Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
12.07.23
11:00 Uhr
SPD

Thomas Losse-Müller zu TOP 39A: Weitere vier solcher Jahre können wir uns nicht leisten

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 12. Juli 2023
Thomas Losse-Müller: Weitere vier solcher Jahre können wir uns nicht leisten TOP 39A: Bericht „Ein Jahr Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein: Wohin will die Landesregierung das Land führen?“ (Drs. 20/1207)
„Herzlichen Dank für Ihren Bericht, der mich – um ehrlich zu sein – wieder ein bisschen baff und ratlos zurücklässt. Nachdem Sie gerade erst das ganze Land mit einer Haushaltssperre in Aufruhr versetzt haben und hier das finanzpolitische Armageddon an die Wand gemalt haben, wollen Sie jetzt doch mal lieber abwarten, ob die Steuerschätzung nicht doch besser wird? Sieht ja doch alles nicht soooo schlecht aus? An Ihrer Finanzpolitik sieht man am deutlichsten, wie sehr Ihnen die Lage in den vergangenen 12 Monaten aus der Hand geglitten ist: Erst 1 Milliarde Notkredit für die Ukraine. Dann stellt sich raus, dass es 1 Milliarde Überschuss im Haushalt gibt. Im März dann der Beschluss über den Haushalt, nebenbei nochmal 200 Million Rechenfehler in der Finanzplanung und 8 Wochen später verhängen Sie eine Haushaltssperre. Bei dieser Vollbremsung ist wirklich einiges zu Bruch gegangen. Und an dieses Chaos schließen Sie heute nahtlos an. Haushaltsentwurf erst im Dezember. Könnt ja alles besser werden. Und für Investitionen in die Klimatransformation nutzen wir jetzt doch den Ukraine-Notkredit. Und ansonsten finden Sie alles schon ganz in Ordnung: 18.000 fehlende Kitaplätze! 300 Stellen in der Finanzverwaltung nicht besetzt! Der Landesrechnungshof (schau an!) ermahnt Sie, dass zu wenig Sozialwohnungen gebaut werden! Kein Plan – wirklich kein Plan! – wie sie die Klimaziele erreichen wollen. In Bildungsvergleichen rutscht Schleswig-Holstein einfach immer weiter ab. Schlimmer noch: Sie erheben ihr „A20“ - Prinzip (Versprechen und dann nicht liefern) zur Regierungsdoktrin. Kappungsgrenzenverordnung? Eigenheimzulage? Senkung des Kitadeckels? Alles leere Versprechungen! Die Beamtinnen und Beamten des Landes können sich nicht mehr darauf verlassen, dass Tarifabschlüsse zeit- und wirkungsgleich übertragen werden. Und jetzt gibt es auch noch eine neue Variante der leeren Versprechung: Das leere Förderprogramm: Gänsefraß, Einbruchsschutz, Entlastungspaket, Bürgschaften für Wärmenetze. Viele, viele Millionen für Schaufensterprogramme, die so schlecht gemacht sind, dass sie keiner nutzt. Das ist die Maximierung der zynischen PR: Erst ein gut klingendes Programm machen, dass dann scheitern lassen und die Streichung des Programms, dann als sparkommissarische Heldentat


