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13.07.01
13:08 Uhr
CDU

Caroline Schwarz: Das Bewusstsein gegen Missbrauch wächst

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Es gilt das gesprochene Wort
Nr. 317/01 vom 13. Juli 2001 TOP 37 Caroline Schwarz: Das Bewusstsein gegen Missbrauch wächst Ich danke der Frauenministerin für den vorliegenden Bericht, der sich eng an den Vorgaben des Berichtsantrages von CDU und FDP vom November letzten Jahres orientiert, der hervorragend gegliedert ist, der in Form und Inhalt den Anspruch einer wissenschaftlichen Ausarbeitung erfüllt und der ehrlich ist, insbesondere im letzten Teil „Ausblick und Perspektiven“ in dem die bestehenden Defizite aufgeführt werden.
Sexuelle Gewalt an sich ist heute kein gesellschaftliches Tabuthema mehr. So steht es am Anfang des Berichts und wir können sagen: Gott sei Dank ist es so. Offene Diskussionen, notwendige Gesetzesänderungen, Beratungs- und Hilfsangebote, Fortbildungen – es hat sich einiges getan zum Schutz vor sexuellen Missbrauch in der Präventionsarbeit und in der Unterstützung von betroffenen Frauen und Mädchen sowie Männern und Jungen. Durch diese positive Veränderung im öffentlichen Bewusstsein ist auch der Mut der Opfer gewachsen, sexuellen Missbrauch zur Anzeige zu bringen.
Sexuelle Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen mit Behinderungen ist allerdings nach wie vor ein Thema, über das ungern gesprochen wird, das bis vor kurzem weitgehend ausgeblendet und totgeschwiegen wurde, wie der Bericht es ausdrückt.
Erste Ansätze, dass es langsam zu einer Veränderung und Schärfung des Bewusstseins gegenüber diesem Thema kommt, haben wir insbesondere Selbsthilfeinitiativen behinderter Menschen zu verdanken. Ich nenne hier, beispielhaft im doppelten Sinn, Mixed pickles aus Lübeck. Auf die professionelle und kompetente Arbeit des Vereins Mixed Pickles für Mädchen und Frauen mit und ohne Behinderungen e.V. komme ich nachher noch einmal zurück.
Auch wenn das Berichtsthema nach wie vor stark tabuisiert ist – es gibt sie, die sexuelle Gewalt gegenüber behinderten Frauen und Mädchen, und zwar in einem Ausmaß, dass erschreckend ist. Bei Umfragen zum vorliegenden Bericht in Beratungs- , Hilfe- und Wohneinrichtungen gab es keine Einrichtung, die nicht von „Fällen“ zu berichten wusste. Es liegen zwar keine repräsentativen Daten und wissenschaftlichen Untersuchungen zum Berichtsthema im deutschsprachigen Raum vor, man kann aber wohl seriös davon ausgehen – und amerikanische und britische Untersuchungen kommen zu
diesem Ergebnis – dass behinderte Frauen besonders häufig Opfer sexueller Gewalt sind. Mädchen mit Behinderungen sind in 3facher Hinsicht gefährdet: auf Grund ihrer Behinderung, ihres Geschlechts und ihres Alters. Die Zahlen, zu denen die genannten angelsächsischen Studien kommen, sind entsetzlich hoch, die Zahlen in Deutschland und in unserem Land werde nicht viel anders sein, zumal nur die wenigsten Übergriffe in diesem Bereich zur Anzeige kommen. Die Dunkelziffer ist hoch.
Es sind also gezielte Maßnahmen notwendig, einerseits um überhaupt erst einmal ein Bewusstsein zu schaffen, dass es hier ein großes Problem gibt, das aus dem Tabubereich herausgeführt werden muss, und andererseits um den betroffenen Frauen und Mädchen alle Hilfestellung zukommen zu lassen, die irgend möglich ist.
Eine ganze Reihe von Einrichtungen in Schleswig-Holstein widmen sich diesen Aufgaben mit einem bewundernswerten riesigen Engagement, ganz besonders aber der Verein Mixed Pickles in Lübeck.
Zu Recht werden den Aktivitäten und Initiativen des Vereins Mixed Pickles breiter Raum im Bericht gegeben. So steht dort auf Seite 40: „Mixed Pickles bietet landesweit das breiteste und differenzierteste Angebot von Präventions- und Öffentlichkeitsmaßnahmen, so zum Beispiel Gesprächskreise, Selbstbehauptungskurse, sozialpädagogische Seminare, Angebote für Mütter, Lehrerinnen und Lehrer, pädagogisches Personal und Multiplikatorinnenschulungen.“
Auf Seite 48 geht es in der Würdigung der Arbeit von Mixed Pickles ausführlich weiter. Das breite Beratungsangebot nach dem Konzept des Peer-Support wird gelobt– Peer-Support bedeutet: Die Beraterin hat auf Grund ihrer Behinderung ähnliche Lebenserfahrungen wie die behinderte Ratsuchende und dadurch einen ganz anderen Zugang zu den Problemen - , das umfassende Fortbildungsangebot und die Vernetzungs- und Koordinierungsarbeit von Mixed Pickles werden sehr positiv hervorgehoben. Mixed Pickles, als Modellversuch 1997 entstanden, hat sich große Verdienste um behinderte Frauen und Mädchen erworben, insbesondere in den Bereichen Sensibilisierung für die Lebenssituation von Frauen und Mädchen mit Behinderungen, in der Fortbildung und Schulung von Multiplikatorinnen, in der Entwicklung von Strategien zur Gewaltprävention und natürlich in der Beratung von Frauen und Mädchen mit Behinderungen, wobei besonders erwähnenswert ist, dass alles im Kontext eines Vereins für Mädchen und Frauen mit und ohne Behinderungen geschieht.
Vor diesem Hintergrund ist mir allerdings völlig unverständlich, dass die Landesregierung diese verdienstvolle Arbeit dadurch belohnt, dass sie für das nächste Jahr den Geldhahn zudrehen will.
Ich setze viel Hoffnung auf die Mitglieder des Sozialausschusses, die sich fraktionsübergreifend für die Fortführung dieser Arbeit ausgesprochen haben.