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22. Februar 2018 – Top 36: Waffenbesitz in Schleswig-Holstein

Landtag fordert mehr Kontrollen bei Waffenbesitzern

Angesichts unterschiedlich häufiger Überprüfungen von Waffenbesitzern in Städten und Kreisen sowie einer rasant gestiegenen Zahl an Kleinen Waffenscheinen fordert der Landtag die Regierung einstimmig auf, für mehr Kontrollen zu sorgen.

Waffenschein
Die Zahl der Kleinen Waffenscheine ist gestiegen. Foto: dpa, Carsten Rehder

Etwa 38.000 private Waffenbesitzer hatten in Schleswig-Holstein Ende vergangenen Jahres rund 186.300 Schusswaffen in ihren Schränken oder Tresoren. Etwa ein Drittel davon waren Kurzwaffen wie Pistolen, zwei Drittel waren Langwaffen wie Gewehre. Diese Zahlen aus dem Nationalen Waffenregister legt das Innenministerium nun dem Landtag vor. Das Parlament hatte sie auf Initiative des SSW angefordert. Die Zahl der Waffenbesitzer ist seit Beginn der Statistik im Jahr 2015 leicht gesunken, die Zahl der Waffen jedoch leicht gestiegen.

Vor allem auf dem platten Land ist der Waffenbesitz verbreitet. So gibt es im Kreis Rendsburg-Eckernförde etwa 4800 Schützen, die 25.000 Waffen bei sich zu Hause lagern. In Flensburg hingegen verfügen lediglich 361 Personen über knapp 2000 Feuerwaffen.

Nur eine Kontrolle im Kreis Rendsburg-Eckernförde

Auffällige Unterschiede zwischen den Kreisen gibt es auch bei den „anlassbezogenen und verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrollen“ durch die Waffenbehörden. Die knapp 3000 Schützen im Kreis Ostholstein erlebten vergangenes Jahr 335 verdachtsunabhängige Kontrollen. Ganz anders sah es im Kreis Rendsburg-Eckernförde aus: Nur ein einziger der 4812 Schützen wurde dort 2017 kontrolliert. Auch in Lübeck und im Kreis Steinburg wurde 2017 nur ein einziger Waffenbesitzer unter die Lupe genommen.

Zwischen 2015 und 2017 wurde insgesamt 368 Personen der Waffenschein aberkannt. Schützen mit Waffenbesitzkarte müssen ihre Jagd- und Sportwaffen und die Munition in getrennten abschließbaren und dem Waffengesetz entsprechenden Schränken aufbewahren.

Mehr Straftaten mit Schusswaffen

Die Polizeiliche Kriminalstatistik registrierte im Jahr 2015 insgesamt 1643 Straftaten, bei denen Schusswaffen eingesetzt wurden. 2016 waren es 1735. Für 2017 lagen laut Landesregierung noch keine Zahlen vor.

Auffällig ist die stark steigende Zahl der Kleinen Waffenscheine im Lande. Sie wuchs von knapp 10.000 im Jahr 2015 auf 20.250 Ende 2017. Der Kleine Waffenschein berechtigt zum Führen von Signal-, Reizgas- und Schreckschusspistolen.

(Stand: 19. Februar 2018)

Meldung/Debatte bei Antragstellung:
November 2017 (ohne Aussprache)

Angesichts unterschiedlich häufiger Überprüfungen von Waffenbesitzern in Städten und Kreisen sowie einer rasant gestiegenen Zahl an Kleinen Waffenscheinen fordert der Landtag die Regierung einstimmig auf, für mehr Kontrollen zu sorgen. Das Land habe eine Verantwortung dafür, die „Verwahrung und den sicheren Umgang mit Waffen“ im Blick zu haben, betonte Lars Harms (SSW).

Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) nahm die Ordnungsbehörden in die Pflicht: „Einige müssen hier deutlich mehr tun“, sagte er. Zugleich kündigte der Minister an, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der sogenannte Kleine Waffenschein nicht mehr so leicht zu bekommen ist. Rund 38.000 Waffenbesitzer mit mehr als 186.000 scharfen Schusswaffen gebe es im Land, so Grote. Das seien weniger als vier Prozent aller in Deutschland registrierten Pistolen, Revolver und Gewehre.

