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Die Landesbeauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen

des Landes Schleswig-Holstein bei der Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Was gibt es über den vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG zu wissen?

Am 4. März 2022 hat der Europäische Rat erstmals die Anwendung der Massenzustrom-Richtlinie beschlossen. Der Durchführungsbeschluss ist am selben Tag in Kraft getreten. Diese Regelung ermöglicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG, ohne die individuellen Bedarfe im Rahmen eines Asylverfahrens prüfen zu müssen. Das BMI macht mit den Länderschreiben vom 14. März 2022, 14. April und 5. September 2022 Ausführungen zur Umsetzung des Durchführungsbeschlusses. Begünstigte des Durchführungsbeschlusses sind Menschen in den folgenden Konstellationen:

  1. ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten sowie ihre Familienangehörigen
  2. Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben, sowie ihre Familienangehörigen
  3. sonstige ukrainische Staatsangehörige, die sich bereits mit einem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten, wenn die Verlängerung des bestehenden Aufenthaltstitels aufgrund rechtlicher Vorgaben oder nicht mehr gegebener Erteilungsvoraussetzungen nicht möglich ist oder während der zeitlichen Gültigkeit des Aufenthaltstitels der Erteilungsgrund entfallen ist und dessen nachträgliche Befristung in Betracht zu ziehen wäre
  4. Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die sich nachweisbar vor dem 24. Februar 2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten, gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben und die nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückzukehren, sowie ihre Familienangehörigen. Zum Nachweis siehe unten
  5. sonstige nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige, die sich am 24. Februar 2022 nachweislich rechtmäßig und nicht nur zu einem vorübergehenden Kurzaufenthalt - das entspricht in Deutschland einer Aufenthaltserlaubnis - in der Ukraine aufhielten und nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können. Zum Nachweis siehe unten. Staatenlose sind aus dieser Gruppe ausgeklammert

Familienangehörige im Sinne der Ziffer 1, 2 und 4 sind:

  1. Ehepartner*innen oder nicht verheiratete Partner*innen, mit denen eine dauerhafte Beziehung gelebt wird
  2. eigene minderjährige ledige Kinder der Ehepartner*innen, gleichgültig ob es sich um ehelich oder außerehelich geborene oder adoptierte Kinder handelt
  3. andere enge Verwandte, die zum Zeitpunkt der den Massenzustrom auslösenden Umstände innerhalb des Familienverbands lebten und vollständig oder größtenteils von einer unter 1, 2 oder 4 genannten Person abhängig waren

Diese genannten Familienangehörigen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG aus eigener Berechtigung aufgrund des Durchführungsbeschlusses, auch wenn sich die „Stammberechtigten“ noch nicht in Deutschland befinden. Dann muss glaubhaft dargelegt werden, dass die Stammberechtigten noch beabsichtigen, sich nach Deutschland zu begeben.

Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet: Die Einreise kann jederzeit nach dem 24. Februar 2022 erfolgt sein oder erfolgen. Zudem wird der vorübergehende Schutz auf Personen ausgedehnt, die höchstens 90 Tage vor dem 24. Februar 2022, als die Spannungen zunahmen, aus der Ukraine geflohen sind oder die sich in diesem Zeitpunkt (z. B. im Urlaub oder zur Arbeit) in einem Drittstaat aufgehalten haben und die infolge des bewaffneten Konflikts nicht in die Ukraine zurückkehren können.

Begünstigte können eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG bei der örtlichen Ausländerbehörde stellen. Diese Aufenthaltserlaubnis bietet:

  • Sozialleistungen (Harz IV)
  • Gesundheitsversorgung (gesetzliche Krankenversicherung)
  • BAföG
  • Beschäftigungserlaubnis
  • Wohnsitznahme in privat bereitgestellten Wohnungen oder kommunal eingerichteten Unterkünften. Durch den Antrag auf vorübergehenden Schutz erfolgt rechtlich eine Bindung an den entsprechenden Kreis beziehungsweise die entsprechende kreisfreie Stadt. Die Aufenthaltserlaubnis beinhaltet eine Wohnsitzverpflichtung nach § 12a AufenthG. Demnach besteht bei Leistungsbezug die Verpflichtung, für drei Jahre an dem zugewiesenen Wohnort zu leben. Ist ein Umzug zugunsten verschiedener Integrationsbelange gewünscht, kann nach § 12a Absatz 5 AufenthG eine Aufhebung der Wohnsitzverpflichtung beantragt werden. Das kommt in Betracht bei einer den Lebensunterhalt überwiegend sichernden Erwerbstätigkeit, einem Integrationskurs, einem Berufssprachkurs, einer mindestens dreimonatigen Qualifizierungsmaßnahme, die zu einer Berufsanerkennung führt, oder einer geförderten Weiterbildungsmaßnahme
  • Reisefreiheit innerhalb der EU/des Schengenraums zum Zweck eines Kurzaufenthalts in Verbindung der Aufenthaltserlaubnis mit einem gültigen Reisepass (Weiteres zur Reisefreiheit ist hier nachzulesen)
  • Kindergeld. Dies kann über die Familienkasse beantragt werden. Informationen bietet die Bundesagentur für Arbeit
  • Teilnahme an Integrationskursen, nach Verfügbarkeit der Kursplätze. Dies kann über das BAMF oder die Träger der Integrationskurse beantragt werden.

