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17.06.20
13:33 Uhr
SSW

Lars Harms: Wir möchten eine praxisnahe Anpassung des Polizeirechts

Presseinformation
Kiel, den 17.06.2020



Es gilt das gesprochene Wort


Lars Harms TOP 12 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung polizei- und
ordnungsrechtlicher Vorschriften im
Landesverwaltungsgesetz
Drs. 19/2118

„Wir vom SSW stehen diesem Gesetzentwurf grundsätzlich offen gegenüber
und würden uns auf die Erkenntnisse aus einer Anhörung mit praxiserprobten
Polizistinnen und Polizisten zu den Themen Taser und Body-Cams freuen, um
das Gesetz zu finalisieren.“

Die Reform des Polizeirechts beschäftigt uns ja nun schon eine ganze Weile. Unsere Beamtinnen
und Beamten mit Polizeibefugnissen leisten tagtäglich einen ungemein wertvollen Dienst für
unsere Gesellschaft. Ihnen kommt eine entscheidende Rolle zu beim Schutz des Rechts auf Leben,
Freiheit und Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Sie verdienen daher einen umfassenden
Eigenschutz. Gleichzeitig müssen Polizeibefugnisse im Spannungsverhältnis zu den Grund- und
Freiheitsrechten stets eng ausgelegt und interpretiert werden. Es ist daher nur folgerichtig und
geboten, die entsprechende Rechtsgrundlage regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen und
gegebenenfalls anzupassen. Der Ruf nach einer klaren Neuregelung kam schließlich auch aus den
Reihen der Polizei selbst; und kochte ja nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des erst kürzlich 2

verabschiedeten und vieldiskutierten Antidiskriminierungsgesetzes in Berlin wieder hoch. Hier ist
das letzte Wort bestimmt noch nicht gesprochen, aber das nur am Rande.


Nachdem die meisten anderen Bundesländer diesbezüglich inzwischen Neuregelungen
verabschiedet haben, diskutieren nun also auch wir final über den vorliegenden Gesetzentwurf,
der unserer Landespolizei Handlungs- und Rechtssicherheit geben sowie erweiterte Befugnisse
einräumen soll. Im Folgenden werde ich auf die Kernpunkte näher eingehen:


1. Der sogenannte „finale Rettungsschuss“: Mit dem Gesetzentwurf wird dieser als
individuelle Gewissensentscheidung gesetzlich geregelt. Selbstverständlich wünscht sich
keine Polizistin und kein Polizist, jemals in eine derartige Ausnahmesituation zu geraten
und glücklicherweise kommen solche Schusswaffeneinsätze ja weiterhin sehr, sehr selten
vor. Dennoch ist es richtig, den Beamtinnen und Beamten an dieser Stelle für den Fall der
Fälle die nötige Rechts- und Handlungssicherheit zu geben, so wie sie in den allermeisten
anderen Bundesländern auch bereits gilt.
2. Die Erprobung des Einsatzes sogenannter Distanz-Elektroimpulsgeräte, verkürzt „Taser“,
sowie die Nutzung von Body-Cams: Hierzu gab es ja ausführliche Diskussionen und
schließlich eine Pilotstudie, deren Durchführung ich auch ausdrücklich unterstützt habe.
Gleichzeitig müssen wir uns der Problematiken dieser Ausrüstungsgegenstände bewusst
sein: Taser können in Hinblick auf die Gesundheit von Zielpersonen schwierig sein, Body-
Cams in Hinblick auf den Datenschutz. Beide können und sollen andererseits aber auch
präventiv wirken und zur Deeskalation einer heiklen Situation beitragen – allein durch den
Hinweis, dass gegebenenfalls gefilmt wird. Daher wünschen wir vom SSW uns
diesbezüglich noch eine mündliche Anhörung, in der an dieser Studie beteiligte
Polizistinnen und Polizisten von ihren Einsätzen berichten und darlegen können, welche
Ausrüstung sie unter welchen Bedingungen benötigen.
3. Die Ausweitung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit: Diese ist uns selbstredend
ein besonderes Anliegen, schließlich ist hierfür ja insbesondere das Gemeinsame Zentrum 3

(GZ) deutscher und dänischer Polizei- und Zollbehörden in Padborg seit Jahren ein
Paradebeispiel. Dennoch möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass weiterhin ungleiche
Bedingungen gelten: Polizeifahrzeuge und Beamtinnen und Beamte in Uniform dürfen bei
einem Verfolgungseinsatz die Grenze überqueren, wobei in Dänemark eine Grenze von 30
km gilt, während dänische Beamte soweit nach Deutschland fahren dürfen, wie sie wollen.
Nach all den Jahren der vertrauensvollen Zusammenarbeit könnten Kopenhagen und
Berlin ja eventuell einmal über eine Vertragsanpassung nachdenken. Ansonsten sind die
Ergänzungen in Bezug auf die Zollvollzugsbeamtinnen und -beamten sowie auf die
Einsatzmöglichkeiten ausländischer Polizeikräfte beziehungsweise deutscher Polizeikräfte
im Ausland zu begrüßen.


Die geografische Lage Schleswig-Holsteins als Transitland macht die kontinuierliche
Intensivierung enger Zusammenarbeitsstrukturen selbstredend notwendig. Kritisch anmerken
möchte ich hier jedoch den folgenden Punkt: Der Polizei sollen anlasslose Anhalte- und
Sichtkontrollen in Grenzregionen und auf Transitstrecken ermöglicht werden. Hier muss in der
Ausformulierung sichergestellt werden, dass diese Befugnis nicht negativ ausgenutzt werden
kann – Stichwort „Racial Profiling“. Noch einmal: Das Hegen eines Generalverdachtes – egal, gegen
welche Personen- oder Berufsgruppe – ist immer grundsätzlich falsch; und Missstände müssen
immer aufgedeckt und beseitigt werden.


Insgesamt müssen wir also transparent kommunizieren und rechtssicher formulieren. Wir vom
SSW stehen diesem Gesetzentwurf daher grundsätzlich offen gegenüber und würden uns auf die
Erkenntnisse aus einer Anhörung mit praxiserprobten Polizistinnen und Polizisten freuen, um das
Gesetz zu finalisieren.

Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html