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12.05.23
10:55 Uhr
B 90/Grüne

Jan Kürschner zur Zahlungspflicht bei Polizeieinsätzen

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 TOP 37 – Zahlungspflicht bei Polizeieinsätzen 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de Jan Kürschner: www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 153.23 / 12.05.2023


Der Antrag offenbart ein äußerst fragwürdiges Freiheitsverständnis
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,
Straftaten wollen wir nicht, will niemand. Wir sind der Landtag Schleswig-Holsteins. Wir entscheiden über die Gesetze dieses Landes. Wir wollen unser Recht stark. Wir wollen, dass das Recht durchgesetzt wird – ohne Ausnahme. Wenn die Gesetze nicht eingehal- ten werden, dann muss es Konsequenzen haben. Selbstverständlich. Und wir wollen da- bei nicht mit zweierlei Maß messen.
Ich sage Ihnen jetzt, was alles geltendes Recht ist, das es konsequent durchzusetzen gilt: Der deutsche Staat - auch Schleswig-Holstein - ist zum Klimaschutz und Erreichen der Klimaneutralität gesetzlich verpflichtet. Das ist keine grüne Wunschvorstellung, son- dern ergibt sich Art. 20a GG. So sagt es uns deutlich das Bundesverfassungsgericht.
In Paragraf 1 Abs. 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetz steht: “Ziel dieses Gesetzes ist insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes die Transformation zu einer nachhaltigen und treibhausgasneutralen Stromversorgung, die vollständig auf erneuer- baren Energien beruht.” Das ist Gesetz.
Als nächstes Paragraf 2 EEG: “Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treib- hausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.” Auch das ist Gesetz.
Und Paragraf 1 des schleswig-holsteinischen Energiewende- und Klimaschutzgesetzes, ohrenschonend nur auszugsweise: “Zweck dieses Gesetzes ist es, durch die Festlegung von Klimaschutzzielen (…) die Belange des Klimaschutzes zu konkretisieren, zu stärken und dafür notwendige Umsetzungsinstrumente zu schaffen. Grundlage hierfür sind die Seite 1 von 2 nationalen und europäischen Klimaschutzziele sowie die Verpflichtung nach dem Über- einkommen von Paris (…), wonach der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur (…) möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen ist. (…)“ Dies ist alles Gesetz.
Ein ähnliches großes Engagement der FDP zugunsten des Rechts hätte der Klimaschutz sicher verdient. Statt dem Klimaschutz immer wieder nur ein Tempolimit zu setzen. Wann begreifen Sie eigentlich Klimaschutz als Chance? Der Groschen ist noch nicht bei allen gefallen.
Zum konkreten Antrag. Wir sollen die Landesregierung auffordern, Personen, die das Demonstrationsrecht durch Grenzüberschreitung missbrauchen, mit den entstehenden Kosten zu belegen. Nein! Genau das verwehrt uns schon das Grundrecht auf Versamm- lungsfreiheit in Art. 8 GG.
In Schleswig-Holstein gilt der Paragraf 26 Versammlungsfreiheitsgesetz. Danach werden im Rahmen von Versammlungen keine Kosten erhoben. Das ist völlig richtig so. Bundes- verfassungsgericht sagt, eine Kostenpflicht hätte ganz klar eine Eingriffsqualität und würde die Grundrechtsträger von der Ausübung des Grundrechts abhalten.
Wer würde denn noch politische Versammlungen veranstalten oder daran teilnehmen, wenn man danach vielleicht den Polizeieinsatz bezahlen muss? Die FDP zündelt hier mit Drohgebärden gegenüber unliebsamen Protesten. War so etwas auch bei den Corona- Protesten zu hören, die ja schließlich auch Polizeikräfte gebunden haben?
Der Antrag offenbart ein äußerst fragwürdiges Freiheitsverständnis und steht einer Partei, die für sich in Anspruch nimmt, die Verteidigung der Bürgerrechte einzustehen, nicht gut zu Gesicht. Die FDP sollte nicht vergessen, dass keinesfalls klar ist, ob Aktionen der letzten Generation nicht Demonstrationen sind, die ebendurch das Grundgesetz und das Versammlungs - Achtung - Freiheitsgesetz in Schleswig-Holstein besonders geschützt sind.
Und auch Ihr Rechtsstaatsverständnis lässt mir die Haare zu Berge stehen. Wenn Sie Rechtsstaat sagen, meinen Sie “Law and Order”. “Rechtsstaat” bedeutet nicht die ganze Härte des Gesetzes. Rechtsstaat meint in erster Linie das Behaupten der Rechte der Bürger*innen gegenüber dem Staat.
Und das auch noch ohne entsprechenden Anlass: Denn Gewahrsamsnahmen sind ja in Schleswig-Holstein bislang im Rahmen der Klimaprotestaktionen der Letzten Generation überhaupt nicht erforderlich gewesen. Das wirklich drängende Problem dieser Zeit – den Klimaschutz – lässt die FDP völlig unbeachtet.
Noch können Sie den Antrag zurücknehmen. Ansonsten bin ich gespannt auf die Bera- tung im Ausschuss.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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