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Anti­diskriminierungs­stelle

Schleswig-Holstein

Fragen zum Thema

Was ist Diskriminierung?

Nicht alles, was Menschen als diskriminierend empfinden, ist eine Benach­teiligung im Sinne des Allgemeinen Gleich­behandlungs­gesetzes (AGG). Das Gesetz selbst benutzt nämlich gar nicht den Begriff „Diskriminierung“, sondern verwendet die Bezeichnungen „Benachteiligung“, „Belästigung“ und „Sexuelle Belästigung“.

Es führt in einem abschließenden Katalog sechs Gründe bzw. personen­bezogene Merkmale an, aufgrund derer kein Mensch benachteiligt werden darf. Das sind:

  • ethnische Herkunft,
  • Geschlecht,
  • Religion oder Weltanschauung,
  • Behinderung,
  • Alter und
  • sexuelle Identität.

Es liegt auf der Hand, dass Personen auch mehrfach diskriminiert werden können, wie etwa aufgrund von Geschlecht und Alter oder Alter und Migrations­hintergrund, denkbar, aber ebenso verboten.

Beispiel: In einer Stellen­anzeige wird eine „Assistentin der Geschäfts­leitung zwischen 25 und 35 Jahren gesucht“. Somit sind Frauen, die älter oder jünger sind, und Männer jeden Alters ausgeschlossen.



Wie können wir helfen?

Grundsätzlich können sich Menschen, die einen Wohnsitz in Schleswig-Holstein haben, an die Anti­diskriminierungs­stelle des Landes Schleswig-Holstein wenden. Darüber hinaus selbst­verständlich auch alle Bürger*innen, die im Land Schleswig-Holstein diskriminiert worden sind.

Sie können sich schriftlich (per Post, per E-Mail, per Fax), persönlich (mit einem Termin) oder telefonisch während unserer Ansprech­zeiten an uns wenden. Wir prüfen kostenlos mit Ihnen den Vorgang, zeigen Ihnen Ihre Möglichkeiten auf und nennen Ihnen kompetente Expert*innen, mit denen Sie einen ggf. bestehenden Anspruch – beispielsweise gegenüber Ihrem Arbeit­geber – durchsetzen können.

Bedenken Sie bitte, dass das AGG kurze Fristen vorsieht, in denen Sie einen Schadens­ersatz gegen die diskriminierende Person oder das Unternehmen geltend machen können. Innerhalb von zwei Monaten nach dem Vorfall müssen diese Ansprüche schriftlich geltend gemacht werden. Dokumentieren Sie so gut es geht den Vorfall, denn es ist oft nicht einfach eine Diskriminierung zu beweisen.



Welche Lebensbereiche sind vom AGG geschützt?



Das AGG ist nur in zwei großen Lebensbereichen einschlägig, nämlich:

  • im Arbeitsleben (im Bewerbungsverfahren, während der Beschäftigung, bei Beförderungen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses)
    Ausnahme: Bei Kündigungen gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
  • bei sog. Alltagsgeschäften bzw. Massengeschäften.


Außerhalb des Arbeitslebens muss darüber hinaus noch einmal differenziert werden zwischen:

  • bei Öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen gelten alle Benachteiligungs­kriterien,
  • bei privatrechtlichen Rechtsverhältnissen verbietet das AGG i.d.R. nur Benachteiligungen aufgrund der ethnischen Herkunft.


Beispiel für Benachteiligung im Arbeitsleben:
Eine Frau wird bei einer Beförderung übergangen, weil sie schwanger ist oder es werden könnte (vgl. Urteil des ArbG Düsseldorf vom 12.03.2013 (Ca 7393/11)).

Beispiel für Benachteiligung bei Alltags­geschäften:
Ein Hotelier verweigert einem homosexuellen Paar ein Hotelzimmer.

Was sind Massengeschäfte?

Es werden nicht alle Rechts­geschäfte geschützt, es muss sich hierbei um sog. „Massen­geschäfte“ handeln. Wenn Sie also privat Ihr Kfz verkaufen wollen, unterfällt der Verkauf nicht dem AGG, wenn Sie es als Gebraucht­wagenhändler*in tun sehr wohl.

Massen­geschäfte gibt es z. B.:

  • im Einzelhandel
  • im öffentlichen Personennahverkehr
  • in der Gastronomie
  • im Bereich der Vermietung von Wohnraum
  • im Versicherungswesen (nur privatrechtliche Versicherungen, nicht z.B. Gesetzliche Krankenversicherung etc. , dort gelten andere Regelungen).


Massen­geschäfte sind also solche, bei denen der i.d.R. Verkaufende, Vermietende oder Dienst­leistungs­erbringende keinerlei Interesse an Ihrer Person haben wird, den Vertrag im Prinzip mit jeder Person abschließen würde. (Anders: Geschäfte, die auf ein gewisses Vertrauen basieren: Rechtsanwält*innen, Ärzt*innen, Steuerberater*innen). Kein Massen­geschäft liegt vor, wenn der*die Vertrags­partner*in geprüft wird: z.B.: bei Kreditgeschäften.

