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25.01.17
17:55 Uhr
SSW

Lars Harms: Nicht alles, was bei Bestattungen denkbar ist, ist auch die denkbar beste Lösung

Presseinformation Kiel, den 25. Januar 2017

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 3 Gesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes
Drs. 18/3934, 18/5039


„Für eine behutsame Weiterentwicklung des Bestattungswesens wären wir
zu haben, aber wir müssen neben den Wünschen des Verstorbenen auch die
Hinterbliebenen und die Werte unserer Gesellschaft mit bedenken.“


Wir haben schon in der ersten Lesung zum Bestattungsgesetz eine Debatte geführt
und dort sind viele Aspekte der Bestattungskultur schon angesprochen worden. Wir
haben uns seinerzeit offen für eine Diskussion über eine Reform des
Bestattungswesens gezeigt. Und auch nach der Anhörung im Ausschuss sind wir
immer noch offen für Veränderungen. Man kann aber auch ganz klar sagen, dass
Fragen rund um das Bestattungswesen doch auch sehr persönliche Fragestellungen
sind und dass sie auch sehr stark ethische Gesichtspunkte und Standpunkte berühren. 2
Deshalb ist es richtig, dass jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete hier nach
alleinigen Sichtweisen entscheidet.
Betrachtet man den gesamten Gesetzentwurf, so kann man für den SSW sagen, dass er
in Gänze für uns nicht zustimmungsfähig ist. Zu viele Punkte haben sich gerade auch
nach der Anhörung als zu weitgehend gezeigt. Ich sage das deshalb, weil sich für uns
nach der Anhörung ganz klar herausgestellt hat, dass die eigene Bestattung nicht nur
etwas mit den eigenen Vorstellungen, sondern auch etwas mit dem allgemeinen
Pietätsempfinden und auch mit den Bedürfnissen der Hinterbliebenen zu tun hat. Und
hier muss gerade auch der Staat Regeln setzen, in denen dann die eigene persönliche
Entscheidung getroffen werden kann. Auch hier gilt, alles was machbar oder denkbar
ist, muss nicht unbedingt auch sinnvoll sein. Nach der Anhörung haben sich aber vor
diesem Hintergrund mehrere Punkte ergeben, wo wir als SSW Veränderungsbedarf
sehen.



Ein erster Punkt ist dabei die Frage, ob die Asche des Verstorbenen auch verstreut
werden können soll. Wir sagen vom Grundsatz her „Ja!“ zu dieser Bestattungsform, da
sie durchaus von Teilen der Menschen gewollt ist und man durchaus noch pietätvoll
mit dieser Bestattungsform umgehen kann. Zugleich muss man ja auch feststellen,
dass es jetzt schon Einäscherungen gibt und somit sich nicht gravierend viel ändern
würde. Eine würdevolle Bestattungsfeier wäre möglich, aber vor allem wäre dies auch
eine Möglichkeit für manch einen selbstbestimmt eine Bestattungsform zu wählen, die
vergleichsweise kostenarm vonstattengehen könnte. 3
In dieser Verbindung steht auch unser zweiter Reformpunkt. Wir sehen es als sinnvoll
an, dass man den Gemeinden erlaubt, bestimmte Flächen für die Verstreuung von
Asche auszuwählen. Aber auch hier würden wir enge Grenzen setzen. Es müsste ein
vorher ausgewähltes Gebiet sein – z.B. ein Teil eines Friedhofes, ein Teil eines
Parkgeländes oder auch eine naturbelassene Landschaftsfläche – und dieses Gebiet
müsste dauerhaft für diesen Zweck ausgewiesen werden. Und was ganz entscheidend
ist, die Fläche müsste für jedermann zugänglich sein. Privatflächen schließen sich da
für uns aus, weil dort die dauerhafte Zugänglichkeit für Jedermann eben gerade nicht
gegeben wäre. Hier denken wir vor allem an die Hinterbliebenen, die trotz z.B.
möglicher Streitigkeiten mit dem Grundbesitzer Zugang zur Bestattungsfläche des
Verwandten oder Freundes haben müssen.



Ein dritter Punkt, der reformiert werden könnte, wäre nach unserer Auffassung die
zeitnahe Bestattung nach jüdischer und muslimischer Tradition. Die Anhörung hat
gezeigt, dass es wohl kein Problem mit der Leichenbeschau geben würde und eine
Fristverkürzung somit unproblematisch wäre, so dass wir hier wirklich eine praktische
Hilfe geben könnten, die keines Mehraufwandes bedarf.



Lassen Sie mich aber auch sagen, dass wir auch Punkte haben, die wir kritisch sehen.
Mit der Urne auf dem Kaminsims haben wir erhebliche Probleme. Jeder mag da seine
eigenen Vorstellungen haben, aber hier wird auch das allgemeine Pietätsempfinden
betroffen und vor allen spielt auch hier wieder die uneingeschränkte Zugänglichkeit
eine Rolle. Die wäre hier in gar keinem Fall gegeben. Wer klingelt schon am Sonntag-
Nachmittag bei irgendjemandem, um dann 10 Minuten still im Wohnzimmer eines 4
womöglich fremden Menschen an einen Toten zu gedenken? Dieses Beispiel soll
zeigen, dass eben tatsächlich nicht alles, was denkbar ist, auch die denkbar beste
Lösung sein muss. Das hat auch nichts mit Bevormundung zu tun, sondern mit
Pietätsempfinden und mit Werten einer Gesellschaft.



Für eine behutsame Weiterentwicklung des Bestattungswesens wären wir zu haben,
aber wir müssen neben den Wünschen des Verstorbenen auch die Hinterbliebenen und
die Werte unserer Gesellschaft mit bedenken.


Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html