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24.11.21
17:16 Uhr
B 90/Grüne

Bernd Voß zur EU-Agrarreform

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 27 – Bericht zur Gemeinsamen Agrarpolitik Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt der landwirtschaftspolitische Sprecher der Landeshaus Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Bernd Voß: Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 355.21 / 24.11.2021

EU-Agrarreform wird den Herausforderungen des Green Deal nicht gerecht Sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke dem Minister für seinen Bericht. Leider zeigt er, dass einmal mehr die Hoffnung der Zivilgesellschaft und von vielen Bauer*innen auf eine grundsätzliche Wende in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU im Zuge dieser Agrarreform vergeblich waren.
Weder gibt es bei den Direktzahlungen eine klare Ausrichtung am Prinzip öffentliches Geld für öffentliche Leistung noch wurden Regeln für die Märkte geschaffen, die dem Preisdruck zu Lasten von Bäuerinnen und Bauern und der Umwelt einen Riegel vorschie- ben.
Liebe Damen und Herren, gemessen an den Herausforderungen, vor denen die Landwirtschaft in Europa steht, be- züglich Klimaschutz, lebendiger ländlicher Wirtschaftsentwicklung, Biodiversität und Tier- schutz, und auch angesichts der ökonomischen Lage auf vielen Betrieben, greift diese Reform wieder einmal viel zu kurz.
Schon die EU-Kommission hatte Vorschläge vorgelegt, die ihren eigenen Zielsetzungen im Rahmen der Farm to Fork Strategie, die da lauten 50 Prozent weniger Pestizide, 25 Prozent weniger Dünger, 50 Prozent weniger Antibiotika und ein Anteil des Öko-Land- baus von 25 Prozent, und das alles bis 2030, nicht gerecht wurden.
Und wie wir es auch in vergangenen Agrarreformprozessen erleben mussten, haben auch diesmal die Mitgliedsstaaten im Ministerrat noch ordentlich Wasser beigemengt und es ist nur eine dünne Suppe herausgekommen. Die Grünen im Europaparlament haben gegen die Reform gestimmt, denn sie bringt unterm Strich kaum Verbesserungen und könnte sogar, da vieles den Mitgliedsstaaten überlassen wird, zu Rückschritten führen. Was die Bundesagrarministerin Julia Klöckner veranlasst hat, dies einen Systemwechsel Seite 1 von 3 zu nennen, bleibt schleierhaft.
Wenn jetzt wenigstens der nationale Rahmen alles ausschöpfen würde, was EU-rechtlich möglich sein wird. Aber leider sieht es auch da wie bei der Umsetzung der jetzigen Ag- rarreform nach Fehlanzeige aus. Neu an der neuen GAP sind die so genannten Ökore- gelungen. Das sind freiwillige Maßnahmen im Rahmen der ersten Säule. Allerdings ver- birgt sich, so wie es droht umgesetzt zu werden, was es vorher auch schon unter dem Namen Greening schlecht umgesetzt gibt. Also alter Wein in neuen Schläuchen.
Momentan sieht es zusätzlich so aus, dass bereits besonders umweltfreundlich oder öko- logisch bewirtschaftete Betriebe durch diese Ökoregelungen schlechter gestellt werden, weil sie Teil davon nicht nutzen können. Das EU-Parlament und große Teile der Zivilge- sellschaft hatten gefordert, für Ökoregelungen 30 Prozent der Direktzahlungsmittel vor- zusehen, und diese dann schrittweise zu erhöhen, um in Zukunft alle Zahlungen an ge- sellschaftliche Leistungen zu binden. Der EU-Agrarministerrat wollte dies auf 20 Prozent begrenzen.
Herauskommen werden vermutlich 25 Prozent, jedenfalls war das das Versprechen nach zähem Ringen in der AMK im März. Allerdings sollen dafür ein Teil der Mittel aus der zweiten Säule angerechnet werden, so dass es am Ende nur 23 Prozent der Direktzah- lungen zu werden drohen und somit 85 Millionen € jährlich weniger, als zunächst erwartet. Dabei empfiehlt auch die Zukunftskommission Landwirtschaft als umfangreiches Forum der Verbände der Landwirtschaft, Umwelt ein ansteigendes Budget für die Öko-Regelun- gen.
Dringend erforderlich wäre auch mit den Ökoregelungen eine Honorierung der Weidehal- tung. Denn Weidehaltung ist im Sinne des Tierwohls, Biodiversität, Bodenschutz und si- chert die Vielfalt unserer Kulturlandschaft. Und es muss gewährleistet sein, dass das Geld bei aktiven Landwirten ankommt, nicht bei irgendwelchen Investoren. Außerland- wirtschaftliche Unternehmen sollten ausgeschlossen werden, klassische Zu oder Neben- erwerbsbetriebe aber drinbleiben.
Diese Reform sollte in dem ersten Vorschlag der Kommission dadurch gekennzeichnet sein, dass die EU ehrgeizige Ziele vorlegt und die Mitgliedsländer setzen es weitgehend nach ihren Gegebenheiten auf hohem Niveau um. Und dokumentieren es über ihre nati- onalen Strategiepläne. Von dem Ehrgeiz ist nicht viel nachgeblieben am 31.12. müssen die Mitgliedsstaaten ihre nationalen Strategiepläne bei der EU einreichen. Die Möglich- keiten, die es bis dahin zur Nachbesserung noch gibt, falls es noch welche gibt, sollten genutzt werden.
Die Diskussionen über die nächste Reform ab 2027, sie haben bereits begonnen. Der Agrarhaushalt umfasst 60 Milliarden jährlich. Sie zu halten wird sich kaum durchsetzen lassen, wenn nicht konsequent nach der Maxime „öffentliches Geld für öffentliche Leis- tungen“, die Mittel eingesetzt werden. Die Herausforderungen des Klimawandels erfor- dern eine hohe Geschwindigkeit bei der Umsetzung einer dem Green deal gerecht wer- denden Agrarpolitik. Aus unserer Anhörung Klimaschutz für Schleswig-Holstein konnte ich nur den Schluss mitnehmen: Auch biologischer Klimaschutz muss kurzfristig umge- setzt werden und nicht in Jahrzehnten oder Jahrhunderten.
Danke für den Bericht zur Verbesserung von Agrarstruktur und Küstenschutz. Diese Mit- tel werden dringend gebraucht für die Co-Finanzierung von EU Mitteln der zweiten Säule; aber auch als alleinige Co Finanzierung für anstehende Herausforderungen. Dazu gehö- ren in Schleswig-Holstein mehr denn je der Küstenschutz, der Binnenhochwasserschutz
2 und die Wasserhaltung. Es gehören auch dazu die vielfältigen Herausforderungen der ländlichen Regionalent- wicklung. Im Ergebnis ist Schleswig- Holstein das Land mit der höchsten Dichte an schnellem Internet im ländlichen Raum.
Bei der Erstaufnahme von Migrantinnen in den Jahren nach 2015 hat sich gezeigt, was es bedeutet einen offenen ländlichen Raum mit hoher Integrationskraft zu haben. ***



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