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21. März 2024 – März-Plenum

Ostseeschutz-Plan: „Zeichen für die Kraft der Demokratie“

Die Koalition hat sich geeinigt: Einen Nationalpark Ostsee wird es nicht geben, aber neue Schutzgebiete. Umweltminister Goldschmidt spricht von Interessenzusammenführung, die FDP von einem „Nationalpark light“.

Ostsee Schönnberg Strand Dünen Illustration
Für Naturschutzverbände ist klar: Ein umfassender Schutz ist für die Lebensräume und Arten der Ostsee seit Jahrzehnten überfällig. Foto: dpa, Christian Charisius

Der Schutz der Ostsee war heute Thema einer Regierungserklärung im Landtag, auch die FDP hatte einen Regierungsbericht zum Thema gefordert. Bereits vor der Debatte war klar: Der Nationalpark Ostsee ist vom Tisch. Stattdessen hat Tobias Goldschmidt (Grüne) im Plenum den „Aktionsplan Ostseeschutz 2030“ vorgestellt. Er soll eine Kehrtwende schaffen und alle Interessen zusammenführen.

Goldschmidt, Tobias Umweltminister Grüne Plenum
Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne): „Wir brauchen für alles intakte marine Ökosysteme“ Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Der Plan sei „ein Zeichen für die Kraft der Demokratie“, welches für die Zukunft Hoffnung mache, so Goldschmidt. Seine eigene Hoffnung auf einen Nationalpark war bereits im vergangenen Oktober durch ein Votum der CDU zurückgewiesen worden. Redner der Opposition beurteilten die Pläne als unzureichend oder übertrieben.

Konkret sollen, so Goldschmidt, die derzeit bestehenden 4,5 Prozent der Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen auf 12,5 Prozent erweitert werden: westlich von Fehmarn, südlich der Hohwachter Bucht und bei Gelting. Landwirte im Einzugsgebiet sollen ihre Einträge von Stickstoff und Phosphat bis 2035 um 20 Prozent reduzieren und der Wassersport wird nur in bestimmten Zonen und zu bestimmten Jahreszeiten erlaubt. Ein harter Einschnitt sei das geplante Fischereiverbot in den Schutzzonen, gab der Umweltminister zu, doch man „werden das mit den Fischern besprechen und sie gut in die Zukunft führen“. Die Pläne hatte er am Dienstag bereits im Schulterschluss mit CDU-Ministerpräsident Daniel Günther öffentlich vorgestellt.

FDP mutmaßt Nationalpark „durch die Hintertür“

Kumbartzky, Oliver FDP Plenum
Oliver Kumbartzky (FDP): „Pauschale Verbote ohne wissenschaftliche Grundlage und neue Bürokratie helfen der Ostsee nicht“ Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Für Oliver Kumbartzky (FDP) steht fest: Dies alles diene nur der Vorbereitung, zu geeigneter Zeit doch einen Nationalpark „durch die Hintertür“ einzurichten. Der Aktionsplan sei bereits jetzt ein „Nationalpark light“. „Wir sollten, alle wie wir da sind, wachsam bleiben“, warnte Kumbartzky angesichts weiterer drohender Einschränkungen. Vor allem das Fischereiverbot ist der FDP ein Dorn im Auge. Man sei gespannt, „wie die Landesregierung die Einschränkungen kompensieren möchte“. Auch Kumbartzky sprach sich für die Bergung von Munition und Geisternetzen sowie für die Verringerung der Schadstoffeinträge aus – allerdings im Rahmen eines lernenden Systems und nicht durch den Aktionismus eines Nationalparks.

Für Sandra Redmann (SPD) stand der Konflikt der Koalitionspartner im Mittelpunkt. Minister Goldschmidt habe in den Konsolidierungsgesprächen lange versucht, einen Nationalpark Ostsee Wirklichkeit werden zu lassen. „Aber im Grunde war beim Auftaktabend schon klar: dass wird so nix“, so Redman. Herausgekommen sei letztendlich ein Papier, indem viel Altes als neu verkauft werde. Den von Cornelia Schmachtenberg (CDU) geäußerten Vorwurf, die SPD kritisiere seit einem Jahr die Pläne der Koalition, „ohne auch nur einen einzigen konkreten Vorschlag gemacht zu haben“, wies Redman zurück: Man habe mehrfach die Hand gereicht, sie sei aber jedes Mal ausgeschlagen worden: „Das“, so Redmann, „hat mich zutiefst enttäuscht, so wie mich auch der Aktionsplan enttäuscht“.

SSW kritisiert Fischereiverbote

Lasse Petersdotter von den Grünen hob in der Debatte hervor: „Die Gemengelage war für uns Grüne eine Herausforderung, aber heute können wir sagen: Die Ostsee hat gewonnen und das gab es in der Vergangenheit selten.“ Der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer bremste die Euphorie des Grünen-Abgeordneten und sagte, man werde nun sehen müssen, inwieweit der gefundene Kompromiss ausreiche, „die Ostsee effektiv zu schützen“. Die Fischereiverbote kritisierte er scharf: Die Fischerei sei ein „ein traditioneller Erwerb, der zu Schleswig-Holstein gehört […] und nicht ins Museum“.