Beispiel für ein Massengeschäft:
Ein Mobilfunkanbieter lehnt Kund*innen ohne deutschen Pass ab, obwohl sie einen festen Wohnsitz und eine Anstellung in Deutschland haben.



Welche Personen schützt das AGG?



  • Arbeitnehmer*innen
  • Auszubildende
  • Arbeitnehmer*innenähnliche Personen
  • Bewerber*innen
  • Ehemalige Arbeitnehmer*innen
  • Leiharbeitnehmer*innen
  • Beamt*innen von Bund, Ländern und Gemeinden
  • Richter*innen von Bund und Ländern
  • Selbständige, Geschäftsführer*innen und Vorstände (aber nur soweit es um den Zugang zur Erwerbstätigkeit und den beruflichen Aufstieg geht).


Unerheblich ist auch, ob eine Person in Vollzeit, Teilzeit oder geringfügig beschäftigt ist. Auch schützt das Gesetz Personen in der freien Wirtschaft ebenso wie Beschäftigte des öffentlichen Dienstes.

Auf das AGG können sich hingegen nicht berufen:

  • Soldat*innen, denn für sie gilt das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (zumindest im Arbeitsleben)
  • Im Gefängnis arbeitende Personen (es sei denn sie arbeiten als Freigänger*in bei einem*einer Arbeitgeber*in)
  • Ehrenämtler*innen.

 

Welche Formen der Benachteiligung gibt es?



Das AGG unterscheidet zwischen:

  • Unmittelbarer Benachteiligung (= eine direkte Benach­teiligung mit der Folge, „dass eine Person wegen einer der genannten Gründe eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde“).
  • Mittelbarer Benach­teiligung (schwieriger zu erkennen; kein direkter Vergleich zwischen zwei Personen mit ähnlicher Ausgangs­lage;
    Beispiel: Ein*e Arbeitgeber*in gewährt eine zusätzliche Betriebsrente für alle Vollzeit­beschäftigten; es stellt sich heraus, dass es ausschließlich Frauen sind, die teilzeitbeschäftigt sind).
  • Allgemeiner Belästigung  (z. B. Mobbing)
  • Sexueller Belästigung.


Eine Benachteiligung kann auch durch Unterlassen begangen werden, etwa wenn der*die Arbeitgeber*in daneben steht, wenn ein*e Arbeitnehmer*in den anderen als „dummen Türken“ beschimpft.

Gibt es eine Rechtfertigung für Benachteiligungen?

 Welche Rechte haben Betroffene?


Ja. Das Gesetz sieht Einschränkungen vor, d.h. beim Vorliegen eines sachlichen Grundes kann eine Benach­teiligung gerechtfertigt sein. Das gilt selbst­verständlich nicht für Belästigungen und insbesondere sexuelle Belästigungen.

Beispiel:
Der Verkauf von Alkohol an Personen unter 18 Jahren ist keine Diskriminierung von Jugendlichen, weil es hierfür einen sachlichen Grund, den Jugendschutz, gibt.


Darüber hinaus kann eine Benach­teiligung gerechtfertigt sein, wenn eine besondere Gruppe (Jugendliche, ältere Bewerber*innen, Frauen oder behinderte Menschen) gefördert werden soll.

Zulässig könnte eine Ungleich­behandlung also sein wegen:

  • Positiver Maßnahmen des*der Arbeitgebenden: z. B. als Ausgleich für bisher benachteiligte Gruppen oder zur Prävention: Statt eines 20 Jährigen Deutschen wird eine 45-jährige polnische Staatsbürgerin eingeladen, weil ältere und ausländische Frauen unterrepräsentiert im Betrieb waren.
  • Beruflicher Anforderungen: Ein Zirkus sucht eine*n Trapezkünstler*in und lehnt den*die gehbehinderte*n Bewerber*in ab, weil er*sie die Anforderungen an die Stelle nicht erfüllt = berufliche Notwendigkeit.
  • Der Religion oder Welt­anschauung: Hier kann die Frage nach der Religions­zugehörigkeit bei der Einstellung einer Lehrkraft an einer katholischen Schule gerechtfertigt sein; anders: Gärtner*in gesucht.
  • Des Alters: Zulässig, wenn die Maßnahme objektiv und angemessen ist und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel hierfür müssen wiederum angemessen und erforderlich sein (Gibt es ggf. ein milderes Mittel?). Beispiel: Arbeitsverträge enthalten den Passus, dass ein Arbeits­verhältnis dann endet, wenn der*die Arbeitnehmer*in eine Altersrente beantragen kann. Der*die Arbeitgeber*in hat ein Planungs­bedürfnis, was sein Personal und den Personal­nachwuchs angeht. Ist der*die ältere Arbeitnehmer*in durch eine Altersrente wirtschaftlich abgesichert, wäre die Ungleich­behandlung zulässig. Weitere Beispiele: Honorierung von Betriebstreue, Höchstaltersgrenzen für Einstellungen, Betriebliche Altersversorgung, Sozialplanabfindung (siehe alle in § 10 AGG).


