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22.11.23
10:21 Uhr
CDU

Tobias Koch: TOP 1: Desaster für die Berliner Ampel

Urteil des Bundesverfassungsgerichts | 22.11.2023 | Nr. 383/23
Tobias Koch: TOP 1: Desaster für die Berliner Ampel Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Urteil vom 15. November hat das Bundesverfassungsgericht den mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP beschlossenen 2. Nachtrag für den Bundeshaushalt 2021 für verfassungswidrig und darüber hinaus mit sofortiger Wirkung für Nichtig erklärt.
Dieses Urteil ist ein absolutes Desaster für die Berliner Ampel. Hatte es bislang den Anschein, dass sich die Ampel im Laufe von zwei Jahren immer mehr zerstritten und zunehmend gegenseitig blockiert hätte, so steht jetzt fest, dass die Ampel-Koalition von Anfang an nur durch Rechtsbruch möglich geworden ist.
Ohne die Verwendung der 60 Milliarden Euro für Klimaschutz wäre eine Einigung auf die gemeinsame Koalition vermutlich nie zustande gekommen. Im Streben nach gemeinsamer Regierungsbildung war den Koalitionären aber offenbar jedes Mittel Recht.
Es ist erschütternd, dass ausgerechnet ein FDP-Bundesfinanzminister diesen Verfassungsbruch in einem nie zuvor gesehenen Ausmaß zu verantworten hat. Was ist bloß aus der selbsternannten Rechtsstaatspartei FDP geworden? Genauso unbegreiflich war nämlich schon, dass die FDP in diesem Frühjahr das verfassungswidrige Vorgehen der Ampel beim Heizungsgesetz mitgetragen hat und dabei ebenfalls vom Verfassungsgericht gestoppt werden musste.
Nach zwei solchen Klatschen bei Gericht wäre ich an Ihrer Stelle hier ganz klein mit Hut und würde zumindest etwas Demut an den Tag legen, anstatt zu versuchen, mit Angriffen auf unsere Landesregierung und die schwarz-grüne Koalition vom eigenen Versagen abzulenken.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns aber die Gelegenheit nutzen, um uns das Urteil und seine Folgen einmal Punkt für Punkt anzuschauen. Das Bundesverfassungsgericht hat die 60 Mrd. Euro des 2. Nachtragshaushaltes aus drei Gründen für verfassungswidrig erklärt:
Als einen Grund nennt das Gericht den Verstoß gegen den Grundsatz der Vorherigkeit gemäß Artikel 110 Abs. 2 Grundgesetz. Das Gericht beanstandet damit,


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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de dass die Ampel versucht hat, den Haushalt des Jahres 2021 nachträglich und rückwirkend durch einen Beschluss im Folgejahr, also im Jahr 2022 zu verändern.
Wie das Gericht deshalb betont, ist schon dieser Grund für sich allein genommen für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit ausreichend. Es ist deshalb eine Dreistigkeit, wenn der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion behauptet, Schleswig- Holstein hätte sich mit seinen Notkrediten genauso verhalten wie der Bund.
Nein, meine Damen und Herren, im Folgejahr rückwirkend zu versuchen, den Haushalt des Vorjahres zu ändern, so etwas hat es in Schleswig-Holstein nicht gegeben und wird es auch nicht geben.
Und ich will noch einen zweiten Unterschied nennen, mit dem sich Schleswig-Holstein ganz deutlich von der Ampel-Politik in Berlin abgrenzt:
Die Entscheidung in Berlin ist mit der einfachen Stimmenmehrheit der Ampel- Koalitionsparteien getroffen worden. In Schleswig-Holstein sind wir dagegen bei jeder einzelnen Notkreditentscheidung auf die Opposition zugegangen.
Sämtliche Entscheidung der vergangenen Jahre sind hier nicht mit einfacher Mehrheit getroffen worden, auch nicht mit Zwei-Drittel-Mehrheit, sondern jeweils mit über 85 oder 90 Prozent der Stimmen dieses Parlaments.
Dieser Unterschied ist bei der Beurteilung der Notkreditentscheidungen nicht unerheblich und auch deshalb ist der Vergleich des Kollegen Dürr eine Unverschämtheit.
Als zweiten Grund für die Verfassungswidrigkeit nennt das Gericht den Verstoß gegen den Grundsatz der Jährlichkeit und Jährigkeit.
Nach Auffassung des Gerichts dürfen beschlossene Notkredite nur in dem Haushaltsjahr verwendet werden, für das die Notsituation festgestellt worden ist, nicht aber darüber hinaus. Dieser zweite Grund betrifft auch uns in Schleswig-Holstein. Wenn ich „uns“ sage, meine ich damit allerdings nicht nur Schwarz-Grün, sondern uns alle.
Ich will daran erinnern, dass der von allen anwesenden Fraktionen beschlossenen Corona-Notkredit über 5,5 Milliarden Euro nicht auf ein Jahr begrenzt war, sondern die erwarteten Steuerausfälle in den nächsten vier Jahren kompensieren und zudem die geplanten Investitionen der nächsten zehn Jahre absichern sollte – das war das Gegenteil vom Jährigkeitsprinzip, was wir damals gemeinsam beschlossen haben.
Und bei der ersten Tranche des Ukraine-Notkredites über 400 Millionen Euro, also dem Beschluss, den die FDP im April 2022 noch mitgetragen hat, war ebenfalls vorgesehen, die Notkreditmittel nicht nur für ein Jahr, sondern für einen mehrjährigen Zeitraum bis zum Jahr 2024 einzusetzen.
Und auch in Berlin hat die FDP noch im Oktober letzten Jahres der mehrjährigen


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Es lässt sich somit feststellen: Überall wo die FDP reagiert, hat sie selbst gegen den Jährigkeitsgrundsatz verstoßen und die veränderte Haltung der FDP in Schleswig- Holstein ist auch erst mit dem Wechsel von der Regierungs- auf die Oppositionsbank eingetreten. Das Sein bestimmt bekanntlich das Bewusstsein.
Um dem Urteil Rechnung zu tragen, haben die Fraktionen von CDU und Grünen heute zwei Dringlichkeitsanträge zur Feststellung einer außerordentlichen Notsituation des Landeshaushaltes für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 in den Landtag eingebracht sowie einen weiteren Dringlichkeitsantrag zu Änderung der Beschlussfassung zur Northvolt-Finanzierung.
Zukünftig wird in jedem einzelnen Haushaltsjahr zu überprüfen sein, ob eine außergewöhnliche Notsituation besteht oder andauert, die der Kontrolle des Staates entzogen ist und die Finanzlage erheblich beeinträchtigt und deshalb eine Kreditaufnahme zulässig ist.
Als Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein haben wir das im Grunde aber auch bislang schon so gehandhabt. Den für mehrere Jahre beschlossenen Corona-Notkredit haben wir nämlich im letzten Jahr überprüft und aufgrund der verbesserten Finanzlage um mehrere Millionen Euro reduziert. und zudem den Haushaltsüberschuss zur Schuldentilgung eingesetzt. Im Grund die gleiche Vorgehensweise wie vom Gericht verlangt, nur eben in anderer Reihenfolge.
Kommen wir zum dritten Grund der Urteilsbegründung, nämlich dem Veranlassungszusammenhang. Hier scheitert die Berliner Ampel besonders kläglich. Ihr Versuch, Corona-Kredite für Klimamaßnahmen zweckentfremdet einzusetzen, wird vom Verfassungsgericht in Bausch und Bogen verworfen – was nicht wirklich überrascht, denn zwischen Corona und Klimaschutz gibt es keinen Zusammenhang.
Wie sieht die Lage in Schleswig-Holstein dazu aus? Beim Corona-Notkredit hat der Landtag beschlossen, mit dem Kredit nicht nur den unmittelbaren Pandemiefolgen z.B. in der Gesundheitsversorgung zu begegnen, sondern als Konsequenz aus der Pandemie auch zusätzliche Investitionen in Krankenhäuser, Schulen und Digitalisierung aus Notkrediten zu finanzieren.
Und auch beim Ukraine-Notkredit ist der Landtag über die Bewältigung der unmittelbaren Kriegsfolgen bei Flüchtlingen und Energiekosten hinausgegangen, und hat mit den Stimmen von CDU, Grünen, SPD und SSW beschlossen, mit Hilfe des Notkredites auch die Erlangung der Energiesouveränität und der Unabhängigkeit von Russland schneller voranzutreiben.
Ob das in beiden Fällen zulässig war, darauf gibt das Urteil eine ganz klare Antwort, und diese Antwort lautet „Ja“. In Ziffer 136 des Urteilstextes wird eindeutig


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Bei Bekämpfung, Anpassung und ggf. Nachsorge kommt dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu, urteilt das Gericht.
Mit anderen Worten: Mit Notkreditmitteln dürfen auch weitergehende Konsequenzen aus der Katastrophe gezogen werde. Genau das haben wir in Schleswig-Holstein beim Corona- und Ukraine-Notkredit getan. Und auch bei einem zukünftigen Notkredit für das Ostsee-Sturmhochwasser ist es sinnvoll, nicht nur die eingetretenen Schäden zu beseitigen, sondern als mittelbare Konsequenz z.B. auch Anpassungen an der Deichhöhe und beim Bevölkerungsschutz vorzunehmen, um uns vor zukünftigen Sturmfluten besser zu schützen. Und genau das lässt das Urteil auch zu.
Wer wie die FDP die vermeintliche Verfassungswidrigkeit des Ukraine-Notkredits immer wieder mit Verweis auf die Balkon-PV-Anlagen begründet, der sei auf Ziffer 134 der Urteilsbegründung verwiesen.
Die kreditfinanzierten Maßnahmen müssen geeignet sein - heißt es dort - um die Überwindung der Notsituation bzw. der Naturkatastrophe zu fördern. Die Eignung beziehe sich dabei aber auf die Gesamtheit der Maßnahmen und nicht auf jede einzelne Maßnahme. Zitat: „Es ist daher nicht Aufgabe der Eignungsprüfung, einzelne Ausgabenansätze aus dem Gefüge herauszubrechen und isoliert auf die Eignung zu untersuchen“ – urteilt das Gericht in aller Klarheit.
Selbst bei eventuellen Zweifeln an der Eignung von Balkon-PV-Anlagen zur Überwindung der Energiekrise ist der FDP-Vorwurf der Verfassungswidrigkeit damit obsolet.
Meine Damen und Herren, kommen wir abschließend zum Thema Northvolt. Die Umstellung auf batterieelektrische Antriebssysteme dient der schnelleren Erlangung der Energiesouveränität – entspricht also der mittelbaren Konsequenz, die wir aus dem russischen Angriff auf die Ukraine gezogen haben.
FDP und SSW argumentieren nun, dass mit Notkrediten keine Projekte finanziert werden könnten, die bereits mehrere Jahre vor Eintritt der Notsituation geplant worden seien.
Die Notwendigkeit einer erhöhten finanziellen Förderung der Northvolt-Ansiedlung ist allerdings erst in diesem Sommer als neuer Sachverhalt eingetreten, der von der ursprünglichen Planung abweicht.
Und dieser erhöhte Förderbedarf resultiert nicht zuletzt auch aus den gestiegenen Energie-preisen, die auf den russischen Angriff auf die Ukraine zurückgehen – womit der vom Gericht geforderte Veranlassungszusammenhang gegeben ist.
Ich halte es deshalb nach wie vor für zulässig, die Northvolt-Förderung aus dem Ukraine-Notkredit zu bedienen. Nach den Vorgaben des Gerichts wird das allerdings


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Damit jetzt aber keine Unsicherheit bei Northvolt entsteht, will ich an dieser Stelle auch ganz klar sagen: Die Landesförderung für Northvolt steht nicht zur Disposition!
Schleswig-Holstein wird alles dafür tun, damit die Northvolt-Ansiedlung gelingt. Und genauso erwarte ich auch von der Bundesregierung, dass die gemachten Zusagen eingehalten werden.
Herzlichen Dank!



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