Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
10.05.01
15:12 Uhr
CDU

Uwe Eichelberg: Das produzierende Gewerbe nicht vergessen

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 195/01 vom 10. Mai 2001 TOP 25 Uwe Eichelberg: Das produzierende Gewerbe nicht vergessen Mit dem zusammengetragenen statistischen Material des Berichtes werden die Situation und die für die Beurteilung der Außenhandelswirtschaft ausschlaggebenden Faktoren sehr gut aufbereitet. Es ist eine rundherum gute Arbeit wie auch der „statistische Arbeitsmarktbericht“, den wir vor drei Monaten behandelten.
Nicht zufriedenstellend sind jedoch die Schlussfolgerungen, die oft im krassen Widerspruch zu dem Zahlenmaterial stehen. Und das beginnt schon mit dem ersten Satz des Berichtes: „Der Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein hat die Globalisierung der Weltwirtschaft als Chance benutzt"! Das genaue Gegenteil ist richtig. Wir haben ganz unerwartet von der schlechten Euro-Parität zum US-Dollar profitiert. Also! Was nützen die besten Analysen, wenn man daraus nicht die entsprechenden Schlussfolgerungen zieht?
Meine Damen und Herren, auffallend ist, dass wir wie vor 10 Jahren über 50% in Länder der EU exportieren. Kann man wirklich das wirtschaftliche Handeln auf dem nicht mehr durch Grenzen abgeschotteten EU-Markt noch mit den Begriffen Export und Import belegen?
In sieben Monaten haben wir nicht nur einen gemeinsamen Markt und einen gemeinsamen Arbeitsmarkt in der EU, sondern auch eine gemeinsame Währung, ist das dann noch wirkliche Außenhandelswirtschaft?
Ist nicht der Export von Produkten nach Dänemark aus Betrieben dänischer Eigentümer in Flensburg naheliegender, als ein Verkaufsgeschäft mit Bayern?
Zum Inhalt:
Die Außenhandelswirtschaftspolitik der Regierung wird in diesem Bericht in zwei Aktionsfeldern dargestellt: 1. „Die Außenwirtschaftspolitik der Landesregierung hat in der Vergangenheit der Tatsache Rechnung getragen, dass die großen Unternehmen ihren Weg auf die Auslandsmärkte selbst finden.“
2. „Die im Lande vorherrschenden kleinen und mittleren Unternehmen können ihre Potenziale oftmals nur mit öffentlicher Unterstützung erschließen“.
Diese Kernaussagen sollen nun durch den Datenverlauf der umfangreichen Statistiken gestützt werden. Aber es zeigt sich vielmehr, dass von einer gezielten, durch Konzept getragene Politik nicht viel erkennbar wird, weil

1) in der Tat die großen Unternehmen – vorwiegend Töchter internationaler Konzerne – den Export zu 80% übertragen wird.

2) nur geringe Erfolge für den Mittelstand oft gerade in Nischenbereichen zu verzeichnen sind.

Weil das so ist, wird eine neue Zukunft in der Außenwirtschaftspolitik angekündigt.

