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06.09.22
14:59 Uhr
B 90/Grüne

Lasse Petersdotter zum Grünen Positionspapier für koordinierte Hafenpolitik

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 182.22 / 06.09.2022
„Raus aus der Konkurrenzfalle“ – Grüne steuern im Norden eine gemeinsame und koordinierte Hafenpolitik an
Die Grünen in Norddeutschland wollen die Konkurrenz in der Hafenpolitik der jeweiligen Bundesländer überwinden. Die Entwicklung der deutschen Seehäfen soll sich künftig an gemeinsamen Interessen ausrichten und unter anderem mit einem norddeutschen Ha- fenplan koordiniert werden. Das gemeinsame Ziel laute „Raus aus der Konkurrenzfalle“ und bedeute eine gemeinsame und koordinierte Hafenpolitik in den fünf norddeutschen Bundesländern mit Seehäfen, heißt es in einem Strategie- und Positionspapier, dass die Vorsitzenden der fünf Grünen-Fraktionen in den Landesparlamenten von Bremen, Ham- burg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein am Dienstag in Cuxhaven vorgestellt haben.
Nur so lassen sich die immensen wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen für die Häfen als zentrale Umschlagplätze mit ihrer Schlüsselfunktion für die deutsche Wirtschaft und besonders die norddeutschen Küstenregionen bewältigen. Die Rolle der Seehäfen als Knotenpunkt globaler Wirtschaftsbeziehungen wird derzeit besonders deut- lich an den Lieferkettenstörungen infolge der Corona-Pandemie und den Auswirkungen des russisch-ukrainischen Kriegs h. Auch für die künftige Energiesicherung und Energie- erzeugung sind die Häfen bedeutend.
Die Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen im Norden wollen die Hafenpolitik länderübergreifend und in Kooperation mit dem Bund an gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen, aber auch am Gewässer- und Klimaschutz neu ausrichten. Das Ziel der Kli- maneutralität verlangt von der Schifffahrtsbranche einen gewaltigen Kraftakt in Richtung nachhaltiger Antriebstechnologien. Die Digitalisierung verändert die betrieblichen Pro- zesse in der maritimen Wirtschaft enorm. Der Wandel von Berufsbildern und Qualifikati- onen ist bei den Beschäftigten angekommen.
Seite 1 von 4 „Die vertiefte und systematische Kooperation der deutschen Seehäfen ist aus grüner Sicht ein zwingendes Gebot der ökonomischen und ökologischen Vernunft“, stellen die Fraktionsvorsitzenden in dem Positionspapier heraus. „Alle Hafenstandorte können sich zu Zentren der sozial-ökologischen Transformation und zu Innovations-Hotspots für die gesamte deutsche Wirtschaft (…) und zu Vorreitern einer nachhaltigen Hafenentwicklung in Europa und weltweit entwickeln.“
Die wirtschaftliche Konkurrenz der norddeutschen Hafenstädte erweist sich auch vor dem Hintergrund europäischer Mitbewerber und der Marktmacht großer Reederei-Allianzen für alle seit Jahren als problematisch. Die globale Entwicklung der Schiffsgrößen bei Con- tainerschiffen setzt unsere Häfen und die Gewässerökologie unter Druck. Mit einer Ko- operation über Landesgrenzen hinweg soll der folgenreiche Wettbewerb auf Kosten von Umwelt und Wirtschaftlichkeit und damit letztlich der Steuerzahler*innen beendet werden. Ziel muss es sein, die deutschen Seehäfen schiffbar und funktionsfähig zu halten und ihre Eigenständigkeit und Alleinstellungsmerkmale zu stärken. Den Kreislauf von immer größeren Containerschiffen, die zu immer weiteren Flussvertiefungen führen, wollen wir stoppen. Die Seehäfen können so gemeinsam an Effizienz und Nachhaltigkeit gewinnen, insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung der Hafenwirtschaft, die Schaffung von Inf- rastrukturen für eine klimafreundliche Schifffahrt und die Fachkräftegewinnung. Dazu die- nen neben einem von der Politik zu entwickelnden norddeutschen Hafenplan auch Ko- operationen der Terminalbetreiber und der Port Authorities.
