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03.11.99
11:22 Uhr
CDU

Jost de Jager: CDU will mit HSG-Novelle neue Freiheit für Hochschulen

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 493/99 vom 3. November 1999

Jost de Jager: CDU will mit HSG-Novelle neue Freiheit für Hochschulen
Eine weitgehende Deregulierung und mehr echte Entscheidungsbefugnisse für die Hochschulen hat die CDU-Landtagsfraktion am Mittwoch vor Journalisten in einem Thesenpapier zur umfassenden Reform des Landeshochschulgesetzes vorgeschlagen. Weil die CDU die gesamte Systematik der von der Landesregierung vorgelegten HSG- Novelle nicht teilt, werde sie sich nicht mit umfangreichen Änderungsanträgen an dem Gesetzgebungsverfahren zu diesem Zeitpunkt beteiligen, kündigte der hochschulpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Jost de Jager, an. Vielmehr werde die CDU nach einem Regierungswechsel ein komplett neues Reformpaket vorlegen. Voraussetzung dafür sei eine Bestandaufnahme über entbehrliche und hinderliche Bestimmungen des Gesetzes. Diese Bestandaufnahme habe es offenkundig nicht gegeben. Denn das Gesetz werde nicht schlanker, sondern dicker. Für die zweite Lesung der aktuellen HSG-Novelle habe sich seine Fraktion deshalb nur auf einige wenige Kernpunkte, wie etwa Drittelparität, Zeitprofessuren und eine Übergangsfrist für die Christian-Albrechts-Universität beschränkt.
Den Unterschied zwischen Landesregierung und CDU-Fraktion bei der inneren Weiterentwicklung der Hochschulen im Lande bezeichnete de Jager als fundamental. Die von der Bildungsministerin vorgelegte Novelle löse die drängenden Probleme der Hochschulen nicht ansatzweise, sondern verlege sich stattdessen auf hochschulpolitisches Schattenboxen. Durch scheindemokratische Regelungen wie die Drittelparität in den Gremien sollen wählerwirksam die Hochschulgruppen umworben werden. Notwendig wäre es aber, die Hochschulen durch mehr echte Eigenverantwortung für den Wettbewerb fit zu machen. Die Änderungsanträge der Regierungsfraktionen würden den ideologischen Ansatz noch verschärfen.
Während der Regierungsentwurf mehr Eigenverantwortung der Hochschulen im wesentlichen auf die Zielvereinbarungen und das auch noch auf fragwürdige Weise - reduziere und ansonsten die Regelungsdichte für die Hochschulen noch erhöhe, wolle die CDU eine weitgehende Deregulierung der internen Hochschulabläufe. Mit dem neuen Hochschulrahmengesetz (HRG), Grundlage der bundesweiten Novellierungen, wurden bewusst zahlreiche Vorgaben für die innere Verfassung der Hochschulen und Universitäten außer Kraft gesetzt, was den Ländern erweiterte Freiräume in der Hochschulgesetzgebung eröffnen sollte. Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf nutzt diese Freiräume nicht aus. Die CDU- Fraktion sieht in einer weitgehenden Deregulierung jedoch für die Hochschulen die Grundlage, aus eigener Kraft und in eigener Verantwortung die Profilbildung der einzelnen Standorte voranzutreiben. Damit die Hochschulen des Landes sich dem Wettbewerb erfolgreich stellen können, brauchen sie Luft zum Atmen.
Leitmotiv der CDU bleibt die Sicherung von Einheit und Freiheit der Forschung und Lehre. Basis jeder Weiterentwicklung und Profilbildung ist die weitgehende organisatorische Unabhängigkeit unserer Hochschulen und innere Unabhängigkeit derjenigen, die forschen und lehren. Mit den Vorstellungen der CDU würde die Politik die Hochschulen des Landes in eine wirkliche Eigenverantwortung entlassen. Die CDU habe volles Vertrauen in das Verantwortungsbewußtsein der Hochschulen und traut ihnen zu, ihr Entwicklungspotential selbst verantwortlich zu nutzen.
Im einzelnen will die CDU-Fraktion den Arm des Ministeriums bei Entscheidungen, die die Hochschule direkt betreffen, verkürzen. Das bedeutet die Abschaffung einer Vielzahl von Regulierungstatbeständen: Von überflüssigen Detailregelungen für die Zusammenarbeit von Hochschulen, die sie selber für unnötig halten, über gesetzliche Vorschriften zur Geschäftsverteilung und Arbeitsweise von Rektoraten, die Nichtöffentlichkeit von Sitzungen oder die Koordinierung von Forschungstätigkeiten. Diese Dinge können Rektorate und Hochschulen allein entscheiden. Gleiches gilt für Genehmigungsvorbehalte des Ministeriums für Prüfungsordnungen (außer denen für Staatsprüfungen) oder die Anzeigepflicht von Studienordnungen und Ausschreibungstexten von Professorenstellen. Wer die eigenverantwortliche Profilbildung von Hochschulen auch durch Berufungen ermöglichen will, muss die Ausschreibung in die Verantwortung der Hochschule geben. Ebenso soll nach dem Willen der CDU-Fraktion die einzelne Hochschule die Freiheit haben, über die Ausschreibung von Zeitprofessuren selbst zu entscheiden. Nach Ansicht der Union müssen Zeitprofessuren die Ausnahme bleiben.
