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30.09.22
10:28 Uhr
SPD

Birte Pauls zu TOP 18: Schwangere Frauen müssen von Beginn an gut betreut werden!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 30. September 2022
Birte Pauls: Schwangere Frauen müssen von Beginn an gut betreut werden! TOP 18: Schließungen von Geburtskliniken sofort stoppen – Unhaltbare Zustände beenden (Drs. 20/224(neu), AltA 20/295, AltA 20/314) „Seit Jahren reden und diskutieren wir hier im Landtag zur Situation der Geburtshilfe. Und es ändert sich nichts, im Gegenteil die Situation verschlechtert sich weiter. Und die Landesregierung schaut zu. Im Jahr 2021 sind in Schleswig-Holstein 21.428 Kinder geboren, 580 mehr als im Vorjahr. Das ist toll. Aber was passiert gegensätzlich zu diesem Trend, die Kapazitäten in der Geburtshilfe werden abgebaut. 6201 Kinder wurden 2021 in einer Geburtsklinik mit Level 4, also die niedrigste Versorgungsstufe, geboren. Von diesen Kliniken gab es 2021 noch 9 im Land. 3126 Kinder erblickten das Licht der Welt in einer Klinik mit Level 3, 3886 Kinder wurden in einem Perinatalzentrum mit Level 2 geboren. Davon haben wir 3 im Land, die räumlich allerdings relativ dicht beieinander liegen, 8215 Geburten fanden in einem Perinatalzentrum des Levels 1 statt mit einem maximalen Angebot an medizinischer Versorgung. Dort sind Risikoschwangerschaften besonders gut aufgehoben. Geburtskliniken mit Level 3 und 4 sollten nur Schwangere ohne Risikofaktoren und zeitgerechte Geburten betreuen. Dies sind allerdings 90 % aller Geburten. Von den 9 Kliniken mit Level 4 haben aber aktuell 4 geschlossen, bzw. haben angekündigt zu schließen, wie zuletzt Henstedt-Ulzburg, wo im letzten Jahr 791 Geburten stattgefunden haben. Und ich befürchte, dass weitere Geburtskliniken des Levels 4 folgen werden. Das bedeutet aktuell berechnet auf die Geburtszahlen aus dem Jahr 2021, dass 1945 Geburten zusätzlich in anderen Häusern stattfinden. Glaubt irgendwer, dass das mit der angeblich begründeten Qualitätssteigerung einhergeht? Nein.
Ganz im Gegenteil. In den umliegenden Geburtskliniken gab es schon im Vorfeld ein Mangel an Hebammen. Die notwendigen Kreissäle fehlen. Die Annahme, dass die Hebammen automatisch in die nächstgelegene Klinik wechseln, hat sich nicht bestätigt. Berichte aus dem UKSH und anderen Krankenhäusern konnten wir alle lesen. Von der Umsetzung der S1-Richtlinie und einer 1:1 Betreuung während der Geburt durch eine Hebamme sind wir an zu vielen Stellen weit entfernt. Und was macht das Kabinett Günter I und II? Es schaut seit Jahren zu, lässt einer kalten Strukturbereinigung ihren Lauf.

1 Aber Geburtshilfe darf kein Markt der Möglichkeiten sein, sondern muss Teil der medizinischen Grundversorgung sein und vom Land aus koordiniert werden! Die Landesregierung nimmt die Schließungen zur Kenntnis und reagiert, wenn überhaupt, nur zögerlich und vor allem verspätet. Die Geburtshilfe in Eckernförde wurde sogar Anfang des Jahres mit tatkräftiger und finanzieller Unterstützung der Landesregierung geschlossen. Im letzten Sozialausschuss hörten wir zwar, dass im neuen UKSH an beiden Standorten die Kreißsäle noch ausgebaut werden sollen, aber das ist doch die verkehrte Reihenfolge. Die Landesregierung hat die Versorgung der Mütter und Kinder sicherzustellen. Die Frauen müssen von einem positiven Schwangerschaftstest an gut betreut werden und wissen, wo ihr Weg zur Geburtshilfe ist. In den Kliniken muss eine gute Geburtsatmosphäre vorhanden sein. Es ist eine Katastrophe, dass so viele junge Familien monatelang nach einer Hebamme für Vor-und Nachsorge suchen müssen und in den Kliniken eine stressige Situation vorfinden.
Ich habe vor kurzem kleine Anfragen zum Thema Geburtshilfe und Situation der Hebammen und deren Ausbildung gestellt. Die Antworten sind jetzt da und lassen mich etwas fassungslos zurück, denn sie sind geprägt von Planlosigkeit. Wir haben zwar genügend Bewerberinnen für die Studienplätze, aber leider zu wenige Kliniken für den praktischen Teil der Ausbildung, weshalb einige Studierende schon nach Mecklenburg-Vorpommern ausweichen müssen oder Studienplätze nicht belegt werden können. Wann und ob Studienplätze, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, ausgebaut werden, bleibt daher auch ohne Antwort. Einen aktuellen Überblick über die Anzahl der tätigen Hebammen hat man leider auch nicht. Die Sozialministerin verlässt bei dem Thema die Sozialausschusssitzung und ist, obwohl für Frauen, Kinder und Familien zuständig, an der Situation in der Geburtshilfe augenscheinlich nicht interessiert. Ein weiterer Beweis dafür, dass es verkehrt war, Gesundheit aus dem Sozialministerium zu trennen. Denn Geburtshilfe ist nicht nur ein medizinisches Thema, sondern in hohem Maße auch ein Familienpolitisches und muss ganzheitlich betrachtet werden.
Ich erwarte, dass diese Landesregierung sich endlich ihrer Verantwortung für eine flächendeckende Geburtshilfe mit wohnortnaher Versorgung vor und nach der Geburt durch Hebammen bewusst wird und endlich handelt. Nach Berlin brauchen Sie dieses Mal nicht zu rufen. Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene gibt ihnen alle Möglichkeiten endlich zu handeln! Ich beantrage Ausschussüberweisung um endlich eine Anhörung zum Thema Geburtshilfe durchzuführen. Die war von Jamaika nicht mehr gewünscht.“



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