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§ 47

Teilnahmepflicht

(1) Die Abgeordneten haben die Pflicht, an den Sitzungen des Landtages teilzunehmen.

(2) Wer verhindert ist, an einer Sitzung des Landtages teilzunehmen, hat dies der Präsidentin oder dem Präsidenten unverzüglich mitzuteilen.

(3) Für jede Sitzung des Landtages wird eine Anwesenheitsliste ausgelegt, in die sich die anwesenden Abgeordneten eintragen.

(4) Abgeordnete, die die Sitzung vor ihrem Schluß verlassen wollen, haben dies der Präsidentin oder dem Präsidenten unter Angabe der Uhrzeit schriftlich mitzuteilen.

(5) Urlaub genehmigt die Präsidentin oder der Präsident.

Kommentar

1. Teilnahmepflicht als lex imperfecta

Die in Absatz 1 formulierte Pflicht der Abgeordneten, an den Sitzungen des Landtags teilzunehmen, kann rechtlich nicht durchgesetzt werden. Dies würde der Freiheit des Mandats (Artikel 17 Abs. 1 Satz 2 LV) widersprechen, die es den Abgeordneten selbst überlässt, wann, wo und in welcher Weise sie im Rahmen ihres Mandats tätig werden. Gleichermaßen kann die Erfüllung der Mitteilungspflichten nach Absatz 2 und 4 nicht erzwungen werden (vgl. BVerfGE 40, 296, 312, wonach Abgeordnete theoretisch die Freiheit haben, ihre mandatsbezogenen Aktivitäten nach eigenem Ermessen bis über die Grenze der Vernachlässigung ihrer Aufgaben hinaus einzuschränken).

Allerdings ist den Abgeordneten das Mandat nicht zur Ausübung nach freiem Belieben überlassen. Sie sind vielmehr gebunden durch die Verantwortung, an der Aufgabenerfüllung des Parlaments mitzuwirken (BVerfGE 56, 396, 405). Denn das Prinzip der repräsentativen Demokratie verlangt grundsätzlich die Mitwirkung aller Abgeordneten bei der Willensbildung des Parlaments. Das Spannungsverhältnis, das hierdurch zwischen der Mitwirkungspflicht der Abgeordneten an der Parlamentsarbeit und der Freiheit der Abgeordneten hinsichtlich der Wahrnehmung ihres Mandats besteht, ist dadurch gekennzeichnet, dass die Mitwirkung an der Parlamentsarbeit nicht als rechtlich erzwingbare Handlung ausgestaltet ist. Sie ist ein „nobile officium“, also eine letztlich (nur) moralische Verpflichtung (vgl. Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 16 GO-BT, RN 1; Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die parlamentarische Praxis, Kommentar zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, § 13 GO-BT, Erl. II, 1, b).

Die Regelungen erklären sich letztlich auch vor dem Hintergrund, dass Abgeordnete in früheren Zeiten Tagegeld „für Mehraufwendungen am Sitz des Landtags“ erhalten haben. Dieses konnte unter bestimmten Umständen gekürzt werden, wenn Abgeordnete nicht an Sitzungen teilnahmen (vgl. § 11 AbgG i. d. F. v. 13.02.1991, GVOBl. S. 100). Anders als im Bundestag wirkt sich die Erteilung von Urlaub i. S. d. Absatz 5 auch nicht auf eine Kostenpauschale aus, da eine solche in Schleswig-Holstein nicht mehr gezahlt wird (vgl. § 9 AbgG a. F.). Konsequenzen für Abgeordnete, die sich an die in § 47 statuierten Pflichten nicht halten, sind daher in erster Linie dem politischen Bereich zuzuordnen (hierzu unter 2.).

2. Die politische Verantwortlichkeit der Abgeordneten

Die Verpflichtungen der Abgeordneten aus § 47 sind somit nicht unmittelbar sanktionsbewehrt. Abgeordnete, die ihr Mandat nicht ordnungsgemäß wahrnehmen, müssen allerdings damit rechnen, von ihrer Fraktion zur Rechenschaft gezogen zu werden. Weitere mögliche Folgen für Abgeordnete, die diese Regelungen nicht beachten, ergeben sich aus der zeitlichen Begrenzung ihres Mandats. Sie müssen damit rechnen, von den Gremien ihrer Partei zur nächsten Wahl nicht wieder aufgestellt oder von den Wählerinnen und Wählern abgestraft zu werden.

Kommentar zur Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Stand: 5. Januar 2023

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