Gerade für die Nachhaltigkeit müssen sich Länder und Bund auf nachprüfbare Ziele ver- ständigen. Ein ökologisches Sedimentmanagement kann den Baggerbedarf reduzieren und geeignetes Baggergut bspw. für Klimafolgenanpassungen im Deichbau oder zur Lan- derhöhung nutzen. Die Fraktionsvorsitzenden sehen sich in der Verantwortung, einma- lige Lebensräume wie das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer, die Küstenregionen, Nordsee-Inseln, den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und die Flussge- bietsgemeinschaften von Elbe, Weser und Ems zu schützen. Diese Flüsse und ihre Mün- dungen sind durch fortwährende Fahrrinnenvertiefungen aus dem Gleichgewicht geraten. Die Fürsorge dafür ist Sache von Bund und Ländern, wobei der Bund eine koordinierende Funktion übernehmen und seine direkten Investitionen sowie Finanzhilfen an Zielen und Nachhaltigkeitskriterien knüpfen muss.
Deshalb wollen die Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen in den fünf nord- deutschen Landesparlamenten mit den norddeutschen Seehäfen die sozial-ökologische Transformation gemeinsam kraftvoll vorantreiben – und zwar durch:
1. Eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen den norddeutschen Seehäfen, insbe- sondere in den Bereichen Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Marketing und Fach- kräftegewinnung. Es gilt, die Stärken unserer Standorte auszubauen und die Herausforderungen des Strukturwandels in der maritimen Wirtschaft gemein- sam zu bewältigen. 2. Eine vorausschauende Koordinierung von Investitionsplanungen zum Aufbau der Versorgungsinfrastruktur für eine emissionsärmere und klimaneutrale Schifffahrt sowie als Beitrag für eine versorgungssichernde Energiewende. In- vestitionen sind effizient und zielgerichtet zu tätigen, hier kann der Bund über seine Investitions- und Fördertätigkeit koordinierend wirken. 3. Eine länderübergreifende Sedimentmanagementstrategie, die den Lebens- raum Meer schützt, unsere Flüsse nachhaltig bewirtschaftet und einen zu- kunftsfesten Hochwasserschutz gewährleistet. Ein zeitnah einzuberufender norddeutscher Sedimentmanagementgipfel mit dem Ziel einer nachhaltigen 2 Einigung zwischen den Küstenländern zusammen mit dem Bund soll dafür die Grundlagen schaffen. 4. Einen generellen Verzicht auf weitere Fahrrinnenvertiefungen in den norddeut- schen Ländern. 5. Stärkere Kontrollen und die Durchsetzung internationaler Verpflichtungen in unseren Häfen sowie auf europäischer und globaler Ebene, um gute Arbeits- bedingungen, Arbeitsschutz sowie die Sicherung von Containern und Ladung zu gewährleisten.

Kurzstatements der Fraktionsvorsitzenden der Grünen in den 5 norddeutschen Landesparlamenten
Lasse Petersdotter, Schleswig-Holstein
„Die Hafenlandschaft Schleswig-Holsteins leistet einen wichtigen Beitrag zur Energie- wende. Für die Verarbeitung und Produktion Erneuerbarer Energien ist eine verlässliche Infrastruktur an den Küsten maßgeblich. Das Logistikkreuz von Elbe und Nord-Ostsee- Kanal in Brunsbüttel ist die ideale Basis für die Verteilung und Verarbeitung von Grünem Wasserstoff. Starke Häfen sind für eine klimafreundliche Logistik entscheidend. Etwa für die Offshore-Windparks über den Standort Helgoland in Schleswig-Holstein. Um unsere Gesamtwirtschaft nachhaltig auszurichten, brauchen wir gut synchronisierte Häfen mit ausgebauten Hinterland-Anbindungen mit einem robusten Schienennetz.“
Björn Fecker, Bremen
„Immer größer, immer tiefer, immer egoistischer - mit diesem Geschäftsmodell droht den Häfen der Untergang. Die deutschen Seehäfen müssen auf Kooperations-Kurs gehen, wenn sie gegen die Konkurrenz aus Rotterdam und Antwerpen bestehen wollen. Damit lässt sich die Flaute in den Häfen abwenden. Die Hafenkooperation kann kräftigen Rü- ckenwind für den wirtschaftlichen Erfolg und die Sicherung von Arbeitsplätzen entfalten. Die derzeitige Konkurrenz von Hamburg, Bremen und Niedersachsen um dieselben Con- tainerschiffe führt zu Doppelt- und Dreifachinvestitionen in die Hafenstandorte, die zu- sammen klüger genutzt werden können: für die rasche Digitalisierung der Hafenwirt- schaft, für mehr Flächeneffizienz, Infrastrukturen für eine klimafreundliche Schifffahrt und nicht zuletzt für die Fachkräftegewinnung. Eine gemeinsame Hafenstrategie für die Deut- sche Bucht macht vor allem auch immer weitere Flussvertiefungen mit ihren fatalen Fol- gen für die Umwelt überflüssig. Ökonomisch und ökologisch ist die Hafenkooperation das Gebot der Stunde."
