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14.06.23
10:42 Uhr
SPD

Thomas Losse-Müller zu TOP 31: Auch bei der Photovoltaik simuliert Schwarz-Grün Politik

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 14. Juni 2023
Thomas Losse-Müller: Auch bei der Photovoltaik simuliert Schwarz-Grün Politik TOP 31: Erlass zur Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen weiterentwickeln (Drs. 20/1072)
„Wenn man Ihren Antrag liest und Ihnen zuhört, dann fühlt sich das wie betreutes Regieren an. Sie fordern Ihre Landesregierung auf - ich zitiere: „neue bundesgesetzliche Rahmenbedingungen […] zu berücksichtigen“ oder „Unklarheiten auszuräumen“. Ich gehe davon aus, Frau Ministerin, dass Sie das wissen. Ist doch bemerkenswert: Beim Haushalt darf die Regierung einfach mal so kürzen – ohne Debatte im Landtag. Aber bei einem Erlass zu Freiflächen Photovoltaik-Anlagen muss eng geführt werden. An einem Mittwochmorgen um 10 Uhr! Primetime!
Ich hätte wirklich gern von Ihnen gehört, wie Sie denn die großen Fragen rund um das Thema Photovoltaik entscheiden wollen. Es gibt ja Grundsatzentscheidungen, die eine Diskussion im Landtag an einem Mittwoch um 10 Uhr lohnen würden. Sollen wir das wenige Land, das uns noch zur Verfügung steht für die Erzeugung von sauberer Energie nutzen oder zur Sicherung unserer Ernährung? Dürfen Landbesitzer 4.000 Euro pro Hektar damit verdienen, dass sie Land an Investoren von außerhalb verpachten, oder müssen wir das Land für heimische Landwirte reservieren, damit die ein Auskommen und wir genug Lebensmittel haben? Wollen wir den einfachen Weg gehen und den notwendigen Ausbau von Photovoltaik vor allem in der Freifläche zulassen, oder gehen wir den mühsamen Weg der Nutzung von vorhandenen Dächern? Hinter dieser Frage steckt auch die Frage, welche Rolle das Land einnehmen soll. Freiflächensolar ist einfach: Da kommen Investoren mit tiefen Taschen und einem funktionierenden Geschäftsmodell und bauen das. Bei der Nutzung von Dächern müssen wir unangenehmere Fragen beantworten: Gibt es eine Pflicht für Hausbesitzer? Wo sollen die Hausbesitzer das Geld hernehmen, um die 15.000 Euro zu bezahlen? Wenn die Stadtwerke das organisieren sollen, wo nehmen die das Kapital her? Wie schaffen wir die notwendigen Netzanschlüsse? Soll SH Netz wirklich entscheiden dürfen, wo Solar gebaut werden darf? Wollen wir es zulassen, dass so grundlegende planerische Entscheidungen aus der Logik eines kommerziellen Unternehmens getroffen werden?


1 Diese Zielkonflikte können nur politisch beantwortet werden. Da muss sich eine Gesellschaft entscheiden und dazu müssen Sie hier im Parlament eine Haltung entwickeln. Die Landesregierung braucht eine Richtung, die diese Zielkonflikte löst. Dafür braucht es dann aber mehr als die Aussage, dass eine Kombination aus Landwirtschaft und Freiflächen- Photovoltaik „wünschenswert“ ist. Wünschen kann man sich vieles. Genauso kann man vieles „prüfen“. Auch das steht ja in Ihrem Antrag. Sie verlagern damit Konflikte, die Sie nicht lösen können, auf die Landesregierung. Und die schiebt sie dann vermutlich zu den Kommunen.
Dabei gibt es längst praxistaugliche Konzepte, um Nutzungskonflikte aufzulösen. So hat der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern 2021 entschieden, dass es auf landwirtschaftlichen Flächen im Grundsatz erstmal gar keine PV-Anlagen geben soll! Von dieser Regelung darf aber abgewichen werden, wenn ein Projekt in vielen gesellschaftlichen Dimensionen besonders gut bewertet wird. Da gibt es einen Katalog mit 15 Kriterien mit denen man Bonuspunkte und manchmal auch Maluspunkte erreichen kann. Wenn man 100 Punkte schafft, dann darf man trotzdem bauen. 20 Punkte gibt es beispielsweise für eine fortschrittliche Bürgerbeteiligung oder 10 Punkte, wenn die Betreiberfirma in der Gemeinde sitzt. Je nach Qualität des Bodens gibt es Zusatzpunkte oder Punktabzüge gemessen an den Bodenpunkten.
Das heißt: Da hat sich Politik hingesetzt und gesagt: Wir wollen Zielkonflikte sinnvoll und nachvollziehbar auflösen. Wir trauen uns, gesellschaftliche Ziele abzuwägen und zu bewerten. Wir setzen Anreize: Der Einbezug in regionale Energiesysteme (also eine Gemeinde nutzt die lokale Solaranlage für ihre eigene Mobilität oder Wärme) oder die Förderung von Naturschutzkonzepten werden durch zusätzliche Punkte angeregt. Warum trauen Sie sich das eigentlich nicht? All das regelt ihr Antrag nicht. Und sie geben nicht mal den klaren Auftrag, das zu regeln. Das wäre aber ihr Job! Auch hier simulieren Sie Politik statt wirklich etwas zu verändern.“



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