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16.06.23
12:43 Uhr
B 90/Grüne

Oliver Brandt zur Tilgung der Corona- und Ukraine-Notkredite

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin TOP 3 – Feststellung eines gemeinsamen Tilgungsplans für Claudia Jacob die zur Bekämpfung der SARS-CoV-2/COVID19-Pandemie Landeshaus sowie zur Abfederung der finanziellen Herausforderungen in Düsternbrooker Weg 70 Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ge- 24105 Kiel mäß Artikel 61 Absatz 3 der Verfassung des Landes SH er- Zentrale: 0431 / 988 – 1500 folgten Überschreitungen der zulässigen Kreditaufnahme Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher der Land- presse@gruene.ltsh.de tagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 183.23 / 14.06.2023 Oliver Brandt:



Die gemeinsame Tilgung der Corona- und Ukraine-Not- kredite wird nun in Gesetzesform gegossen
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Definition für Ausnahmen von der Schuldenbremse ist in Artikel 61 der Landesverfas- sung klar geregelt: Für den Fall von Naturkatastrophen und außergewöhnliche Notsitua- tionen kann vom Grundsatz abgewichen werden, dass Einnahmen und Ausgaben ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Gleichzeitig ist der Gesetzgeber verpflich- tet, einen Tilgungsplan über die Rückführung der aufgenommenen Notkredite „binnen eines angemessenen Zeitraumes“ zu beschließen.
Mit dem vorliegenden Tilgungsgesetz wird die gemeinsame Tilgung der Corona- und Uk- raine-Notkredite und damit die Vorgabe des letzten einschlägigen Landtagsbeschlusses nun in Gesetzesform gegossen. Ebenso wie die Notkreditermächtigungen muss das Til- gungsgesetz mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Landtags beschlossen werden, was die Tragweite unserer heutigen Entscheidung unterstreicht.
Die Tilgungssumme ist mit rund 2,9 Milliarden Euro zwar schon deutlich geringer als die ursprüngliche Corona-Notkreditermächtigung mit 5,5 Milliarden Euro, da sie zwischen- zeitlich durch Sondertilgungen beziehungsweise Absenkungen des Kreditrahmens deut- lich verringert wurde. Dennoch bleibt eine enorme Belastung, die auch kommende Ge- nerationen als große Hypothek aus den Krisenjahren begleiten wird.
Die Tilgung beginnt mit relativ moderaten Beträgen – 30 Millionen Euro in den kommen- den beiden Jahren, 50 Millionen Euro 2026 – und wächst im weiteren Verlauf stetig auf. Seite 1 von 2 Im Jahr 2040 wird die Rate nach jetzigem Stand 99 Millionen Euro betragen, im Jahr 2050 160 Millionen Euro. Diese Summen, ganz abgesehen von den anfallenden Zinsen, werden den Gestaltungsspielraum der Landespolitik sehr lange begrenzen.
Führt man sich vor Augen, dass es seit der verbindlichen Einführung der Schuldenbremse in den Ländern 2020 noch kein Haushaltsjahr gab, in dem wir ohne die Nutzung der Aus- nahmeregelung ausgekommen sind, muss einkalkuliert werden, dass in diesem langen Tilgungszeitraum weitere außergewöhnliche Notsituationen hinzukommen können.
Diese Überlegung zeigt, dass die Schuldenbremse in der jetzigen Form ihre dauerhafte Tragfähigkeit erst noch unter Beweis stellen muss. Die Debatte, welche Möglichkeiten die Schuldenbremse einräumt und einräumen sollte, steht erst am Anfang und wird uns weiter beschäftigen.
Vor kurzem hat der Wissenschaftliche Dienst des Landtags die Verfassungsmäßigkeit der Erhöhung des Ukraine-Notkredits um eine Milliarde Euro im November 2022 in einem Gutachten bewertet. Darin sind verschiedene Rechtsfragen erörtert worden. Ich möchte dabei einen Aspekt herausgreifen: Die Frage, ob es einen ausreichenden Sachzusam- menhang der kreditfinanzierten Maßnahmen mit der Überwindung der Notsituation gibt. Insbesondere ist streitig, ob die enthaltenen Projekte der Energiewende, Energiesou- veränität und Dekarbonisierung der Wirtschaft mit dem Ukraine-Krieg und seinen Auswir- kungen in einem ausreichenden, sachlichen Zusammenhang stehen.
Hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen. Nach meiner Auffassung ist die Landesver- fassung nicht so zu interpretieren, dass Maßnahmen zur Bekämpfung einer Notsituation nicht gleichzeitig der Erreichung anderer wichtiger Ziele dienen dürfen. Ja, die Dekarbo- nisierung der Wirtschaft war schon vor dem Ukraine-Krieg notwendig, doch ist sie als Maßnahme zur Bekämpfung der Folgen der Energiekrise nur noch dringlicher geworden.
In jedem Fall wird die Frage, wie die Schuldenbremse angesichts der Herausforderungen der Klimakrise zu bewerten ist, früher oder später geklärt werden müssen, auch vor dem Hintergrund, dass erste Bundesländer planen, kreditfinanzierte Sondervermögen auch für Klimaschutz einzurichten. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich nur feststellen, dass der Wissenschaftliche Dienst den Notkredit nicht als verfassungswidrig eingestuft hat.
Es bleibt abzuwarten, wie das Bundeverfassungsgericht im Normenkontrollverfahren die entsprechenden Beschlüsse zur Notlage sowie zur Mittelverwendung auf Bundesebene bewerten wird. Sollte sich daraus oder aus künftigen Urteilen Handlungsbedarf ergeben, werden wir unsere Beschlüsse selbstverständlich anpassen. Die Übereinstimmung der Haushalsgesetzgebung mit den Vorgaben unserer Verfassung muss jederzeit gegeben sein.
Vielen Dank!
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