Wichtige Weichenstellungen will die CDU bei einer Flexibilisierung der Entscheidungsabläufe in den Hochschulen setzen. So sollte nach den Worten de Jagers eine Experimentierklausel ins Gesetz aufgenommen werden, die es den Hochschulen ermöglicht, auf eigenen Wunsch z.B. Senat und Konsistorium zusammenzulegen, wie es in anderen Bundesländern bereits möglich ist. Dies würde Entscheidungsabläufe beschleunigen. Ebenso sollten im Zuge einer echten Autonomie die Hochschulen über die Hauptamtlichkeit von Rektoren und die Zahl der Prorektoren selber entscheiden können.
Wesentliche Voraussetzung für verbesserte Rahmenbedingungen bei der Profilbildung von Standorten ist eine Stärkung der Leitungsstrukturen. Dazu gehört die Stärkung der Rektorate und der Dekanate innerhalb der Fakultäten bzw. Fachbereiche. Ein entscheidender Eckwert dabei ist die Beibehaltung des Prinzips der Professorenmehrheit in den Entscheidungsgremien. Professoren haben Leitungsfunktion in ihren Hochschulen inne. Sie stehen in erster Linie für den Ruf und das Erscheinungsbild ihrer Hochschule. Deshalb bedarf es bei Entscheidungen über Hochschulmanagement, Profilbildung und Personalbesetzungen des Votums der Professorenmehrheit. Aus diesem Grunde sind wir gegen die Drittelparität. Wo andere Bundesländer bereits mutig und konsequent deregulieren und flexibilisieren, erleben wir in Schleswig-Holstein derzeit die Selbstverwirklichung der 68er Generation.
Die verbale Beschwörung moderner Managementstrukturen durch Rot-Grün werde nach den Worten de Jagers durch den Wortlaut der Novelle und durch die Änderungsanträge der Regierungsfraktionen komplett ins Gegenteil verkehrt. Entscheidungswege würden nicht verkürzt, sondern verkompliziert.
Die CDU will Professoren in der Regel weiter als Beamte auf Lebenszeit beschäftigen. Dies allein sichert auf Dauer die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre. Andererseits unterstützt die CDU die bundesweite Einführung einer neuen Professorenbesoldung, ausgehend von einem Grundgehalt mit ergänzenden Leistungszulagen. Daran richte er allerdings zwei Bedingungen, sagte de Jager. Zum einen dürfen diese Leistungszulagen sich nicht allein nach quantitativen Merkmalen wie etwa der Größe von Instituten und Vorlesungen richten. Zum anderen dürfte das Verfahren der Zulagenbemessungen nicht zu einer überbordenden Beurteilungsbürokratie führen.
Mehr Freiräume für Profilbildungen will die CDU den Hochschulen auch durch die Eigenauswahl ihrer Studierenden einräumen. So sollen zunächst bis zu 20 % der Studierenden in bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen von den Hochschulen selbst ausgewählt werden können. In einem zweiten Schritt will die CDU durch eine Bundesratsinitiative dafür sorgen, dass diese Eigenauswahl Vorrang vor der Studienplatzvergabe durch die ZVS bekommt. Zusätzliche Flexibilität will die CDU auch bei einer Modularisierung und Flexibilisierung der Studiengänge und der Studienabläufe erreichen. Es sei an den Hochschulen bereits Realität, dass die Mehrzahl der Studierenden einer regelmäßigen Nebentätigkeit nachgeht. Die CDU geht dabei davon aus, dass Bestrebungen einer Studienzeitverkürzung nur dann umgesetzt werden können, wenn auf der anderen Seite das Problem des sogenannten Teilzeitstudiums gelöst wird. Dies könne durch eine weitere Modularisierung der Studiengänge geschehen, aber auch durch eine Option für die einzelne Hochschule, nach eigener Entscheidung und je nach den einzelnen Bedürfnissen, Teilzeitstudiengänge anzubieten.
Ein anderes Verfahren will die CDU auch bei den Zielvereinbarungen. Sie sollen künftig über drei Jahre abgeschlossen werden. Dringend erforderlich, so de Jager, sei auch eine Beteiligung des Parlamentes über die Haushaltsgesetzgebung hinaus. Weil es sich bei den Zielvereinbarungen um wesentliche hochschulpolitische Weichenstellungen handelt muss dem Landtag künftig vor Abschluss der Zielvereinbarungen Bericht erstattet werden. Dies sei auch eine Lehre aus dem unwürdigen Hin und Her, das sich derzeit bei den Verhandlungen über die Zielvereinbarungen zwischen Land und den einzelnen Hochschulen abspiele, so de Jager. Bei einem der Kernstücke ihrer HSG-Novelle stehe die Landesregierung vor einem Scherbenhaufen. Denn nach seinen Informationen stehen die Zielvereinbarungen zwischen dem Land und den Universitäten faktisch vor dem Scheitern, kritisierte de Jager. Dies sei ein katastrophaler Start für die von der Landesregierung viel beschworenen Hochschulautonomie. Es sei absehbar, dass Frau Erdsiek-Rave mit Inkrafttreten der Novelle am 1. Januar 2000 mit leeren Händen dastehe.