Ich zitiere:
„Die künftige Außenwirtschaftspolitik der Landesregierung geht von folgenden Eckpunkten aus.“
Ist das nicht seltsam? Die Regierung soll Rechenschaft ablegen über die Arbeit der letzten Jahre und kündigt statt dessen an? Kennen wir das nicht aus anderen Bereichen? Kein Wunder! Ja, in einer kleinen Anfrage vom 16. Januar 2001 bestätigt die Regierung, dass sie an einer neuen Konzeption arbeitet.
Auch die Feststellung, dass die Exporte überwiegend dem schrumpfenden verarbeitenden Gewerbe zuzuschreiben sind und nicht den seit vielen Jahren besonders geförderten Firmen des „Neuen Marktes“ („New Economy“) als Dienstleister, ist weniger überraschend.
Festzustellen ist leider auch, dass gerade diese Firmen der „New Economy“ mangels Auslandskooperationen nicht gemerkt haben, dass längst global tätige Wettbewerber entstanden sind und nun diese auch auf den deutschen Markt verdrängen.
Es bleibt die Feststellung: Der Export lebt immer noch – auch in Schleswig-Holstein – von den Fertigprodukten des verarbeitenden Gewerbe und von Finanz-Dienstleistung und so wird es auch noch lange bleiben.
Übrigens vermarkten/exportieren gerade die Maschinenbauer nicht nur Technik und Dienstleistungen der „New Economy“ als Paketlösung.
Meine Damen und Herren, ich darf nur auf die mahnenden Worte der WSH in deren Pressemeldung vom 13.2.2001 verweisen. Heißt es dort nicht: „Die Wirtschaftsförderung darf keineswegs den produzierenden Bereich vernachlässigen, weil dieser für die meisten Dienstleistungen die Basis darstellt“! Hoffentlich hat dies die Regierung auch gelesen!? Wenn die Regierung also aktive Außenwirtschaftspolitik betreiben will, muss sie sich wesentlich stärker um diese produzierenden Branchen kümmern. Dabei ist der schwache EURO keine Zielsetzung sondern es muss von der Frage ausgegangen werden, wie ich effizienzsteigernde Maßnahmen einleiten kann, um somit die internationale Wettbewerbsfähigkeit kleiner Firmen zu steigern, auch bei starkem EURO.
Meine Damen und Herren, so bleibt noch die Frage:
Welche Branchen bringen die Exportleistungen?
Exportbranchen Nummer 1 und 2 in unserem Land sind die Elektroindustrie, wie insbesondere Motorola und die Chip-Hersteller in Itzehoe und vor allem der schon lange totgesagte Maschinenbau, alle überwiegend als Töchter großer Konzerne und natürlich auch die Werften.
Ohne den schwachen EURO seit 1997 wäre dieses Wachstum nicht möglich gewesen und das beweisen die Zahlen des Ministeriums.
Ebenso nicht gerade von der rot-grünen Wirtschaftspolitik positiv beeinflusst sind die Exporte der Chemie. Diese drittstärkste Exportbranche – Tochterunternehmen internationaler Konzerne - kann noch erheblich ausgeweitet werden mit der Anbindung von Brunsbüttel an die Pipeline nach Westdeutschland und an die Tiefwasserhäfen Wilhelmshaven bzw. Cuxhaven, nur sind keine echten Exporte, sondern Warenaustäusche im Konzern. Wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit dieser Branche wie auch für die Chip-Produktionsstätten in Itzehoe ist eine international wettbewerbsfähige Energie-/Energiepreispolitik. Und da taktiert unsere rot-grüne Regierung leichtfertig!
Die Nahrungsmittelindustrie als Exportbranche Nummer 4 ist in den letzten 10 Jahren von 14.6% auf 8.8% abgesunken. Hier sind nachhaltige Versäumnisse der Landesregierung offensichtlich dokumentiert. Die traditionellen Betriebe in der Ernährungsmittelindustrie - die originär in die schleswig-holsteinische Wirtschaftsstruktur passen – hätten von der Regierung im Strukturwandel besser begleitet und moralisch wie auch finanziell unterstützt werden müssen. Keine Industrie ist fester im strukturschwachen Landesteil Schleswig eingebunden gewesen mit Wurstfabriken, Meiereien, Konserven- und Tiefkühlfabriken und alle sind sie verschwunden! Eine einzige Zuckerfabrik haben wir noch wenigstens bis 2006 und in Flensburg gibt es nicht eine einzige Rumfabrik mehr. Das Sterben der Firmen und Arbeitsplätze geschah ohne Aufschrei und flankierende Maßnahmen. Die Folgen von BSE werden der einst so blühenden Agrar-Region und somit der übriggebliebenen Ernährungswirtschaft den Rest geben. Soforthilfen sind von rot-grün abgelehnt worden.
Kompensierende Tourismusaktivitäten oder Maßnahmen für den Export von Gesundheitsleistungen verlieren sich nach lautstarken Ankündigungen in Studien und Gutachten.
Selbst die Marketinggelder für den Tourismusverband zu spät genehmigt, dass zu der Saison keine Unterstützung mehr geben könne.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns noch einmal auf die angeblich auf den Mittelstand ausgerichtete aktive Außenhandelswirtschaftpolitik zurückkommen.
