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25.01.24
11:05 Uhr
B 90/Grüne

Jan Kürschner zu den Correctiv-Recherchen

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 36B + 41 – Dringlichkeitsantrag aller Fraktionen zu den Pressesprecherin Correctiv-Recherchen; Verfassungsschutzbericht 2022 Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher Düsternbrooker Weg 70 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Jan Kürschner: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 030.24 / 25.01.2024


Die größte Gefahr für unsere Demokratie ist die extreme Rechte
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,
wenn wir heute den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 behandeln, so geschieht das vor dem Hintergrund der Correctiv-Recherchen und der dadurch ausgelösten Pro- teste gegen die extreme Rechte. Allein am letzten Wochenende haben sich über eine halbe Million Menschen in ganz Deutschland auf der Straße versammelt. Diese Men- schen treibt eine große Sorge vor den Verfassungsfeinden der AfD um. Dahinter steht die Angst vor neuer Terrorherrschaft. Diesmal nicht!
Die Correctiv-Recherchen haben aufgedeckt, was lange schon zu befürchten stand. Die AfD plant mit anderen Rechtsextremist*innen ein Vorgehen gegen unsere freiheitlich-de- mokratische Grundordnung: Geld sammeln, Vordrucke für sinnlose Beschwerden erstel- len, eine Taktik für die böswillige Verächtlichmachung wichtiger Verfassungsorgane zu- rechtlegen. Wenn man bei der Wortwahl des Bundesverfassungsgerichts bleibt: Das sind qualifizierte Vorbereitungshandlungen.
Es gilt, unserem Verfassungsschutz für seine Arbeit zu danken. Es ist die Aufgabe des Verfassungsschutzes, Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung aufzu- klären und uns darüber zu unterrichten. Dadurch soll es uns ermöglicht werden, rechtzei- tig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu ergreifen. Die politi- sche Entwicklung in Deutschland zeigt, dass das der Bundesrepublik zugrunde liegende Konzept der wehrhaften Demokratie nicht allein ein mahnendes Überbleibsel aus der ge- schichtlichen Erfahrung des Nationalsozialismus darstellt, sondern 75 Jahre nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes politische Notwendigkeit ist.
Seite 1 von 3 Der Verfassungsschutzbericht 2022 zeigt die gesamte zunehmende Bandbreite der An- griffe auf unsere Demokratie. Die Gefahren von links, die Gefahren des Islamismus, das Phänomen der Reichsbürger, die Delegitimierung des Staates: Wir nehmen sie alle ernst und werden uns allen stellen.
Die größte Gefahr für unsere Demokratie stellt jedoch die extreme Rechte dar. Dies ver- deutlichen die im Verfassungsschutzbericht dargelegten Zahlen bezüglich des Personen- potentials und der politisch motivierten Kriminalität, insbesondere auch der Gewaltdelikte, wobei wir hier von noch höheren Zahlen im Dunkelfeld ausgehen müssen.
Was die besondere Gefahr der extremen Rechten ausmacht, darüber kann der Bericht keine Auskunft leisten, denn ein Monitoring der Einstellungen in der Bevölkerung ist nicht die Aufgabe des Verfassungsschutzes. Es gibt ein weites Hineinreichen rechter Ideolo- gieelemente in das, was wir als „Mitte der Gesellschaft“ bezeichnen. Ein Hineinreichen, das wir bei anderen Extremismusphänomenen in dieser Form nicht finden. Diese bleiben randständig und sind in der gesellschaftlichen Mitte nicht ansatzweise anschlussfähig. Genau diese Anschlussfähigkeit ist der Nährboden für die letzten Wahlergebnisse und die aktuellen Zustimmungswerte der AfD.
Die AfD Schleswig-Holstein als Gesamtpartei spielt im Verfassungsschutzbericht 2022 eine nur weit untergeordnete Rolle. 2022 war das Jahr der Landtagswahl, in dem die AfD den Wiedereinzug in den Landtag glücklicherweise nicht erreicht hat. Die Zeiten haben sich geändert. Zur Kommunalwahl im letzten Jahr ist die AfD mit einem anderen Personal an den Start gegangen: aggressiver, deutlich weiter rechts außen und bedeutend erfolg- reicher.
So sitzt in einem Kreistag in Schleswig-Holstein als AfD-Fraktionsvorsitzender ein Teil- nehmer einer Holocaust-Leugner-Konferenz. Anderes AfD-Mitglied, anderer Kreistag, ein Referent bei der AfD-Bundestagsfraktion, mit Hausausweis, droht auf Facebook den po- litischen Gegnern mit Verfolgung, ich zitiere: „Wir brauchen mal ein paar Jahre einen totalitären Staat alter Prägung, um mit dem Gesocks aufzuräumen (…).“
So durchdringen die AfD-Mitglieder die kommunalen Gremien mit widerlichem Auftreten und entsprechenden Inhalten. Sie alle werden aus ihren Wahlkreisen entsprechende Rückmeldungen erhalten.
Das Verhalten ihrer Funktionsträger sind keine Einzelfälle und der Partei insgesamt zu- zurechnen. Eine klare Distanzierung der Schleswig-Holsteinischen AfD zu den Deporta- tionsfantasien hat es meines Wissens nicht gegeben. Und Schweigen darf dabei durch- aus als Zustimmung gewertet werden, so das Bundesverfassungsgericht.
Dasselbe gilt für das Anfahren von Gegendemonstranten durch ein damaliges AfD-Mit- glied am Rande eines AfD-Parteitages in Henstedt-Ulzburg 2020. Vorher klebte er noch Aufkleber mit „Antifa - Merkels Schlägertrupp“. Davon hat sich die AfD nicht distanziert. Stattdessen wurde von einem AfD-Kreistagsfraktionsvorsitzenden, auch Vorsitzender des Satzungsausschusses der Bundes-AfD und stellvertretender Vorsitzender des Kon- vents der Bundes-AfD, gelogen, der Täter habe mit der AfD nichts zu tun gehabt - und zeigt sich nur Tage später am Tatort höhnisch grinsend auf Facebook.
Wer sich in dieser Weise präsentiert, gehört „beobachtet“. Von daher bin ich auf den kommenden Verfassungsschutzbericht für 2023 gespannt.
Den Schleswig-Holsteiner*innen bin ich sehr dankbar, dass wir in diesem Hause keine
2 AfD mehr haben. Tun wir gemeinsam alles dafür, dass dies so bleibt!
Vielen Dank!
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