Nach dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG gibt es eine Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Absatz 5 AufenthG. Diese bescheinigt, dass ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt wurde und sich dieser Antrag in Bearbeitung befindet. Bereits die Fiktionsbescheinigung gewährt den Zugang zu den vorangehend aufgelisteten Rechten.

Die Erteilung einer Fiktionsbescheinigung setzt voraus, dass gemäß § 81 Absatz 7 AufenthG eine erkennungsdienstliche Behandlung stattgefunden hat und die Daten im Ausländerzentralregister hinterlegt sind.

Eine Fiktionsbescheinigung steht allen aus der Ukraine geflohenen Menschen unter Punkt 1 bis 5 zu, bis rechtskräftig über die Gewährung von vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG entscheiden wurde. Es ist nicht rechtmäßig, wenn die Ausländerbehörde aus der Ukraine geflohenen Drittstaatsangehörigen eine Fiktionsbescheinigung verweigert, ohne zu prüfen, ob eine sichere und dauerhafte Rückkehr möglich ist. Der Landeserlass vom 12. Oktober 2022 bestimmt nur für den Fall eines offensichtlich unbegründeten Antrags, keine Fiktionsbescheinigung auszustellen.

Die Fiktionsbescheinigung hat ihre Grundlage zu benennen. Dass entweder

  • der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG geprüft wird,
  • Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG besteht, oder
  • der Anspruch auf Erteilung einer anderweitigen Aufenthaltserlaubnis geprüft wird.

Im Herbst 2023 hat der Rat der Europäischen Union beschlossen die Anwendung der Massenzustromrichtlinie um ein weiteres Jahr zu verlängern. Die Aufenthaltserlaubnis gilt gemäß den Ausführungen zur Ukraine-Aufenthaltserlaubnis-Fortgeltungsverordnung bis zum 4. März 2025. Dabei bestimmt die Verordnung, dass alle Aufenthaltserlaubnisse nach § 24 AufenthG mit einer bisherigen Gültigkeit bis zum 4. März 2024 ein Jahr länger bis zum 4. März 2025 gelten, auch ohne dass die verlängerte Gültigkeit auf dem Aufenthaltstitel von der Ausländerbehörde vermerkt wurde. Wie für die Betroffenen selber und auch für andere Institutionen als den Ausländerbehörden die verlängerte Gültigkeit ersichtlich sein soll ist derzeit noch unklar. Relevant könnte es im Kontext von Sozialleistungen, Mietverträgen, Arbeitsverträgen, Gesundheitsversorgung, Strafverfolgung, öffentlichem Personenverkehr und allen anderen Bereichen werden, in denen auf ein gültiges Aufenthaltsrecht geachtet wird. 

Aus einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG heraus kann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, grundsätzlich eine andere Aufenthaltserlaubnis beantragt werden. Wichtig ist zu wissen, dass auch bei einem Wechsel der Aufenthaltserlaubnis aus § 24 AufenthG heraus ein Visumverfahren nicht nachgeholt werden muss. Ein Wechsel ist beispielsweise möglich hin zu einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung, Arbeit oder Eheschließung. § 19f Absatz 1 AufenthG sieht jedoch vor, Begünstigte vorübergehenden Schutzes von einem Wechsel hin zu bestimmten Aufenthaltserlaubnissen auszuschließen, etwa zum Zweck eines Studiums, studienvorbereitender Maßnahmen, eines studienbezogenen Praktikums im EU-Ausland, Studienbewerbung, einer Blauen Karte EU, Forschung oder des Europäischen Freiwilligendienstes. Dieser Ausschluss gilt für Begünstigte vorübergehenden Schutzes aus anderen EU-Staaten und in Deutschland gleichermaßen. Gleichzeitig können diese Tätigkeiten auch mit der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG ausgeübt werden.

Spätaussiedler*innen und Angehörige einer deutschen Minderheit in der Ukraine können nach Durchlaufen eines Aufnahmeverfahrens nach dem Bundesvertriebenengesetz die Einbürgerung beantragen. Sie können auch erst zunächst eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG beantragen und das Aufnahmeverfahren danach beginnen. Informieren Sie sich beim zuständigen Bundesverwaltungsamt, auch hinsichtlich der Voraussetzungen für ein sogenanntes „Härtefallverfahren“, falls Sie vorher schon in Deutschland waren.

Sind die ukrainischen Staatsangehörigen jüdischer Abstammung, können diese nach Durchlaufen eines Aufnahmeverfahrens eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Absatz 2 AufenthG erhalten. Es wird empfohlen, sich von der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein oder dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein beraten zu lassen.

Auch ukrainische Staatsangehörige mit einer Duldung in Deutschland können nach § 24 AufenthG begünstigt werden, wenn der bisherige Duldungsgrund entfallen ist und das Ausreisehindernis nicht auf anhaltender mangelnde Mitwirkung, etwa bei der Identitätsklärung, beruht. Besteht die Duldung fort soll sie für einen großzügigen Geltungszeitraum erteilt und mit einer Arbeitserlaubnis versehen werden.

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