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14.06.23
15:58 Uhr
B 90/Grüne

Dirk Kock-Rohwer zur Aufnahme autochthoner Minderheiten in das Grundgesetz

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 15 + 28 + 43 + 44 - Stärkung der Wissensvermittlung zu den vier nationalen Minderheiten und der Pressesprecherin Sprecher*innengruppe Niederdeutsch Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der minderheitenpolitische Sprecher Düsternbrooker Weg 70 der Landtagsfraktion von Bündnis90/die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Dirk Kock-Rohwer: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 189.23 / 14.06.2023


Autochthone Minderheiten ins Grundgesetz aufnehmen
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
mehr als 50 Millionen Menschen in der Europäischen Union gehören einer Minderheit an. Das sind mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung der EU und mehr als 15-mal so viele Menschen, wie sie in Schleswig-Holstein zu Hause sind.
Minderheiten, das sind nicht einfach nur Randerscheinungen in unserer Gesellschaft. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil unserer kulturellen Identität. Wir hier im Land wissen das nur zu gut: In Schleswig-Holstein können wir neben Hochdeutsch auch Friesisch, Dänisch, Plattdeutsch und Romanes hören. In unserem Land leben drei anerkannte na- tionale Minderheiten und wir tun viel für die Förderung, den Erhalt und die Beteiligung dieser am gesellschaftlichen Leben. Und dass wir das tun, ist richtig so.
Bei allen guten Bemühungen müssen wir dennoch wachsam sein; nämlich gerade dann, wenn es um den Schutz von Minderheiten und die Förderung derer Sprachen geht: Laut dem UNESCO Atlas of the World’s Languages existieren in der Europäischen Union 128 Sprachen, die als bedroht gelten, und das, trotz aller bisherigen Bemühungen.
Erkennen wir die Bedeutung von Sprache, nicht nur für die gesellschaftliche Teilhabe, sondern als integralen Bestandteil unserer kulturellen Identität an und bedenken wir, dass zu jeder Sprache immer auch Menschen und Gemeinschaften gehören, die diese als Teil ihrer Identität erleben, dann besteht hier nach wie vor dringender Handlungsbedarf. Aus diesem Grund befürworte ich klar die Aufnahme autochthoner Minderheiten in das Grund- gesetz. Seite 1 von 2 Und es ist nur konsequent, dies als Schleswig-Holsteiner zu fordern, leben doch – wie bereits erwähnt – drei der vier anerkannten autochthonen Minderheiten mitten unter uns, als fester Teil unserer Gesellschaft. Genau aus diesem Grund muss deren Schutz auch im Grundgesetz verankert werden, denn nicht zuletzt ist es unsere Identität, die dieses Gesetz schützt.
Leebe Lüt, We dörp nich vergeeten dat we bit 1864 uk hier in Kiel to dat Königriek Dänemark hört hept. Aver al domols hett dat hier bi uns verscheedene Spraken geben. Plattdütsch hebt se meist all schnackt, blots de rieken und klogen Lüd hebt Hochdütsch schnackt, hüt sind we all beten klöger wurn und künt uk all tosomen hochdütsch. Aver we shullen dat Platt- dütsche nich vergeten, den dat gehört uk to unsere Identität, genau as dat Friisk, dat Friesische an de Westküst und den dansk, dat dänische in de nördlichen landsdelen. Und dorüm geit dat ok in de scholen, we nennt dat „Wissensvermittlung.“ Und de spraken vun de Minderheiten dörp hier nich vergeten warn.
Als Land müssen wir weiterhin Vorbild sein. Nehmen wir das Beispiel Dänisch. Dänisch ist für uns keine Fremdsprache, sondern per Definition eine Nachbarsprache. Denn Dän*innen sind unsere Nachbar*innen und die dänische Minderheit ist ein integrierter Bestandteil unserer Geschichte und unserer Gegenwart. So besuchen mehr als 5.500 Schüler*innen die insgesamt 40 dänischen Schulen im Land und viele andere lernen in Schule, Studium oder Beruf Dänisch. Das müssen wir als Land weiter fördern und unter- stützen. Durch die entsprechenden Materialien, durch Angebote und Partnerschaften.
Denn wie wir auf Fehmarn beobachten können, wachsen wir weiter zusammen: wirt- schaftlich, aber auch kulturell und sozial. Aus diesem Grund müssen wir gerade auch den Austausch junger Menschen weiter unterstützen. Denn gerade hier liegt die Zukunft un- serer Region. Wir wollen eine Region sein, die eine Grenze nicht als Abgrenzung, son- dern vielmehr als Verbindung, als Chance begreift. Sprache kann hier wie kaum etwas anderes helfen, den Horizont zu erweitern und bestehende Barrieren abzubauen.
Wir sprechen unter diesem Tagesordnungspunkt heute zu verschiedenen Anträgen und Berichten. Es gibt allerdings einen zentralen, gemeinsamen Nenner: Wir wollen ein Land der Vielstimmigkeit sein, das seine Vielfalt fördert und nutzt. Dazu gehört nicht nur der bedingungslose Schutz von Minderheiten, sondern auch die Förderung von deren Kultur und Sprache. Das, liebe Kolleg*innen, ist die Richtung, in die wir gehen wollen.
Vielen Dank.
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