Sehr geehrter Herr Minister Professor Rohwer, ich durfte sie auf der Reise in die USA mit mittelständischen Unternehmern begleiten. Gemeinsam haben wir in der Boston-Region und in New Hamshire potentielle Marktpartner und Marktchancen erkundet und wir hatten „Feuer gefangen“. Hier sind Chancen zum Anpacken stellten wir fest. Was ist das für eine zu
Schleswig-Holstein passende Region mit ihrer europäischen Kulturnähe, mit der Weltoffenheit der Bevölkerung und dem offenen Zugang zu den Regierungsstellen, Verbänden und Unternehmer, dachten wir. Doch was ist zwischenzeitlich geschehen?
Nichts kühlt schneller ab, als menschliche Beziehungen, wenn man nicht stetig etwas dafür tut und diese Menschen bestimmen die wirtschaftspolitische Entwicklung.
Hatten wir vor Ort nicht auch gemeinsam mit Betroffenheit von den kostenintensiven Kampagnen anderer europäischer Länder insbesondere der Dänen und anderer Bundesländer wie Bayern, NRW und sogar Berlin erfahren? Dazu lesen wir auch in dem Bericht von den notwendigen Maßnahmen für die Mittelständler:
- Beteiligung an Messen und Ausstellungen im In- und Ausland mit internationaler Bedeutung,
- Teilnahme an wirtschaftsbezogenen Symposien - Außenwirtschaftsberatung und - Außenwirtschaftliche Kontakt- und Beratungsstellen.
Meine Damen und Herren, all dies geschah in bescheidenem Rahmen und sollte doch intensiver in Kooperation mit den Handelskammern unter Einschaltung der WSH fortgesetzt werden.
Aber was tut die Landesregierung?
Sie kürzt die Mittel noch um 1/3 und legt die für wichtig angesehenen Aktivitäten auf Eis.
Übrigens, meine Damen und Herren, analysieren Sie einmal die Reiseziele der letzten 10 Jahre und vergleichen Sie diese mit den Erfolgen in der Exportwirtschaft. Ergebnis: Eine konzeptlose Reiserei.
Dazu kommen die Kontaktreisen des Parlaments. Müssten nicht auch diese Kontaktreisen - bei den geringen verfügbaren Haushaltsmitteln - den außenwirtschaftlichen Zielsetzungen dienen?
Ganz bedauerlich finde ich z.B., wie wenig die Kontakte zu unserer französischen Partner- „Region des Pays de la Loire“ genutzt werden. Anlässlich eines Besuches französischer Parlamentarier in Kiel konnte ich den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses des Regionalparlaments kennen lernen.
In recht kurzer Zeit haben wir gute wirtschaftliche Kooperationsmöglichkeiten gesehen und eine Fortsetzung der Gespräch vereinbart. Aber was geschah? Diese Kontakte wurden wieder weg von den Abgeordneten hin zur Regierungsebene verlagert. Warum nutzen wir solche Chancen nicht? Gibt es nicht auch in der Region des Pays de la Loire Messen und interessante Partner für unseren Mittelstand?
Die CDU-Fraktion wird nun im September in die Region reisen und die Kontakte mit Parlamentariern intensivieren.
Meine Damen und Herren, was sind die Konsequenzen aus diesem Bericht? 1. Die Regierung muss über alle Ressorts hinweg Strategien entwickeln, die dem Ziel dienen: Schleswig-Holsteins Wirtschaftskraft und somit die Entwicklung der Arbeitsplätze zu stärken.
2. Die Konzepte zum Erfolg sind bekannt, aber sie werden nicht umgesetzt oder ausgesetzt.
Herr Minister Rohwer, gerade Sie als Professor der Wirtschaftswissenschaften können wie kein anderer von uns die Tabellen des Berichts interpretieren.
Dann darf man auch als Abgeordneter erwarten, dass Sie zumindest klar die Problemfelder definieren und nicht noch durch falsch verstandene Loyalität die Fehler der Regierung rechtfertigen.
Der Regierung fehlen seit Jahren die Strategien und Konzepte. Seit vielen Jahren wird gewurschtelt, damit muss Schluss sein.
Frau Ministerpräsidentin Simonis, sagen Sie doch einmal klipp und klar, was Sie planen, um unserem Land Schleswig-Holstein bei den Herausforderungen und Verflechtungen der internationalen Märkte eine Chance zu geben.
Geben Sie doch einmal wenigstens nur in dem einen Punkt zu, dass es ein großer Fehler war, in 2001 die schon geringen Mittel der Außenwirtschaftsförderung essentiell um 400.000,00 DM zu kürzen bei einem Haushalt von 20 Mrd. DM. So haben Sie doch selbst die Aufgaben der Außenwirtschaftshandelspolitik und die Bemühungen ihres Wirtschaftsministers konterkariert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns auf Basis dieser Analyse im Ausschuss beraten, wie die Außenhandelswirtschaftspolitik mit Leben erfüllt werden kann zum Nutzen unseres Heimatlandes.