704 verdachtsunabhängige Kontrollen

Deutlich angestiegen ist seit 2015 die Zahl der Kleinen Waffenscheine, unter die Signal-, Reizgas- und Schreckschusspistolen fallen. Auffällig in dem vom SSW angeforderten Regierungsbericht: Von 704 sogenannten verdachtsunabhängigen Kontrollen im vergangenen Jahr, fanden 589 allein in Ostholstein, Dithmarschen und Kiel statt. In den Kreisen mit den meisten Waffenbesitzern Rendsburg-Eckernförde, Plön und Steinburg gab es dagegen nur sehr wenige Überprüfungen.

Grote erinnert an freiwillige Abgabe

„Mehr Kontrollen sind dringend erforderlich“, erklärte der Innenminister. Er betonte, noch bis 1. Juli dieses Jahres gebe es die Möglichkeit, illegale Waffen und Munition im Rahmen einer Amnestie ohne Strafen bei der Polizei abzugeben. Mehrere hundert seien auf diesem Weg bereits eingezogen worden. Ausdrücklich lobte Grote die Umstellung der Waffenregister auf die digitale Form. Sie soll in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Alle Redner der Fraktionen betonten, ihnen gehe es nicht darum, Jäger, Sportschützen oder Waffensammler zu diskriminieren oder unter Generalverdacht zu stellen. „Die meisten machen das vernünftig“, sagte Lars Harms. Aber: Gesetzliche Regelungen müssten überprüft werden, damit sie „voll und ganz zur Wirkung kommen“. „Das Land hat eine Mitverantwortung dafür zu sorgen, die große Lücke an Kontrollen zu schließen“, so Harms.

Wagner-Bockey: Anstieg ist „besorgniserregend“

Mehr Waffen seien eine große Gefahr für die Sicherheit, stimmten auch Tim Brockmann (CDU) und Burkhard Peters (Grüne) zu. „Statt Sicherheit zu schaffen, wird nur Sicherheit vorgegaukelt und die Arbeit der Polizei erschwert“, merkte Brockmann an. Er verwies auf einen Fall Anfang des Jahres in Wahlstedt (Kreis Segeberg), bei dem Polizisten einen Mann anschossen, der mit einer Schreckschusspistole hantierte.

Wie Brockmann sprach sich auch Peters dafür aus, den bisher möglichen Antrag eines Kleinen Waffenscheines übers Internet abzuschaffen. „Wer ernsthaft behauptet, ein leichterer Zugang zu Waffen, erhöhe die Sicherheit, befindet sich auf dem Holzweg.“

Auch Schreckschusspistolen könnten tödlich wirken, hob Kathrin Wagner-Bockey (SPD) hervor. Sie nannte den Anstieg der Kleinen Waffenscheine „besorgniserregend“. Die „Silvesternacht von Köln“ habe die Gesellschaft verändert. „Wenn Sie bei einer Polizeidurchsuchung in der Flurkommode eine geladene Gaspistole und im Kinderzimmer eine Spielzeugpistole finden, dann wissen Sie worum wir uns sorgen machen müssen“, sagte die Kriminalhauptkommissarin.

Im Ausschuss wird das Thema vertieft

Der Liberale Jörg Hansen forderte in seiner ersten Rede vor dem Landtag eine bessere bundesweite Vernetzung der Kontrollstellen. „Menschen müssen sich nicht nur sicher fühlen, sondern sie müssen sicher sein“, sagte er. Eine „höhere Kontrolldichte“ und „größere Informationstiefe“ bei Waffenbesitzern verlangte auch Claus Schaffer (AfD). Er wolle keine Verschärfung des Waffenrechts, aber auch keine Liberalisierung. „Das Gewaltmonopol liegt beim Staat und nirgendwo anders.“

Der Innen- und Rechtsausschuss beschäftigt sich weiter mit dem Thema.

Regierungsbericht

Bericht über den Besitz und die Nutzung von Waffen in Schleswig-Holstein
Antrag der Abg. des SSW – Drucksache 19/312
(beantragt im November 2017)
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/474
(Federführend ist das Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration)