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11.12.23
16:32 Uhr
Landtag

Landesbeauftragte und Landesbeirat: "wir brauchen eine Landesfachstelle für Barrierefreiheit!"

Nr.6 / 11. Dezember 2023
Landesbeauftragte und Landesbeirat: „wir brauchen eine Landesfachstelle für Barrierefreiheit!“ Barrierefreiheit ist die Grundlage dafür, dass Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen der Gesellschaft teilhaben können. Allerdings stellen viele Menschen fest, dass die Umsetzung trotz vieler rechtlicher und fachlicher Grundlagen nicht zufriedenstellend ist.
Im Landesbehindertengleichstellungsgesetz sind nicht nur die Aufgaben der Landesbeauftragten und des Landesbeirates für Menschen mit Behinderungen festgelegt. Hier steht auch die grundsätzliche Verpflichtung aller öffentlichen Träger zur barrierefreien Gestaltung ihrer Angebote.
Ob es beispielsweise um die zugängliche Ratsversammlung, die barrierefreien Digitalen Informationsangebote von Behörden, den öffentlichen Personennahverkehr oder die Gesundheitsversorgung geht, verdeutlicht die sehr unterschiedlichen Bereiche und vor allem Anforderungen an barrierefreien Lösungen.
Um diese Vielfalt zu bündeln und fachlich kompetente Beratung für alle Bereiche herzustellen, schlagen die Beauftragte und der Beirat die Einrichtung einer Landesfachstelle vor. Dazu wurde ein gemeinsames Positionspapier erstellt, das die gesamte Palette an Leistungen aufzeigt, Zielgruppen benennt, Unterstützungen darstellt und vor allem effektive Hilfen zur Umsetzung umfassender Barrierefreiheit vorantreiben soll. Die Beteiligten hoffen auf Unterstützung durch die Landesregierung, die sich in ihrem Koalitionsvertrag für die Förderung der Barrierefreiheit ausspricht.
Das Positionspapier ist unten angefügt: Gemeinsames Positionspapier des Landesbeirates zur Teilhabe für Menschen mit Behinderungen und der Landesbeauftragten zur Einrichtung einer Landesfachstelle für Barrierefreiheit in Schleswig-Holstein
Worum geht es Eine umfängliche Barrierefreiheit ist für unterschiedliche Personengruppen der entscheidende Baustein für gesellschaftliche Teilhabe. Ob Menschen mit Behinderungen, Eltern mit Kindern, Menschen mit Migrationshintergrund oder zunehmend älter werdende Menschen (demografischer Wandel), für alle muss der barrierefreie Zugang zu öffentlich zugänglichen Gebäuden, im öffentlichen Raum und in der digitalen Welt selbstverständlich sein. Wir planen, bauen und sanieren heute Gebäude und öffentliche Räume, die der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) und den weiteren, sich daraus ergebenden gesetzlichen Regelungen entsprechen und verpflichtend umgesetzt werden müssen. In Schleswig-Holstein ist die Barrierefreiheit im Landesbehindertengleichstellungsgesetz (LBGG) definiert und bezieht sich auf sogenannte „gestaltete Lebensbereiche“. Beispiele dafür sind Gebäude, Verkehrsmittel und Webseiten. Erfasst wird alles, was der Mensch „in die Hand nimmt“, formt oder entwickelt. Aber auch was er konzipiert, konstruiert, designt oder herstellt. All das ist mit dem Wort „Gestaltung“ gemeint. Die Definition der Barrierefreiheit formuliert allgemeine Anforderungen für gestaltete Lebensbereiche, damit alle Menschen „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe“ diese nutzen können. Dem Land Schleswig-Holstein und den Kommunen kommt als größter Gestalter der gebauten Umwelt somit eine besondere Verantwortung zu. Es werden bereits viele Anstrengungen unternommen, um Barrierefreiheit umzusetzen. Dennoch geht der Prozess nur schleppend voran und die Qualität der Ergebnisse in der Umsetzung ist ungenügend. Häufig scheitert die Umsetzung der Barrierefreiheit an der Komplexität und den hohen funktionalen Anforderungen. Kurz gesagt: Das Thema muss verstanden und umgesetzt werden!
Erkennbare Problemstellungen Viele Anfragen bei der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, bei den kommunalen Beauftragten und Beiräten sowie aus Fachgesprächen zeigen, dass es aus der Praxis einen hohen Klärungsbedarf zu Fragen der Barrierefreiheit gibt. Folgende Probleme sind erkennbar: • Fehlende Strukturen: Es gibt kaum Strukturen zum Kompetenzaufbau, nicht einmal in den Studiengängen Architektur und Informatik ist Barrierefreiheit verpflichtend vorgesehen. • Fehlende Expertinnen und Experten: Wenige haben das erforderliche Fachwissen bzgl. der unterschiedlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit für Menschen: mit körperlichen und motorischen Einschränkungen, mit einer Hörschädigung, mit kognitiven Einschränkungen oder mit Sehschädigung. • Fehlende zentrale Anlaufstelle: Fachleute sind für alle Beteiligten schwer ausfindig zu machen. • Fehlende Vernetzung: Information und Beratung zur Barrierefreiheit gibt es in Schleswig-Holstein bislang nur vereinzelt und nicht mit einander vernetzt. • Fehlender Wissenstransfer: Es gibt keine gesammelten Informationen z. B. DIN-Normen, Gesetze und Verordnungen, Forschungsergebnisse etc. • Hoher Ressourceneinsatz ohne befriedigende Ergebnisse: Öffentliche Stellen haben unnötig hohe Kosten für den Umsetzungsprozess durch mühsame Eigenrecherche und Entwicklung. Die Ergebnisse sind oft nicht zufriedenstellend.
