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23.02.22
15:52 Uhr
SPD

Dr. Kai Dolgner zu TOP 8: Eine Schnecke bleibt eine Schnecke, auch wenn man sie digitalisiert

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 23. Februar 2022
Dr. Kai Dolgner: Eine Schnecke bleibt eine Schnecke, auch wenn man sie digitalisiert TOP 8: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Digitalisierung und Bereitstellung von offenen Daten und zur Ermöglichung des Einsatzes von datengetrieben Informationstechnologien in der Verwaltung (Drs. 19/3267, 19/3635(neu)) „Die Landtagswahl steht vor der Tür und Jamaika hat offenbar die Regierungswerbewochen ausgerufen. Wie sonst ist es zu erklären, dass wir nochmal zum Gesetz reden und der Minister eine weitere PK macht, obwohl es im Ausschuss ohne Gegenstimme beschlossen wurde? Ich verlasse mich allerdings nicht auf die Werbung sondern teste die Produkte auch gern mal selbst. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin laut dpa-Meldung aus dem Werbespot bzw. der PK: „Unabhängig von Öffnungszeiten von Behörden ist es bereits möglich, Anträge auf Wohngeld online zu stellen. Gleiches gilt für Unterhaltsvorschüsse, Kinder- und Elterngeld sowie die sogenannte Eingliederungshilfe für Minderjährige. Auch Anträge für einen Angelschein lassen sich bereits online stellen.“
Also, „Es ist bereits möglich“, dann probiere ich das gleich mal aus. Zunächst mal das Kindergeld. Merkwürdig, das findet sich ja gar nicht im Serviceportal des Landes. Klar kann man Kindergeld online beantragen, aber halt über die Webseite der Familienkasse, die zur Bundesarbeitsagentur gehört. Sollte Minister Albrecht sich hier etwas mit den Federn von Hubertus Heil geschmückt haben? Na, ok, war bestimmt nur eine kleine Mogelei, halb so wild. Gucken wir mal beim Elterngeld. Wieder nichts auf dem Landesportal, aber auf der Webseite des Landesamtes für soziale Dienste. Hier wird auf das online-Angebot des Bundesfamilienministeriums verwiesen. Und damit man gleich weiß, woran man ist, sind folgenden Erläuterungen unsere Landesamtes direkt darunter: „Der Antrag kann aktuell noch nicht online an das Landesamt für soziale Dienste gesandt werden, sondern muss ausgedruckt und unterschrieben per Post oder Fax übermittelt werden.“ Verbunden mit dem Hinweis, dass man sich bei Fragen bezüglich ElterngeldDigital bitte gleich an das Bundesministerium wenden soll. Leute holt die Faxgeräte vom Dachboden. Sprachlos überprüfe ich die nächste Leistung: Unterhaltsvorschüsse. Wieder nichts auf dem Serviceportal! Über den Zuständigkeitsfinder werde ich auf die Seiten der Kreise verwiesen. Aber auch hier nur zwölfseitige Formulare zum Download. Nun kam ich mir schon etwas

1 veräppelt vor. Bei der Eingliederungshilfe für Kinder finde ich endlich das versprochene Angebot im Serviceportal. Das klappt, wenn sie zufällig im Kreis Segeberg wohnen. Wohngeld klappt auch. Also falls Sie in einer der acht Modellkommunen wohnen. Ok, letzte Chance Angelschein! Und die frohe Botschaft zum Abschluss meines kleinen Werbechecks lautet: Sie können jetzt bereits alle die vom Minister aufgezählten Leistungen uneingeschränkt auf dem Serviceportal digital beantragen, solange es sich um den Angelschein handelt! Das Leben schreibt doch die besten Satiren.
Die tatsächliche digitale Leistungsbilanz von Jamaika ist so mau, dass man sich bei den beispielhaft aufgezählten Leistungen entweder mit fremden Federn schmücken muss oder so tut, als ob unfertige Produkte bereits allgemein betriebsbereit wären. Ein bisschen weniger Werbung und ein bisschen mehr Ehrlichkeit wären gut gewesen, denn nur dann kann man ernsthaft analysieren, wo wir bei der Digitalisierung besser werden müssen. Schon ein Satz in Ihrer Pressemitteilung offenbart unser unterschiedliches Verständnis. „Das neue Gesetz digitalisiert und regelt verschiedene Bereiche der Verwaltung.“ Ein Gesetz digitalisiert gar nichts. Dafür braucht man Menschen, Mittel und den entsprechenden Willen. Leider hat Jamaika diesbezüglich alles abgelehnt, sowohl bei mehr Finanzmitteln, damit wir auch bei den Leistungen durch die Kommunen vorankommen, etwas mehr Personal und auch bei dem Setzen ambitionierterer Ziele was die Ausnahmen bei der digitalen Aktenführung und der Schriftformerfordernis angeht. Eine Schnecke bleibt eine Schnecke, auch wenn man sie digitalisiert.“



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