri- archat, in dem das Recht des Stärkeren gilt.
Wiederholen Sie nicht die Fehler der Vergangenheit, wir sind längst auf dem Weg zu einer offenen, toleranten Gesellschaft. Ebnen Sie dafür den Weg. Ebnen Sie nicht den Weg für Ausgrenzung und Gräbenkämpfe. Diese Menschen gehören zu unse- rem Land. Sie sind unser Land.

2 Dieser Beschluss ist so unfassbar schäbig: Sie stoßen die Menschen vor den Kopf, die sich für dieses Land entscheiden ohne ihre Wurzeln leugnen zu wollen. Sie sto- ßen die Menschen vor den Kopf, die solidarisch zu diesem Land stehen. Wachen Sie auf! Sie treiben die Menschen erst in die Arme von Erdogan.
Bekennen Sie sich zu unserem offenen, toleranten Land.“

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