Peter Lehnert: Möglichst viele Entscheidungen vor Ort treffen
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr.144/01 vom 23. März 2001TOP 18 Peter Lehnert: Möglichst viele Entscheidungen vor Ort treffen Ein wichtiges Ergebnis der Regierungskonferenz in Nizza ist die verbindliche Einigung, sich schon jetzt auf die nächste EU-Reform festzulegen. Die Regierungschefs gehen in ihrer „Erklärung zur Zukunft der Union“ auf das Verfahren und die Tagesordnung der Reform ein.Im Jahr 2001 sollen die schwedische und die belgische Ratspräsidentschaft in Zusammenarbeit mit der Kommission unter Einbindung des Europäischen Parlaments eine umfassende Debatte mit allen interessierten Parteien einleiten. Im Anschluss an einen Bericht für seine Tagung in Göteborg im Juni 2001 wird der Europäische Rat auf seiner Tagung in Laeken im Dezember 2001 eine Erklärung vereinbaren, in der die geeigneten Initiativen für die Fortsetzung dieses Prozesses festgehalten werden.Die Regierungschefs kamen in Nizza überein, dass nach diesen Vorarbeiten 2004 wiederum eine Konferenz der Mitgliedstaaten einberufen wird, bei der die in der Erklärung erwähnten Fragen im Hinblick auf die entsprechenden Vertragsänderungen behandelt werden sollen. Diese Vereinbarungen zum Verfahren belegen das geringe Engagement zahlreicher EU-Staaten für eine ambitionierte Reform. Die Regierungschefs fanden nicht die Kraft, den Weg für einen Konvent aus europäischen und nationalen Parlamentariern sowie nationalen Regierungs- und europäischen Kommissionsvertretern frei zu machen. Die Erfahrung von Nizza zeigt, dass wieder nur minimale Korrekturen des Status quo erwartet werden dürfen, wenn nicht eine andere Methode als die der Konferenz von Regierungsvertretern gewählt wird. Bedauerlich ist auch die Festlegung des Zeitplans. Wenn die Verhandlungen über Vertragsänderungen erst im Jahre 2004 stattfinden sollen, steigt das Risiko, dass die Erweiterung verzögert wird.Die demokratische Legitimation und Transparenz der Union und ihrer Organe muss dringend verbessert werden.Wir wollen die Menschen mitnehmen nach Europa. Deshalb fordert die CDU, die Kompetenzen zwischen europäischer und nationaler Ebene besser und klarer abzugrenzen. Dabei ist klar, dass die zukünftige Kompetenzverteilung die zentrale Machtfrage innerhalb der EU ist.Die gegenwärtige Situation ist absolut unbefriedigend. Es gibt in zunehmendem Maße Schwierigkeiten bei der Kompetenzabgrenzung. Hinzu kommt, dass es keine klare Definition und Abgrenzung gibt, welche Kompetenzen ausschließlich der Gemeinschaft zugewiesen sind und welche konkurrierend bzw. parallel zu nationalen Kompetenzen bestehen. Diese Unklarheit ist deshalb besonders problematisch, weil das Subsidiaritätsprinzip nicht gilt, wenn die betreffende Materie in die ausschließliche Kompetenz der Gemeinschaft fällt.Bei einer Neuordnung ist im Ansatz zu bedenken, dass finale Kompetenzsysteme dynamischer und flexibler sind als bereichsspezifische. Andererseits führt eine Aufteilung nach Sachmaterien zu mehr Rechts- und Zahlungssicherheit und vermindert das Risiko politischer und juristischer Auseinandersetzungen. Unbedingt klar gestellt werden sollte, ob Kompetenzen zur exklusiven oder konkurrierenden Ausübung zugewiesen werden, ob sie zu Vollregelungen werden oder nur einen Rahmen vorgeben sollen. Davon hängt entscheidend die Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips ab.Sobald künftige Verhandlungen hierzu jedoch umfangreiche Umverteilungsinteressen einzelner Unionsländer berühren werden, dürfte das Verständnis für grundsätzliche Veränderungen vermutlich abnehmen. Die Verhandlung über Korrekturen der Kompetenzabgrenzung sollten daher möglichst frühzeitig mit einer grundlegenden Reform des Finanzausgleichs verbunden werden.Die CDU-Fraktion vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip möglichst viele Entscheidungen vor Ort getroffen werden sollten. Die Nähe zu den Herausforderungen und Problemen schärft meistens den Blick für sachgerechte Lösungen.Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, schnell und entschlossen die Debatte über die künftige Kompetenzverteilung innerhalb der Europäischen Union aufzunehmen, um sicherzustellen, dass wir als Abgeordnete des Schleswig- Holsteinischen Landtages möglichst frühzeitig an den Diskussionen zu diesem wichtigen Thema beteiligt werden. Wir als CDU-Fraktion wollen die Chance nutzen, die Position des Landes Schleswig-Holstein in dieser Frage mit zu beraten und eine Position für die weiteren Gespräche und Verhandlungen zu erarbeiten.