Dominik Lorenzen, Hamburg
„Von einer guten Zusammenarbeit werden wir Hamburger*innen langfristig auf vielen Ebenen profitieren. Nur durch starke Kooperation können wir unseren Wohlstand erhal- ten. Nur in einem tragfähigen Netzwerk wird der Hamburger Hafen in einer Welt der glo- balen Warenströme seine Stärken optimal ausspielen. Ökologie und Ökonomie müssen dabei nachhaltig zusammengeführt werden. In der Vergangenheit hatte der wirtschaftli- che Druck auf Entscheidungen wie Elbvertiefungen fatale Folgen für Flora und Fauna und letztlich auch für die Menschen in Hamburg. Wir müssen dafür sorgen, dass die na- türlichen Ressourcen der Elbe für nachfolgende Generationen geschützt und nachhaltige Lösungen für unseren Hafen gefunden werden. Das geht nur gemeinsam mit unseren Nachbarn. Einen wichtigen Anfang haben wir heute mit unserem gemeinsamen Strate- gie- und Positionspapier gemacht.“ 3 Dr. Harald Terpe, Mecklenburg-Vorpommern
„Die Kooperation der Küstenländer eröffnet die Chance, dass die norddeutschen Hafen- standorte zu Innovationstreibern werden: für Umwelt- und Klimaschutz, für sichere und saubere Energieversorgung, für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne, für Qua- lität statt Billigkonkurrenz. Die Schifffahrt hat langfristig nur eine Perspektive, wenn wir die Zukunft für die hier beschäftigten Menschen sozial und nachhaltig gestalten. Lohn- dumping und geringen Sicherheitsanforderungen müssen wir mit vereinten Kräften ent- gegentreten. Gemeinsam wollen wir deshalb für gute Arbeit- und Ausbildungs-bedingun- gen sorgen, Fachkräfte gewinnen und dadurch unsere Hafenstandorte sichern. Mit dem Seehafen Rostock als größten Hafen an der deutschen Ostseeküste geht auch für uns in Mecklenburg-Vorpommern eine besondere Verantwortung einher. Wir fühlen uns der ma- ritimen Wirtschaft verpflichtet, sie ist in der Tradition unseres Bundeslandes fest veran- kert. Doch die Zeichen der Zeit sind klar: Nur in einem starken Verbund bleibt die nord- deutsche Hafenlandschaft international konkurrenzfähig.“
Julia Willie Hamburg, Niedersachsen
„Gemeinsam geht es besser! Das soll künftig auch in der Hafenpolitik in Deutschland gelten. Wir müssen erkennen, welche wirtschaftlichen Nachteile und ökologischen Schä- den die Konkurrenz der deutschen Seehäfen und die Scheuklappen der regionalen Ha- fenpolitiken bis heute hat. Das wollen wir beenden. Wir wissen, dass dies ein ehrgeiziger Plan ist. Wir wollen in unseren jeweiligen Ländern das Konkurrenzdenken der Standorte untereinander beenden und den Kreislauf aus Flussvertiefungen und Schlickverklappun- gen beenden. Nur Kooperation stärkt unsere Häfen langfristig, sichert Arbeitsplätze und vermeidet ökologische Konflikte frühzeitig. Zukunftsfähige Häfen sind ein zentraler Be- standteil einer klimagerechten Wirtschaft und lebendiger Flüsse und Meere.“
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