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20.02.24
11:18 Uhr
Landtag

Landtagspräsidentin eröffnet die Ausstellung "70 Jahre Luxemburger Abkommen zwischen Deutschland, Israel und der Claims Conference"

Nr. 15 / 20. Februar 2024


Landtagspräsidentin eröffnet die Ausstellung „70 Jahre Luxemburger Abkommen zwischen Deutschland, Israel und der Claims Conference“

Vor etwas mehr als 70 Jahren haben die Bundesrepublik Deutschland, der Staat Israel und die Jewish Claims Conference (JCC) ein Übereinkommen geschlossen, das die Grundlage für die Entschädigung jüdischer Opfer nationalsozialistischer Verfolgung durch die Bundesrepublik bildet. Aus diesem Anlass präsentiert der Schleswig-Holsteinische Landtag die Wanderausstellung 70 Jahre Luxemburger Abkommen zwischen Deutschland, Israel und der Claims Conference – Versuch einer „Wiedergutmachung“ nationalsozialistischen Unrechts. Landtagspräsidentin Kristina Herbst hat am Montag (19. Februar) die Ausstellung im Landeshaus in Kiel eröffnet.
Die Präsidentin hob in ihrer Eröffnungsrede die Bedeutung des Luxemburger Abkommens hervor. „Das unsägliche Leid der Shoah, das für die Überlebenden mit der Ermordung ihrer Familien, eigenen physischen und psychischen Verletzungen, dem Verlust ihrer Heimat und aller ihrer materiellen Güter verbunden war, konnte und kann nicht ‚wiedergutgemacht‘ werden“, erinnerte Herbst. Gleichwohl stünden die individuellen Zahlungen als Symbol dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Verantwortung gegenüber jedem einzelnen Opfer anerkenne. Es sei richtig und wichtig, in der Erinnerung an die Opfer der Shoah nicht nachzulassen. „Diese Ausstellung trägt dazu in eindrucksvoller Weise bei“, so die Parlamentspräsidentin.
Mit Blick auf die Eskalation des Antisemitismus seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober mahnte Herbst: „Nie wieder ist jetzt! Staat und Gesellschaft sind gefordert, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Antisemitismus und Israel-Feindlichkeit vorzugehen.“ So habe der Schleswig-Holsteinische Landtag bereits im vergangenen November einstimmig einen „10-Punkte-Plan für jüdisches Leben – Bildungsoffensive gegen Antisemitismus in Schleswig- Holstein“ beschlossen, um vor allem alle staatlichen Ebenen anzuhalten, aktiv Maßnahmen gegen Antisemitismus zu ergreifen.
In seinem Grußwort ging Rüdiger Mahlo, Repräsentant der Claims Conference in Europa, auf die Entstehung, die Rahmenbedingungen und die Auswirkungen des Luxemburger Abkommens ein. „Heute wissen wir, dass das Luxemburger Abkommen zum Grundstein von Vielem wurde, was uns heute als selbstverständlich erscheint“, betonte Mahlo. Es sei die Voraussetzung für die diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel. „Und die Anerkennung des Verfolgungsschicksals jedes einzelnen Überlebenden war die Voraussetzung dafür, dass hier in diesem Land – in Deutschland – wieder jüdisches Leben denkbar wurde.“
Eva-Maria Meyer, Unterabteilungsleiterin im Bundesministerium der Finanzen, skizzierte zunächst die Stationen, die die Wanderausstellung im ganzen Land bereits durchlaufen habe. Auch Meyer betonte, dass der Begriff der „Wiedergutmachung“ im Zusammenhang mit der Shoah verfehlt sei. „Das, was Menschen unter dem NS-Terror angetan wurde, kann nicht entschädigt, kann nicht wiedergutgemacht werden“, so die Ministerialbeamtin. Trotzdem sei es wichtig, etwas zu tun – genau das zeige auch diese Ausstellung.
In einem Gespräch mit dem Kurator der Ausstellung, Dr. Jens Hoppe, berichteten zwei Zeitzeugen aus der jüdischen Gemeinde Kiel und Region über ihre Erinnerungen, über die Flucht aus ihrer Heimatstadt und über die Umstände, unter denen sie erstmals vom Massenmord an jüdischen Menschen erfuhren. Die Ausstellung leiste einen wertvollen Beitrag dafür, dass sich junge Menschen an die Geschehnisse und Schicksale von damals erinnern könnten. Sie wünschten sich von den jungen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern, dafür Sorge zu tragen, dass sich dieser Teil der Geschichte niemals wiederholen dürfe.
Der Abend wurde musikalisch vom Streichquartett Jewish Chamber Orchestra begleitet.


Die Ausstellung kann bis zum 31. März 2024 täglich zwischen 10 und 18 Uhr besucht werden. Für den Zutritt zum Landeshaus ist ein amtlicher Lichtbildausweis erforderlich. Beachten Sie bitte die seit Januar 2024 geltenden neuen Zutrittsregelungen für das Landeshaus. Nähere Informationen hierzu finden Sie auf der Homepage des Landtages.


Hintergrund:
Die Shoah ist das größte Menschheitsverbrechen und das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Der Vernichtungsfeldzug der Nationalsozialisten und ihrer Verbündeten führte zu fast sechs Millionen jüdischen Mordopfern, zu Raub und Terror sowie unendlichem Leid. Das Ende der Verfolgungen bedeutete jedoch nicht das Ende der Not: Unzählige Menschen mussten inmitten des zerstörten Europas ein neues Leben beginnen – sie konnten oder wollten nicht wieder in ihre Heimat zurück.
Sieben Jahre nach dem Ende des Holocaust setzten sich die Bundesrepublik Deutschland, der Staat Israel und die Conference on Jewish Material Claims Against Germany zusammen, um das Unmögliche zu verhandeln. Nach zähem Ringen schlossen diese drei Parteien im September 1952 in Luxemburg ein Abkommen: Ein historischer Meilenstein.
Die Ausstellung zeigt die Geschichte jüdischer materieller Ansprüche nach der Shoah sowie die deutschen Bemühungen, Verantwortung für die Verbrechen im Nationalsozialismus zu übernehmen. Mit Bildern, Texten und Grafiken wird veranschaulicht, wie sich diese wichtige Aufgabe in über 70 Jahren entwickelte, welche Veränderungen und Verbesserungen es gab und was für die Zukunft geplant ist. Die Betroffenen, die Überlebenden des Holocaust, sind dabei stets Mittelpunkt der Ausstellung. Sie macht deutlich: Zwar können die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht im Wortsinn „wiedergutgemacht“ werden, die Bemühungen zum Wohle der Opfer aber dürfen nicht enden.