Eine zulässige Ungleich­behandlung könnte wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung als eine unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit vorliegen, etwa bei der Einstellung eines Ballett­tanzenden oder einer Aufsichtsperson in einem katholischen Mädchen­pensionat für die Nachtstunden. Weitere allgemeine Gründe – neben der Gewährung von Vorteilen für eine bestimmte Personengruppe und die Anknüpfung an die Religion:

  • Vermeidung von Gefahren (Kartfahrverbot für Personen mit einer Behinderung der Wirbelsäule, da Folgeschäden befürchtet)
  • Schutz der persönlichen Sicherheit (beleuchtete Frauen­parkplätze, nah am Ausgang)
  • Schutz der Intimsphäre (Saunaklub für Frauen).


Eine weitere Einschränkung gilt im Arbeitsleben:

Das AGG schützt nur in den Fällen, in denen ein*e Bewerber*in die fachlichen Quali­fikationen für eine offene Stelle besitzt und sich ernsthaft auf die Stelle beworben hat! Dies soll das „AGG-Hopping“ verhindern.

Das AGG erlaubt Benach­teiligungen mit sachlichen Grund bei fünf Merkmalen, aber nicht aus Gründen der ethnischen Herkunft, vgl. § 20 Abs. 1 AGG.

Welche Rechte haben Betroffene?

Je nachdem, in welchem Bereich wir uns befinden, haben Betroffene verschiedene Möglichkeiten auf eine Ungleich­behandlung zu reagieren. Insgesamt kennt das AGG folgende Maßnahmen:

  • Beschwerde: Der*die Arbeitgeber*in ist verpflichtet, den Vortrag und den Vorwurf der Diskriminierung zu prüfen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um einen Wieder­holungs­fall auszuschließen. Diese können in Ermahnungen, Abmahnungen, Versetzung, ordentliche und außerordentliche Kündigungen bestehen. „Beschwerde­gegner*in“ wäre der*die Vorgesetzte, der*die Behörden­leiter*in oder eine ggf. eingerichtete Beschwerde­stelle; hier wäre das Maßregelungs­verbot des*der Anzeigenden zu beachten, d.h. der*die Arbeitnehmer*in darf nicht bestraft werden, wenn er*sie eine*n diskriminierende*n Kollegen*in meldet oder sich als bezeugende Person zur Verfügung stellt!
  • Zurückbehaltungsrecht (gilt nur bei Belästigungen und sexuellen Belästi-gungen) in Form der Arbeits­niederlegung als ultima ratio, wenn die Maßnahmen des*der Arbeitgebenden nicht fruchten oder unzureichend sind und zum Schutz des*der Arbeitnehmenden erforderlich.
  • Schadensersatz und Entschädigung/Geldstrafe: Bedenken Sie bitte, dass das AGG kurze Fristen vorsieht, in denen Sie einen Schaden­sersatz gegen die diskriminierende Person oder das Unternehmen geltend machen können. Innerhalb von zwei Monaten nach dem Vorfall müssen diese Ansprüche schriftlich beim Arbeitgebenden geltend gemacht werden. Ab dem Zeitpunkt der Geltend­machung bei dem*der Arbeitgeber*in gilt die Drei-Monats-Frist des § 61 b Arbeitsgerichts­gesetzes (ArbGG), in der eine „Klage wegen Benachteiligung“ beim Arbeits­gericht eingelegt werden kann. § 61 b ArbGG spricht zwar nur von der Klage auf „Entschädigung“, jedoch sollten auch Schadens­ersatzansprüche innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden.
  • Klage (im Übrigen auch der Betriebsrat, vgl. § 17 Abs. 2 AGG).


Eine Vielzahl der Diskriminierungs­fälle scheitert an der Nachweisbarkeit. Die Beweislast trägt die Person, die sich diskriminiert fühlt. Hierbei muss der*die Arbeitnehmer*in jedoch keine wasserdichten Beweise vorlegen. Nach § 22 AGG reicht es, wenn der*die Arbeitnehmer*in Indizien vorträgt, die eine Diskriminierung wahrscheinlich machen. Dies führt dann zu einer Beweislast­umkehr, d.h. der*die Arbeitgeber*in muss nun nachweisen, dass keine Diskriminierung vorgelegen hat. Dokumentieren Sie so gut es geht den Vorfall, denn es ist oft nicht einfach, eine Diskriminierung zu beweisen oder aber auch zu entkräften. Bewerbungs­unterlagen in Kopie und Gesprächs­vermerke sollten bis mindestens sechs Monate nach Beendigung des Bewerbungs­verfahrens aufbewahrt werden.

Noch einmal zur Klarstellung: Das AGG gibt ggf. einen Anspruch auf Schadens­ersatz oder auf eine Geldbuße, aber nicht den Arbeitsplatz! Hier bedürfte es für die betroffene Person eines weiteren arbeitsgerichtlichen Schrittes!

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