Lars Harms: Nicht alles, was bei Bestattungen denkbar ist, ist auch die denkbar beste Lösung
Presseinformation Kiel, den 25. Januar 2017Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 3 Gesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes Drs. 18/3934, 18/5039 „Für eine behutsame Weiterentwicklung des Bestattungswesens wären wirzu haben, aber wir müssen neben den Wünschen des Verstorbenen auch die Hinterbliebenen und die Werte unserer Gesellschaft mit bedenken.“Wir haben schon in der ersten Lesung zum Bestattungsgesetz eine Debatte geführtund dort sind viele Aspekte der Bestattungskultur schon angesprochen worden. Wirhaben uns seinerzeit offen für eine Diskussion über eine Reform desBestattungswesens gezeigt. Und auch nach der Anhörung im Ausschuss sind wirimmer noch offen für Veränderungen. Man kann aber auch ganz klar sagen, dassFragen rund um das Bestattungswesen doch auch sehr persönliche Fragestellungensind und dass sie auch sehr stark ethische Gesichtspunkte und Standpunkte berühren. 2Deshalb ist es richtig, dass jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete hier nachalleinigen Sichtweisen entscheidet.Betrachtet man den gesamten Gesetzentwurf, so kann man für den SSW sagen, dass erin Gänze für uns nicht zustimmungsfähig ist. Zu viele Punkte haben sich gerade auchnach der Anhörung als zu weitgehend gezeigt. Ich sage das deshalb, weil sich für unsnach der Anhörung ganz klar herausgestellt hat, dass die eigene Bestattung nicht nuretwas mit den eigenen Vorstellungen, sondern auch etwas mit dem allgemeinenPietätsempfinden und auch mit den Bedürfnissen der Hinterbliebenen zu tun hat. Undhier muss gerade auch der Staat Regeln setzen, in denen dann die eigene persönlicheEntscheidung getroffen werden kann. Auch hier gilt, alles was machbar oder denkbarist, muss nicht unbedingt auch sinnvoll sein. Nach der Anhörung haben sich aber vordiesem Hintergrund mehrere Punkte ergeben, wo wir als SSW Veränderungsbedarfsehen.Ein erster Punkt ist dabei die Frage, ob die Asche des Verstorbenen auch verstreutwerden können soll. Wir sagen vom Grundsatz her „Ja!“ zu dieser Bestattungsform, dasie durchaus von Teilen der Menschen gewollt ist und man durchaus noch pietätvollmit dieser Bestattungsform umgehen kann. Zugleich muss man ja auch feststellen,dass es jetzt schon Einäscherungen gibt und somit sich nicht gravierend viel ändernwürde. Eine würdevolle Bestattungsfeier wäre möglich, aber vor allem wäre dies aucheine Möglichkeit für manch einen selbstbestimmt eine Bestattungsform zu wählen, dievergleichsweise kostenarm vonstattengehen könnte. 3In dieser Verbindung steht auch unser zweiter Reformpunkt. Wir sehen es als sinnvollan, dass man den Gemeinden erlaubt, bestimmte Flächen für die Verstreuung vonAsche auszuwählen. Aber auch hier würden wir enge Grenzen setzen. Es müsste einvorher ausgewähltes Gebiet sein – z.B. ein Teil eines Friedhofes, ein Teil einesParkgeländes oder auch eine naturbelassene Landschaftsfläche – und dieses Gebietmüsste dauerhaft für diesen Zweck ausgewiesen werden. Und was ganz entscheidendist, die Fläche müsste für jedermann zugänglich sein. Privatflächen schließen sich dafür uns aus, weil dort die dauerhafte Zugänglichkeit für Jedermann eben gerade nichtgegeben wäre. Hier denken wir vor allem an die Hinterbliebenen, die trotz z.B.möglicher Streitigkeiten mit dem Grundbesitzer Zugang zur Bestattungsfläche desVerwandten oder Freundes haben müssen.Ein dritter Punkt, der reformiert werden könnte, wäre nach unserer Auffassung diezeitnahe Bestattung nach jüdischer und muslimischer Tradition. Die Anhörung hatgezeigt, dass es wohl kein Problem mit der Leichenbeschau geben würde und eineFristverkürzung somit unproblematisch wäre, so dass wir hier wirklich eine praktischeHilfe geben könnten, die keines Mehraufwandes bedarf.Lassen Sie mich aber auch sagen, dass wir auch Punkte haben, die wir kritisch sehen.Mit der Urne auf dem Kaminsims haben wir erhebliche Probleme. Jeder mag da seineeigenen Vorstellungen haben, aber hier wird auch das allgemeine Pietätsempfindenbetroffen und vor allen spielt auch hier wieder die uneingeschränkte Zugänglichkeiteine Rolle. Die wäre hier in gar keinem Fall gegeben. Wer klingelt schon am Sonntag-Nachmittag bei irgendjemandem, um dann 10 Minuten still im Wohnzimmer eines 4womöglich fremden Menschen an einen Toten zu gedenken? Dieses Beispiel sollzeigen, dass eben tatsächlich nicht alles, was denkbar ist, auch die denkbar besteLösung sein muss. Das hat auch nichts mit Bevormundung zu tun, sondern mitPietätsempfinden und mit Werten einer Gesellschaft.Für eine behutsame Weiterentwicklung des Bestattungswesens wären wir zu haben,aber wir müssen neben den Wünschen des Verstorbenen auch die Hinterbliebenen unddie Werte unserer Gesellschaft mit bedenken.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html