Neben den bereits erwähnten Maßnahmen ist außerdem geplant, die Industriefischerei in den Schutzgebieten vollständig zu verbieten. Die Bergung von Kunststoff, Geisternetzen und Munitionsaltlasten aus den beiden Weltkriegen sind außerdem Teil des „Aktionsplans Ostseeschutz 2030“ – ebenso wie die Einrichtung einer Koordinationsstelle, die die beteiligten Akteure zusammenführen und sich um Meeresschutzarbeiten und eine Durchsetzung der Regeln kümmern soll.

Der Landtag wird sich mit dem Schutz der kränkelnden Ostsee befassen. Hierzu hat die Landesregierung eine Regierungserklärung angekündigt. Thema ist der der „Aktionsplan Ostseeschutz 2030“, den Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bereits am Dienstag vor der Landtagstagung öffentlich vorgestellt haben. Die innerhalb der schwarz-grünen Landesregierung geführte, öffentliche Debatte um einen besseren Schutz der Ostsee scheint beendet. Einen Nationalpark wird es nicht geben – stattdessen wurde der "Aktionsplan Ostseeschutz 2030" ins Leben gerufen. Er soll helfen, das kränkelnde Binnenmeer besser vor den Einflüssen der Menschen zu schützen.

Nach den Aussagen von Günther und Goldschmidt sollen 12,5 Prozent der Fläche der schleswig-holsteinischen Ostsee in Zukunft unter strengem Schutz stehen. Unter anderem sollen die Landwirte im Einzugsgebiet die Einträge von Stickstoff und Phosphat reduzieren – um 20 Prozent bis zum Jahr 2035. Es werden Rückzugsgebiete und Ruheraume für Tiere und Pflanzen eingerichtet. Auch die Fischer werden mit Einschränkungen rechnen müssen. Und in drei neuen Naturschutzgebieten wird der Wassersport nur in bestimmten Zonen und zu bestimmten Jahreszeiten gestattet. Die neuen Schutzgebiete umfassen knapp acht Prozent der schleswig-holsteinischen Ostsee und sollen westlich der Insel Fehmarn, in der südlichen Hohwachter Bucht und zwischen der Schleimündung und Gelting eingerichtet werden. 

Nach Monaten des Streits: Koalition zeigt sich geschlossen

Günther und Goldschmidt zeigten sich gleichermaßen zufrieden mit der Einigung. „Wir alle wissen, dass der Zustand der Ostsee aktuell nicht gut ist und wir handeln müssen“, sagte Günther. Goldschmidt nannte den Aktionsplan ein „Programm für eine lebendige Meeresnatur“, von dem „alle profitieren“. Die vorausgegangene Debatte der Koalitionspartner war kontrovers. Während Goldschmidt lange nicht von seinen Nationalpark-Plänen abweichen wollte, positionierte sich die CDU schon im Oktober des vergangenen Jahres dagegen: Auf einem Landesparteitag der Union im Oktober letzten Jahres sprachen sich die Delegierten fast einstimmig gegen einen Nationalpark aus.

Auch die Fraktionen von SPD und FDP standen einem Nationalpark skeptisch gegenüber. Als Alternative beantragte die SPD zuletzt eine Expertenanhörung, um konkrete Schlüsse für einen Handlungsplan zu ziehen, die FDP forderte ihrerseits eine Enquete-Kommission, die zu einer transparenten Diskussion führen sollte. Beide Anträge waren abgelehnt worden.

Bürger mehrheitlich für Nationalpark

Naturschutz- und Interessenverbände haben sich seit langem klar positioniert. Vom Sommer bis zum Herbst des letzten Jahres gab es unter der Federführung der Landesregierung einen Dialog zwischen allen Beteiligten. Der Abschlussbericht machte deutlich: Umweltverbände sprechen sich klar für einen Nationalpark aus, Interessenvertreter unter anderem von Bauern, Fischern, Wirtschaft und Tourismus sind strikt dagegen. Die Bürger Schleswig-Holsteins würden laut einer Umfrage der Naturschutzorganisation BUND übrigens knapp für einen Nationalpark stimmen: mit 53,6 Prozent.

(Stand: 20. März 2024)

Vorherige Debatten zum Thema:
Januar 2024 (Newsticker, 25.01./17:10)
Dezember 2023

Regierungserklärung

Top 1A:
Regierungserklärung zum Thema „Aktionsplan Ostseeschutz 2030“
Drucksache 20/2012 

Antrag

Top 13:
Bericht zum geplanten Ostseeschutz
Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 20/1944