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25.01.24
15:23 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 21: Neue Investitionen in die Atomenergie sind gegen die Interessen von Schleswig-Holstein

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 25. Januar 2024
Serpil Midyatli Neue Investitionen in die Atomenergie sind gegen die Interessen von Schleswig- Holstein TOP 21: Neue Investitionen in die Atomenergie sind gegen die Interessen von Schleswig-Holstein (Drs. 20/1767, AltA 20/1835)
„Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wissen Sie, was der Unterschied zwischen einer Telenovela und einer Seifenoper ist? Eine Telenovela dauert sehr lange. So wie „Verliebt in Berlin“. Sie hat aber einen klar definierten Anfang und ein Ende. Ihre Handlung ist abgeschlossen. Eine Seifenoper läuft quasi ewig. So wie die Lindenstraße. Zumindest bis sie abgesetzt wurde.
In Bezug auf die Atomenergie scheint sich die CDU nicht entscheiden zu können, ob es „Verliebt in Berlin“ oder die „Lindenstraße“ wird. In Ihrem Grundsatzprogramm wärmen Sie das Thema wieder auf, obwohl vergangenes Jahr die letzten Meiler vom Netz gegangen sind. Das wäre ein guter Endpunkt gewesen. Aber Ihre Lindenstraße soll wohl weiter gehen.
Egal welches Fernsehformat Sie sich zur Vorlage nehmen: Drama gab es bei der CDU und der Atomenergie immer. So ist es in On-Off-Beziehungen. Im Jahr 2000 wurde der Atomausstieg durch Rot-Grün beschlossen. 2010 haben dann CDU und FDP den Ausstieg aus dem Ausstieg beschlossen. Nur um dann ein Jahr später wieder eine Kehrtwende hinzulegen. Doch wieder Ausstieg. Und 2022 wollten Sie dann wieder die Verlängerung der Laufzeit.
Jetzt sollen es laut Ihres Grundsatzprogramm Kernkraftwerke der 4. und 5. Generation und die sagenumwobene Fusionsenergie richten. Nun, inhaltlich müsste man dazu eigentlich gar nicht viel mehr sagen als E.ON-Chef Birnbaum Anfang dieses Jahres. Ich zitiere: „Die Messe für Atomkraft ist gelesen."
Selbst die möglichen Betreiber, die viel Geld verdienen könnten, winken also bei Ihrem Vorschlag ab. Warum sollte man also überhaupt darüber sprechen? Weil hinter Ihrem Umgang mit der Atomkraft Methode steckt. Radikal wird das Vermächtnis von Angela Merkel in der CDU abgebaut. Immer radikaler und immer losgelöster von den politischen Realitäten handelt die Union.


1 Sie schlagen mit der Atomkraft eine Lösung für die Energieprobleme vor, die sowohl Industrie als auch Wissenschaft nicht für praktikabel hält. Sie tun das einzig und allein, weil der Vorschlag populär ist. Das hätte es bei Angela Merkel nie gegeben.
Nun müsste ich ja die Letzte sein, die sich Sorgen um die Union machen müsste. Die Union hat gerade unter der Führung von Angela Merkel große Verdienste um unser Land erworben. Ähnlich wie für die Sozialdemokratie galt in den vergangenen Jahrzehnten meist: erst das Land, dann die Partei. Eine Partei mit diesem Selbstverständnis geht in die Verantwortung. Sie stellt die eigenen Interessen zurück und das Wohl des Landes nach vorn. Drei Mal sind unsere Parteien deshalb nach 2005 Koalitionen eingegangen, die uns schwergefallen sind. Ich habe den Eindruck, dass diese Qualität gerade in der CDU verschwindet.
Man sieht es in der Migrationspolitik. Wo in der Ministerpräsidenten-konferenz getroffene Vereinbarungen aller Ministerpräsidenten nur Tage später durch Forderungen des CDU- Parteivorsitzenden nach noch schärferen Maßnahmen aufgekündigt werden. Man sieht es auch am haushaltspolitischen Gebaren der Merz-CDU. Ich kann die offene Freude über das KTF-Urteil nicht nachvollziehen. Merz scheint nicht mal zu merken, dass er die Menschen trifft, wo er den Schlag gegen die Bundesregierung führt. Dazu passt, dass man sich dann lauthals gegen die in der Folge notwenigen Kürzungen für die Landwirtschaft stellt. Die man selbst mitverursacht hat. Offenbar geht es nicht ums Prinzip, sondern um Parteitaktik. Und auch der Entwurf des neuen Grundsatzprogramms hat diesen Zungenschlag. In den USA und Großbritannien haben wir gesehen, wie sich große und traditionsreiche konservative Parteien auf den Pfad des Populismus verabschiedet haben. Ich wünsche der Union und unserem Land, dass sich das bei uns nicht wiederholt.
Noch unverständlicher finde ich, dass sich CDU-Politiker aus Schleswig-Holstein ebenfalls für ein Wiederaufleben der Atomkraft aussprechen. In Berlin mag man das Getöse von Merz als Oppositionsgehabe abhaken. Aber hier sind Sie in der Verantwortung. Es verunsichert, wenn beispiels-weise die Bildungsministerin oder der CDU-Fraktionsvorsitzende laut über Atomkraft nachdenken.
Schleswig-Holstein ist schließlich ein Gunststandort für Erneuerbare Energie. Wir können Wasserstoff, Windkraft, Solarenergie und Sektorenkopplung. Darin liegen unsere Stärken. Und damit verbunden sind großen Chancen für unser Land. Northvolt zeigt das.
Die Rückkehr zu teuren und zentralen Kernkraftwerken bedroht diese Chancen. Sie bieten Schleswig-Holstein im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsregionen keine Vorteile. Sie stellen sich mit Ihren Vorstößen also gegen die Interessen unseres Landes. Der Ministerpräsident hat das immerhin verstanden. Ich frage mich nur, warum man weder im CDU-Parteivorstand noch im eigenen Landesverband auf ihn hört.
Am Ende muss man festhalten: Was Sie in der Atomkraft-Frage abliefern, ist weder die „Lindenstraße“ noch „Verliebt in Berlin“. Es ist ein Schmierentheater. Für ein paar billige

2 politische Punkte spielen Sie mit der wirtschaftlichen Zukunft unseres Landes. Dafür ist diese Frage aber zu wichtig. Hören Sie endlich auf damit. Und stellen Sie klar, dass die Landesregierung sich voll auf den Ausbau der Erneuerbaren konzentriert."



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