Lars Harms: Ziel der Demokratie ist, jeden mit einzubinden - und das geschieht in Schleswig-Holstein
Presseinformation Kiel, den 12. Oktober 2017Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 11 Änderung der Landesverfassung Drs. 19/258 „Der vorliegende Gesetzentwurf ist sachlich falsch.“Die Beratungen rund die Verfassungsreform habe ich als sehr inspirierend und interessant erlebt.Wir haben über nichts Geringeres als die demokratische Verfasstheit unseres Landes gesprochen.Da ging es um unser Selbstverständnis als gewählte Abgeordnete, um die repräsentativeDemokratie und um plebiszitäre Elemente. Die Verfassungsdebatte hat mich noch einmal darinbestärkt, dass der Landtag das richtige Forum ist, um Kompromisse zu gestalten. Gerade alsAngehöriger einer Minderheit kann ich ein Lied davon singen, wie schnell unsere Argumente voneiner Mehrheit ausgehebelt werden können. Ich schätze es darum sehr, dass dieMinderheitenförderung inzwischen fester Bestandteil der Politik geworden ist. Wir haben unsausgetauscht und viele Abgeordnete der Mehrheitsgesellschaft überzeugen können. So einefundierte Debatte ist durch nichts zu ersetzen.Der Landtag besteht aus Abgeordneten, die zeitlich begrenzt und stellvertretend für dieBürgerinnen und Bürger über die Politik des Landes entscheiden; übrigens entscheiden wie ab 2und an auch für diejenigen, die bei einem Volksentscheid gar kein Wahlrecht haben. Elementedirekter Demokratie sind nur eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie. In der letztenWahlperiode haben wir die Verfassung geändert, entsprechende Gesetze geändert und dieQuoren gesenkt, sodass wesentlich mehr möglich ist, als dies in der Vergangenheit der Fall war.Aber, wir haben uns klar dagegen entschieden, politische Verantwortung abzuschieben. Ichstehe für meine Positionen ein. Sie sind für die Bürgerinnen und Bürger in den transparentenDebatten im Landtag nachvollziehbar: öffentlich und barrierefrei. Jede Zustimmung oderAblehnung ist festgehalten. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben diese Transparenznoch gar nicht kennen können; aber sie unterstützt hervorragend das System, das sie aufgebauthaben. Die gewählten Politikerinnen und Politiker müssen gerade stehen für das, was sie tun.Dieser Verpflichtung komme ich gerne nach; gerade in Diskussionen mit gut informiertenBürgerinnen und Bürgern. So ein Dialog schärft die Argumente und führt letztlich zu einerbesseren Politik.Wir haben bei der Debatte zur Verfassungsreform auch über die Vertrauenskultur gesprochen.Vertrauen kann man weder verordnen noch einfach ein- oder ausschalten. Hier in Schleswig-Holstein sehe ich allerdings überhaupt keine Gefahr, dass etwa die Bürgerinnen und Bürger„ausgeschlossen“ seien, wie es die Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfes suggeriert.Bloß, weil einem ein Gesetz nicht gefällt, ist man von dessen Gestaltung nicht ausgeschlossen.Die Bürgerinnen und Bürger haben in Schleswig-Holstein viele Möglichkeiten, Politik zugestalten: Initiativen und Vereine sind Teil unserer lebendigen Verfassungskultur. DieLandesverfassung wird so Tag für Tag mit Leben erfüllt – genau das stellen die Antragsteller inihrer Begründung aber in Abrede. Unsere Landesverfassung lädt die Bürgerinnen und Bürger zurGestaltung ihrer Lebensverhältnisse mit bundesweit äußerst niedrigen Quoren herzlich ein.Derzeit entspricht das Quorum ca. 5% der Wahlberechtigten. Das in der Begründung angeführte„besonders hohe Zustimmungsquorum“ ist also schlichtweg falsch. 3Dass das Angebot selten in Anspruch genommen wird, liegt nicht an den Quoren. Viele Fragenklären sich einfach durch Wahlen oder im Laufe eines Gesetzgebungsprozesses. Demokratie isteben mehr als die Aufsummierung von Einzelinteressen. Nicht, wer am lautesten sein Anliegenvertritt, sondern wer die besseren Argumente hat und kompromissbereit ist, wird sichdurchsetzen. Und das ist auch richtig so, weil so auch Meinungen kleiner Gruppenmitberücksichtigt werden können. Das ist das eigentliche Ziel der Demokratie – jeden miteinzubinden – und das geschieht in Schleswig-Holstein! Der vorliegende Gesetzentwurf istsachlich falsch und darum abzulehnen.Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html