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23.03.22
14:56 Uhr
SPD

Özlem Ünsal zu TOP 32+34: Humanität ist das Gebot der Stunde!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 23. März 2022
Özlem Ünsal: Humanität ist das Gebot der Stunde TOP 32+34: Schleswig-Holstein bereitet sich auf die Aufnahme von Geflüchteten in Folge des Ukraine-Kriegs vor sowie Digitale Bedrohungssituation braucht eine leistungsfähige Cyberabwehr (Drs. 19/3705, 19/3708) „Wir ziehen durch Zeiten, in der wir als Land erneut gefordert sind. Eine Zeit, in der starke Verunsicherung herrscht und wieder bitterer Krieg in Europa Einzug hält. Bilder, die uns schockieren und das Herz zerreißen – weil durch sie das Leid spürbar wird, das die betroffenen Menschen ertragen müssen. Die Hilfsbereitschaft ist aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen groß. Das gilt auch für unser Bundesland. Krisen sind Zeiten des Handelns, des Zusammenhaltes. In Zeiten von Kriegen und Krisen ist Humanität das Gebot der Stunde.
Denn Putin erhebt nicht nur kriegerisch territoriale Ansprüche, sondern will auch mit Flüchtlingszuwächsen destabilisieren und unsere politische Aufmerksamkeit ablenken. Wir müssen darauf eine internationale und humanitäre Antwort finden. Am Ende muss das selbstbestimmte Leben der Betroffenen ermöglicht werden – unabhängig von der kurz- mittel- oder langfristigen Bleibeperspektive. Dafür darf sich Humanität und Solidarität wiederholen. Deshalb ist unser erklärtes Ziel schleswig-holsteinischer Landespolitik: Aufnahme, Betreuung und Erstversorgung bestmöglich zu organisieren! Denn die Gesamtlage gewinnt weiter an Dynamik und die Fluchtbewegungen werden in den kommenden Tagen und Wochen mit weiteren Herausforderungen für unser Bundesland verbunden sein.
Das betrifft insbesondere die Aufnahme, Unterbringung und Erstversorgung, aber auch Fragen der inneren Sicherheit und des Katastrophenschutzes. Die Aufnahme aus der Ukraine ist stark weiblich geprägt, da Ukrainer im Alter von 18 bis 60 Jahren aktuell nicht das Land verlassen dürfen. Ich begrüße es deshalb sehr, dass geflüchtete Mütter mit ihren Kindern nicht getrennt, sondern gemeinsam untergebracht werden. Das ist gut und richtig! Und zu unserer öffentlichen Schutzverantwortung gehört für mich auch, dass die ankommenden Frauen und Kinder nicht Opfer von Missbrauch, Menschenhandel oder Ausbeutung werden. Hierzu ist dringend angezeigt, mit den Fachberatungsstellen und Betreuungsverbänden im engen Austausch zu

1 bleiben. Ich habe mit großer Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass in unserem Bundesland bisher keine Erkenntnisse dahingehend vorliegen. Das soll auch so bleiben! Vor wenigen Tagen konnte ich mich gemeinsam mit der Innenministerin und den Abgeordnetenkollegen vor Ort in Segeberg informieren. Die Geflüchteten kommen hierbei nicht nur in unseren Landesunterkünften, sondern auch und vor allem bereits direkt in den kommunalen Unterkünften an. Das entwickelt sich sowohl für die aufnehmenden Kommunen als auch für die ehrenamtlich Engagierten mit steigenden Zahlen zum Kraftakt. Aufnahme und Betreuung auf der einen Seite - Vernetzung und Organisation von sozialem Frieden auf der anderen Seite. Letzteres scheint mir genauso wichtig! Deshalb müssen wir unseren Kommunen, der Zivilgesellschaft und unseren haupt- wie ehrenamtlichen Unterstützungssystemen den Rücken stärken. Hierzu gehört der finanzielle Ressourcenaufwuchs genauso wie die personelle Stärke. Und es braucht allem voran Zuversicht und Vertrauen. Dafür müssen wir die Durchhaltefähigkeit aller Beteiligten und die Aufnahmekraft des Landes aktivieren. Hierzu muss das Land transparent kommunizieren, gut koordinieren, absichern und Strukturen bereitstellen. In unserem Bundesland gibt es viel Expertise und Solidarität, um es gemeinsam zu schaffen. Aber wir sind uns auch einig: mit Blick auf die aktuellen Geflüchteten – Frauen mit Kindern oder Gruppen von Menschen mit Behinderungen etc. – braucht es noch ein genaueres Augenmerk auf die Aufnahmestrukturen für besondere Zielgruppen.
Wohnraum: ich nehme mit großer Freude die Bereitschaft vieler Schleswig-Holsteiner, Wohnraum privat und unbürokratisch zur Verfügung zu stellen, wahr. Gleiches gilt für die Wohnungswirtschaft im Norden. Hierbei muss dringend darauf geachtet werden, dass das Mietrecht nicht eine Aufnahme von Geflüchteten verhindert. Da kommen ja jetzt „UntermieterInnen“ und von den gemeinsamen Wasserzählern gar nicht zu reden. Das darf nicht zum Hemmnis für die Hilfsbereitschaft der Privaten werden.
Traumabewältigung: Aus meiner langjährigen Berufs-erfahrung als Sozialarbeiterin und Pädagogin weiß ich, welche dramatischen Folgen Krieg, Vertreibung und Todesangst für die Psyche haben können. Die Geflüchteten haben nicht nur Todesangst hinter sich, sondern auch das Trauma des Krieges im Gepäck
Krieg zerstört nicht nur den äußeren Lebensraum, sondern auch die vielen Seelen. Wie stark sich diese kognitiven und emotionalen Beeinträchtigungen auf Betroffene und ihr Umfeld auswirken, hängt auch von den Verfasstheit der Bezugspersonen und nicht zuletzt der zugänglichen Ersthilfe ab. Wir müssen deshalb gemeinsam in unseren Hilfestrukturen dafür Sorge tragen, dass auch die psychische Verarbeitung frühzeitig funktioniert und keine Flashbacks hervorgerufen werden. Das muss in unser aller Interesse sein – für die Betroffenen ganz persönlich sowie für unser öffentliches soziales Zusammenleben.


2 Abschließend gilt mein Dank allen Beteiligten, angefangen von den Ehrenamtlichen, den Service- und Sicherheitskräften, dem medizinischen Fachpersonal, den Betreuungseinrichtungen bis hin zu unseren Verwaltungsfachkräften für die engagierte Arbeit! Nicht zuletzt gilt meine tiefste Verbundenheit allen Schleswig-Holsteiner*innen für die Hilfsbereitschaft, das Öffnen von Wohnraum im ganzen Land und der Vielzahl an Spenden, um das Leid der Betroffenen zu lindern.“



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