Mangelhafte oder sogar gar keine praktische Umsetzung der Barrierefreiheit nach den gesetzlichen Vorgaben.
Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat in ihrem Koalitionsvertrag wichtige und unmissverständliche Aussagen zu den Themen Barrierefreiheit und Inklusion getroffen. „Schleswig-Holstein inklusiv denken – Barrieren abbauen. Inklusion steht für Solidarität, Partizipation, Teilhabe und Selbstbestimmung – sie beginnt in den Köpfen der Menschen…. Inklusion und Barrierefreiheit sind untrennbar miteinander verbunden.“ Das Land hat beispielsweise Impulse mit dem Fonds für Barrierefreiheit gesetzt und mit dem Landesaktionsplan Maßnahmen initiiert. Im Ergebnis hat Schleswig-Holstein zur Umsetzung der Barrierefreiheit in allen Themenbereichen jedoch weiterhin einen dringenden Informations- und Handlungsbedarf. Der Landesbeirat und die Landesbeauftragte empfehlen daher die Einrichtung einer Landesfachstelle für Barrierefreiheit. Die Einrichtung einer Landesfachstelle soll im Landesbehindertengleichstellungsgesetz verankert werden.
Lösung / Maßnahmen Die Landesfachstelle sollte grundsätzlich zu allen Themen der Barrierefreiheit beraten. Vorrangig sollten öffentliche Stellen in Schleswig-Holstein von der Beratung profitieren und adressiert werden. Schwerpunkte sollen sein: • Barrierefreiheit im Hochbau • Barrierefreiheit im öffentlichen Raum • Barrierefreiheit in der Mobilität • Barrierefreie Kommunikation und digitale Barrierefreiheit
Die Landesfachstelle wäre eine zentrale Anlaufstelle für öffentliche Träger zur gezielten Herstellung von Barrierefreiheit und muss folgende Bestandteile enthalten: • Es gibt kompetente und gebündelte Beratung zu Fragen der Barrierefreiheit. • Einhaltung der Standards auf der Grundlage der gesetzlichen Anforderungen und des Stands der Technik sowie den aktuellen Empfehlungen. • Durchführung von Informationsveranstaltungen, Vorträgen und Schulungen, um damit einen Beitrag zum Wissensaufbau, Sensibilisierung und zur Wissensvermittlung zu liefern. • Bereitstellung und Bündelung von Informationen zur Umsetzung von Barrierefreiheit wie z. B. Checklisten, Förderprogramme, Gesetze. • Begleitung von Forschungsvorhaben zur Herstellung von Barrierefreiheit. • Mitwirkung an der Erarbeitung von Richtlinien zur Fördermittelvergabe. • Beratung und Abgabe von Empfehlungen an die Landesregierung zur Vergabe von Fördermitteln. • Beratung und Unterstützung der Kommunalen Behindertenbeauftragten und Beiräte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit. • Partizipation von Menschen mit Behinderungen durch die Bildung eines beratenden Expertenbeirats, der sich mehrheitlich aus Vertreterinnen und Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen zusammensetzt.
In vielen Bundesländern gibt es bereits Fachstellen, die jedoch keine einheitliche Struktur haben. Verankert sind entsprechende Fachstellen in den Gleichstellungsgesetzen von Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Weiterhin existieren Fachstellen in Bayern und Hamburg, jedoch ohne gesetzliche Regelung im Behindertengleichstellungsgesetz.
Auswirkungen Bestehende Fachstellen berichten über positive Auswirkungen und eine hohe Akzeptanz der Beratungen bei allen Akteurinnen und Akteuren. Sie werden der Regel schnell in die bestehenden Strukturen aufgenommen, da die Nachfrage von allen Beteiligten groß ist. Öffentliche Träger können eine erste fachliche Beratung in den unterschiedlichen Schwerpunkten erhalten. Die landesweit geltenden Gesetze und Richtlinien zur Barrierefreiheit, die verpflichtend einzuhalten sind, können somit besser umgesetzt werden. Zudem verbessert kompetente Beratung zu Fragen der Barrierefreiheit das grundlegende Verständnis zu dem Thema. Eine qualitativ hohe und frühzeitige konzeptionelle Beratung durch die Landesfachstelle kann Mehrkosten vermeiden oder erheblich reduzieren. Zum Beispiel werden bei baulichen Anlagen unnötige Kosten durch Planungs- und Ausführungsfehler vermieden. Dies entlastet die öffentlichen Träger und wichtige Ressourcen werden eingespart. Es gibt eine Vernetzung mit anderen Fachstellen der Bundesländer und der Bundesfachstelle Barrierefreiheit zum regelmäßigen Erfahrungsaustausch. Dadurch ist man über die aktuellen Entwicklungen informiert und kann Synergieeffekte ausnutzen. Die Einrichtung einer Landesfachstelle setzt einen dringend benötigten Impuls, um das komplexe Thema Barrierefreiheit bei allen Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen hervorzuheben. Die Landesfachstelle ist somit ein wesentlicher Bestandteil für ein barrierefreies Schleswig-Holstein.