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22. September 2017 – Top 5, 6: Anwohnerbeiträge für Straßenausbau

Rückkehr zur „Kann“-Erhebungsregelung

Kommen auf Hausbesitzer Kosten bei Straßenbauarbeiten vor ihrem Gebäude zu oder nicht? Die Antwort auf diese Frage soll bei den Kommunen liegen. So will es die Jamaika-Koalition mit Blick auf den Koalitionsvertrag.

Strassenbau Baustelle
Straßenbauarbeiten in einer Anwohnerstraße Foto: dpa, David Ebener

Union, Grüne und Liberale legen dem Landtag einen Gesetzentwurf vor, mit dem es den Kommunen künftig wieder überlassen werden soll, ob sie von Anwohnern Beiträge für den Straßenbau vor ihrer Haustür erheben oder darauf verzichten wollen. Diese „Kann“-Regelung hatte die alte rot-grün-blaue Landesregierung im Jahr 2012 gestrichen und den Gemeinden die Erhebung der Ausbaubeiträge zur Pflicht gemacht.

Vor knapp einem Jahr hatte die CDU – im Schulterschluss mit den inzwischen aus dem Parlament herausgewählten Piraten – die Rückkehr zur freiwilligen Erhebung zuletzt vergeblich gefordert. Straßenbaubeiträge gehörten in die kommunale Selbstverwaltung, sagte die Petra Nicolaisen (CDU) damals in der November-Tagung des Landtages. Die Liberalen waren gänzlich gegen Anwohnerbeiträge und kündigten kürzlich an, dieses Ziel langfristig weiter zu verfolgen.

Bei den Grünen, die wie in der vergangenen Wahlperiode der Regierung angehören, hält sich die Begeisterung weiterhin in Grenzen: „Unsere Sorge war und ist: Es darf nicht zu einem Wettbewerb unter den Kommunen kommen“, wird die Abgeordnete Ines Strehlau in einer Tageszeitung zitiert.

Verwaltungsaufwand zu hoch

Die von der Koalition angestrebte Änderung der Gemeindeordnung, die die Aufhebung einer Rechtspflicht für Erlasse von Straßenausbaubeitragssatzungen beinhaltet, wird unter anderem damit begründet, dass „der Verwaltungsaufwand für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in keinem angemessenen Verhältnis zu den Einzahlungen beziehungsweise Einnahmen stehe.

In die Beratung fließt ein von der AfD vorgelegter Entwurf für eine Änderung der Kommunalabgabenordnung ein. Der Entwurf betont den Ermessensspielraum der Gemeinden und fordert „größere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Verteilung von Beiträgen“ – etwa bei der Unterscheidung von kleineren Anliegerstraßen und von der breiten Öffentlichkeit genutzten Durchgangsstraßen und Plätzen.

Straßen sind „ein Wirtschaftsgut wie ein Haus oder Auto“

Die AfD-Forderung ist auch schon in der derzeitigen Pflichtbeitragsregelung enthalten. Das heißt, je stärker eine Straße von der Allgemeinheit genutzt wird, desto weniger müssen Anlieger dazu bezahlen, wenn eine Sanierung ansteht. Um hohe Akutbelastungen zu vermeiden, wurde 2012 die Möglichkeit einer Ratenzahlung eingeführt.

Grundsätzlich bilde die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen einen Teil des Systems zur Finanzierung von gemeindlichen Aufgaben, und die Straßensanierung diene auch dem Werterhalt der Immobilie eines Anwohners, hatte die SPD-Abgeordnete Beate Raudies in der Debatte zum Thema vor einem Jahr gesagt. Der ehemalige Innenminister Stefan Studt (SPD) beschied: Eine Straße „ist ein Wirtschaftsgut wie ein Haus oder Auto“.

(Stand: 15.09.2017)

Kommunen sollen schon bald wieder selbst entscheiden können, ob sie von Anwohnern Beiträge für den Straßenbau vor ihrer Haustür erheben oder darauf verzichten wollen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Jamaika-Koalition vor, mit dem sie die 2012 von der rot-grün-blauen Vorgängerregierung eingeführte „Pflicht“-Erhebung wieder rückgängig möchte. Im Plenum zeichnet sich breite Unterstützung für die „Kann-Regelung“ ab, nur die SPD beklagt, das Land wälze Probleme auf die Kommunen ab.

Jamaika mache sich mit dem Gesetzentwurf auf den Weg, eines der größten Ärgernisse für die Menschen in Schleswig-Holstein aus der letzten Legislaturperiode zu beseitigen, sagte Stephan Holowaty (FDP). Er versprach: „Wir werden sicherstellen, dass es echte Wahlmöglichkeiten gibt, dass der Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nicht zu Nachteilen bei der Genehmigung des Kommunalhaushaltes oder der Mittelzuweisung des Landes führen, dass Konsolidierungsgemeinden nicht schlechter gestellt oder gar bestraft werden.“

Ähnlich äußerte sich seine Koalitionskollegin Petra Nicolaisen von der CDU. Auch Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) erachtete es für sinnvoll, den Kommunen die Entscheidung an die Hand zu geben: „Es wird nichts verboten, niemanden werden Grenzen gesetzt, sondern es gibt neue Gestaltungsmöglichkeiten und Eigenverantwortung.“

SPD kritisiert fehlende Ausgleichszahlungen

Beate Raudies (SPD) hielt der Koalition dagegen vor, die Verantwortung in die kommunalen Vertretungen zu verschieben. „Sie kippen diese Probleme den Kommunalpolitikern vor Ort vor die Füße, die sich neben der nebulösen Finanzierung auch noch mit den absehbaren Protesten der Zukurzgekommenen herumschlagen dürfen.“ Viel schlimmer sei aber, so Raudies, dass der versprochene finanzielle Ausgleich für Kommunen, die auf Ausbaubeiträge verzichten wollen, „auf den Sankt Nimmerleinstag“ verschoben werde.

Die AfD legte einen eigenen Gesetzentwurf ein, der den Ermessensspielraum der Gemeinden betont und größere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Verteilung von Beiträgen fordert. Volker Schnurrbusch bemängelte, dass Anlieger oft noch nach Jahren zur Kasse gebeten werden. Viele Kommunen hätten gar keine Satzungen, und wenn, dann würden sie oft nicht oder intransparent umgesetzt.

„Es wird harte Diskussionen geben“

Die Grünen hatten in der alten Küstenkoalition mit SPD und SSW noch betont, dass es keinen Wettbewerb der Kommunen geben dürfe. Daher sei der jetzt vorliegende Gesetzentwurf für ihre Fraktion kein leichter Weg gewesen, gestand Ines Strehlau (Grüne) ein. Viele Gemeinden aber seien mit dem Status quo nicht zufrieden und Bürger monierten immer wieder nicht nachvollziehbare Entscheidungen der Verwaltung.

Lars Harms vom SSW hält es heute „grundsätzlich richtig, den Gemeinden Handlungsfreiheit zu gewähren”. Entscheidend sei nun, was die Gemeinden dazu sagen. „Es wird harte Diskussionen geben“, prophezeite er.

Der Innen- und Rechtsausschuss berät die Gesetzentwürfe weiter.

1. Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Erhebungspflicht für Straßenausbaubeiträge
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP  – Drucksache 19/150

1. Lesung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes – Abschaffung der Pflicht zur Erhebung von Beiträgen gem. § 8 Abs. 1 KAG
Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 19/159