1 nochmal verkaufen. Wissen Sie, ich habe echt gerne Recht. Aber heute bin ich nur ernüchtert. Trotz Ihrer Kurskorrektur. Herr Günther, nochmal vier solche Jahre können wir uns einfach nicht leisten! Und es ist ja nicht nur die Finanzpolitik: Die Sozialministerin hatte sich Anti-Diskriminierung auf die Fahnen geschrieben. Wollte eine eigene Stabstelle dafür aufbauen - das Thema zur Chefinnensache machen. Sich eine ausgewiesene Expertin für Antidiskriminierung als Staats-sekretärin geholt. Und ein Jahr später? Gibt die Staatssekretärin auf und die Stabstelle ist auch erledigt.
Die Gesundheitsministerin überrascht uns erst am Montag mit ihrer entschlossenen Enthaltung zur größten Reform der Krankenhausfinanzierung der letzten Jahrzehnte. 14 Länder sagen ja (inklusive aller anderen schwarz-grünen Länder). Bayern sagt nein. Und Schleswig-Holstein enthält sich. Nach monatelangen Verhandlungen. Und warum? Weil die Ministerin die Auswirkungen auf Schleswig-Holstein nicht kennt! Frau Ministerin, das wäre doch genau der Plan gewesen, den Sie immer machen wollten!
Die Innenministerin kündet an Klimakleber in Präventivhaft zu nehmen. Und der grüne Vorsitzende des Innenausschusses findet, dass das an die Nazizeit erinnere. Alter Schwede…bloß gut, dass Polizei und Justiz selbst gesagt haben, dass das alles gar nicht geht. Der Wirtschaftsminister? Herr Madsen, ich würde jetzt gerne was Humorvolles sagen…. Aber Sie haben einfach selber sehr viel mehr Übung darin, lustige Geschichten auf der Bühne zu erzählen. Gefühlt machen Sie gar nichts anderes.
Der Landwirtschaftsminister …. Herr Schwarz…..Der Wolf kommt ins Jagdrecht!!! Es wird jetzt noch komplizierter mit problematischen Wölfen umzugehen.
Der Umweltminister wollte mit dem Nationalpark Ostsee Großes schaffen. Sich ein Denkmal auf Ewigkeit setzen. Vielleicht ja sogar Weltnaturerbe werden! Das wär doch was. Der Sprung eines Tigers. Und dann landet er als Bettvorleger in einem „ergebnisoffenen Prozess“, der jetzt schon im Morast feststeckt.
Morast. Matsch. Sumpf. Deswegen heißt es Schwarz-Grün. Die Farbkombination des Steckenbleibens. Und der Ministerpräsident? Der steht daneben und sorgt für die musikalische Begleitung.
Das war kein gutes Jahr für unser Land. Es reicht einfach nicht, sich nur zu freuen, dass man regiert. Für unser Land haben Sie damit noch nichts erreicht.



2 Herr Ministerpräsident, Sie betonen oft die Notwendigkeit, jetzt zusammen zu stehen. Die Dinge gemeinsam anzugehen. Aber was heißt das Ihrer Meinung nach eigentlich in der Sache? Wie schaffen wir Ihrer Meinung nach Zusammenhalt jenseits dieses Appells? Aus meiner Sicht müssen wir 3 Herausforderungen angehen: Erstens: Wir haben ein Verteilungsproblem bis tief in die Mitte der Gesellschaft. Einkommen und Vermögen sind zu ungerecht verteilt und es wird immer schlimmer. Wenn ich mit den Geschäftsleuten in Eckernförde spreche: Dann zeichnen die ein Bild. Die teuren Sachen – oben im Regal – der Pullover für 500 Euro, die Uhr für ein paar Tausend. Die verkaufen sich immer besser. Das Fischgericht für 35 Euro auch. Es gibt bei uns mittlerweile einen Fachhandel für gebrauchte Designermöbel. Stuhl aus 2. Hand für 900 Euro. Es gibt genügend Menschen, denen es richtig gut geht. Und es werden eher mehr.
Aber die anderen Sachen, die die Händler bisher auch im Sortiment hatten. Die Uhr für hundert Euro, die Fischstäbchen. Die werden weniger verkauft. Das können sich viele nicht mehr leisten. Die soziale Schere geht auseinander. Jeder siebte Arbeitsnehmer in Schleswig-Holstein bekommt den Mindestlohn. Anders gesagt: Mehr als 200.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in Schleswig-Holstein davon profitiert, dass wir den Mindestlohn auf 12 Euro erhöht haben. Das reicht aber angesichts der Preissteigerungen nicht mehr aus. Von seiner Arbeit muss man leben können und auch für Alter vorsorgen. Deshalb fordern wir 15 Euro Mindestlohn.
Ja, das wird im Bund entschieden. Aber auch hier im Land können Sie mehr tun. Wir sind uns einig, dass wir mehr Unternehmen brauchen, die sich an Tarifverträge binden. Aber ein Tariftreuegesetz wollen Sie nicht. Was denn dann? Ihr Wirtschaftsminister hat nicht mal im eigenen Betrieb Tarif gezahlt. Dabei müsste er bei den Unternehmen auf der Matte stehen. So wie es die SPD-Landesvorsitzende bei Vestas gemacht hat.
Zweitens: Wir erleben gesellschaftliche Veränderungsprozesse. Gleiche Macht für Männer und Frauen. Anerkennung diverser Identitäten. Immer vielfältigere Lebensstile. Wir alle spüren, wie schwer es ist, dass sich niemand angesichts dieser Veränderungen als Verlierer fühlen muss.
Und deswegen bin ich sehr dankbar, dass alle Parteien hier im Raum klar wissen, dass keiner von uns den Kulturkampf gewinnen kann. Ich sage das in dem klaren Bewusstsein, dass wir alle immer wieder mal der Versuchung erliegen darauf einzusteigen – auch weil wir selber als Menschen in diesen Spannungsbögen leben.
Wir alle haben in den vergangenen Wochen das eine oder andere mal selber an der Schraube gedreht. Aber wir müssen aufeinander Acht geben und gut miteinander umgehen. Sonst


3 spalten wir Gesellschaft. Ich bin dankbar, dass wir uns darum immer wieder bemühen. Die dritte Herausforderung scheint mir die Wichtigste zu sein: Der Staat muss seinen Job machen. Wir müssen Schulen bauen, die Digitalisierung hinkriegen, Krankenhäuser sichern und für die Infrastrukturen sorgen, die es allen – und nicht nur Wohlhabenden – erlauben klimaneutral zu leben.
Wir müssen jetzt in Bus und Bahn investieren, in Wärmenetze, in Ladeinfrastruktur, in Schul-IT und die Modernisierung und Neubau öffentlicher Gebäude. Die allermeisten Menschen in diesem Land sind darauf angewiesen, dass Staat und Politik Probleme für sie lösen. Es ist unser Job als Politik dafür zu sorgen, dass unsere Kinder gute Bildung haben, dass alle von A nach B kommen, dass jeder ein Dach über dem Kopf hat und die Häuser warm sind. Uns allen ist klar, dass die Haushaltssituation nicht rosiger wird. Aber das darf keine Entschuldigung dafür sein, dass Staat und Politik ihren Job nicht mehr machen.
Wir müssen Lösungen finden. Nicht Entschuldigungen. Stellen Sie sich doch mal vor was passiert, wenn Sie jetzt wirklich nicht die Schulen sanieren, die Bahnstrecken nicht bauen und die Wärmenetze nicht in den Boden kriegen. In was für einem Land leben wir dann 2030? In Preetz und Schuby sind gerade zwei Wärmenetzprojekte gestoppt worden, weil die Finanzierung nicht steht. Für die Einwohner heißt das nur eins: Die müssen jetzt selber Schulden aufnehmen, um ihr eigenes Haus zu sanieren und eine Wärmepumpe einzubauen. Wir stellen heute die Weichen. Lösen wir die die Probleme für alle gemeinsam, oder lassen wir die Leute damit allein?
Für uns ist der Weg klar. Wir müssen jetzt gemeinsamen investieren. Den Mut haben, neue Wege zu gehen. Ich erneuere unser Angebot: Lassen Sie uns darüber reden, wie wir Schulen bauen und Schul-IT modernisieren. Wie wir Wärmenetze im ganzen Land finanzieren. Wie wir Wohnungsbau organisieren. Mit welchen finanziellen Lösungen. Jetzt. Heute.
Politik heißt: etwas wollen. Wir als Sozialdemokraten wollen das! Ich reiche Ihnen dafür die Hand zur Zusammenarbeit. Lassen Sie uns echte Politik statt Simulation machen. Nur wenn wir die Zukunftsprobleme lösen und gleichzeitig die Gesellschaft sozial zusammenhalten, werden wir erfolgreich sein. Für eine solche Politik haben Sie uns an Ihrer Seite.“



4